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Tipp KW 6 – 2022

Umgang mit der Fremdsprache, wenn Unternehmen international werden

Die Zeiten, in denen Unternehmen sich strategische Partner vornehmlich in Deutschland gesucht haben, sind längst vorbei. Expansionen erfolgen heute global. Das gilt sowohl für den Zusammenschluss neuer Geschäftsfelder, die Expansion des eigenen Business in neuen Märkten und auch für den Zukauf von Customer Service Einheiten in allen Teilen der Welt.

Wenn wir in die Customer Service Einheiten dieser Unternehmen blicken, werden vor allem unterstützende Abteilungen verschiedener Länder zusammengelegt, um die länderübergreifende Zusammenarbeit zu erleichtern, von Synergien zu profitieren und eine einheitliche Servicestrategie sicher zu stellen. Es betrifft häufig Supportabteilungen, die im Projekt- und Prozessmanagement arbeiten, sowie Abteilungen zur Implementierung von Digitalisierung und Automatisierungen. Interne Customer Service Reportingteams werden zusammengelegt, sowie das Qualitätsmanagement oder sogar auch Trainings- und Coachingeinheiten.  

Die Unternehmenssprache wird dann in der Regel Englisch. Natürlich hatten alle von uns Englisch in der Schule oder in der Uni. Auch hat ein Großteil der Mitarbeiter schon einmal einen Vortrag auf Englisch in einem Seminar gehört, einen englischen fachlichen Beitrag gelesen, oder sich durch mehrere Powerpointpräsentationen in Englisch durchgearbeitet. Wenn es jedoch zu dem Punkt kommt, komplexe Sachverhalte in einer Diskussion zu verstehen und den eigenen Standpunkt zu verargumentieren, bei dem es dann auf Feinheiten ankommt, befinden wir uns auf einem ganz anderen Niveau. 

Wenn in einer deutschen Organisation ein Vertriebler mit dem Service spricht, sprechen sie noch die gleiche Sprache. Gegenseitig fühlen sie sich manchmal missverstanden, bzw. sie können die Ansichten des anderen schwer nachvollziehen. Wenn dann z.B. ein IT- oder Reportingspezialist hinzukommt, kann es sein, dass dieser eine andere fachlich orientierte Sprache spricht. Das heißt, die Gesprächsteilnehmer sprechen unterschiedliche Sprachen, obwohl sie alle deutsch reden. Somit kann es eine Herausforderung sein, genau nachzuvollziehen, was mein Gegenüber mir sagen möchte, weil Begriffe benutzt werden, unter denen ich vielleicht etwas ganz anderes verstehe. Wenn wir zudem unsere Muttersprache verlassen, gehen in solchen Gesprächen noch wesentlich mehr Inhalte verloren.

Viele Mitarbeiter aus Deutschland sind nach länderübergreifenden Zusammenführungen bei weitem nicht auf dem Level, Diskussionen in englischsprachigen Meetings zu führen, sich entsprechend zu positionieren oder wichtige Details zu verstehen. Die Folgen sind Zurückhaltung, Vortäuschung von Verständnis, Vermeidung dieser Situationen in Form von Verschiebung oder Absage von Meetings aus Angst sich zu blamieren. Die Resultate daraus sind häufig eine Verspätung in der Umsetzung von Projekten, weil Details erst später geklärt werden, obwohl sie früher hätten geklärt werden müssen, was aber aufgrund mangelnder sprachlicher Genauigkeit untergegangen ist. Im Nachhinein, bei einer Bewertung der Verspätung, kommt jedoch selten heraus, dass es an sprachlichen Herausforderungen gelegen hat.

Kein Mitarbeiter möchte zu denen gehören, die bei der Internationalisierung aufgrund der Sprache Herausforderungen haben. Insbesondere nicht, wenn sie oder er eine höhere Position innehat. 

Wie jedoch mit diesem Thema umgehen, um die Schäden daraus zu minimieren?

Die Maßnahmen sollten sich in zwei Felder aufteilen. Einerseits Maßnahmen zur Verbesserung der sprachlichen Fähigkeiten, die mittelfristig die Kommunikation verbessern. Anderseits Maßnahmen, die einen offenen Umgang mit den sprachlichen Herausforderungen ermöglichen. 

Beispiele für Maßnahmen zur Verbesserung der englischen Sprachkenntnisse

  • Bieten Sie Plattformen, auf denen sich Mitarbeiter verabreden können, um über beliebige Themen Englisch zu sprechen.
  • Bieten Sie unternehmensinterne Sprachkurse in Ihren Räumen oder auf den gängigen Videokonferenzplattformen an. Das ist wesentlich zielführender als Sprachkurse an externen Sprachschulen mit unternehmensfremden Teilnehmern, da die Lerninhalte dort weniger auf Ihre unternehmensrelevanten Bedürfnisse passen. 
  • Animieren Sie Ihre deutsch sprechenden Mitarbeiter, auch unter sich immer mal wieder Englisch zu sprechen. Das können Aktionstage sein, wie z.B. „The English Friday“. Nichts trainiert die Sprache so gut, wie das aktive Sprechen selbst.   
  • Führen Sie Meetings auch mit ausschließlich Deutsch sprechenden Mitarbeitern in Englisch durch, um die Routine im Sprechen zu erhöhen.  

Beispiele für Maßnahmen zum offenen Umgang mit sprachlichen Herausforderungen

  • Lassen Sie zu, während eines internationalen Meetings auch mal ins Deutsche zu wechseln, um komplexe Inhalte besser zu verstehen, auch wenn nicht Deutsch sprechende Teilnehmer anwesend sind. Das kann für den weiteren Verlauf sehr viele Missverständnisse vermeiden.
  • Loben Sie die vorhandenen Sprachkenntnisse und den Lernfortschritt der Mitarbeiter. Mut lässt die Worte leichter fließen. 
  • Schaffen Sie eine Kultur, in der es keine Schande ist, die gängigen Übersetzungs-Webseiten zu nutzen oder die Kollegen, um Unterstützung zu bitten. 
  • Falsche Grammatik sollte nicht der Rede wert sein. Multinationale Kommunikation bedeutet in erster Linie, das Gesagte und die Absicht des Gegenübers zu verstehen. Dabei kommt es nicht immer auf den richtigen Satzbau oder die zeitliche Form an.  

Eine offene Kultur auf allen Mitarbeiterebenen im Unternehmen mit diesem Thema ist für die Mitarbeiter die beste Voraussetzung, mit der Herausforderung umzugehen. Wenn Sie diesen Weg einschlagen, werden Ihre wertvollen Mitarbeiter sich nicht abgehängt fühlen und auf der Strecke bleiben. Sie werden Spaß dabeihaben, den internationalen Weg mitzugehen und dabei locker und wie von selbst ihre Englischkenntnisse verbessern und festigen.    

Matthias Meyer – Senior Consultant

junokai

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