Viele Menschen kennen die Bedeutung der Mediation eher als „vorgeschaltetes Verfahren“ vor einem Gerichtsverfahren oder als mögliche Methode im Konfliktmanagement. Die beteiligten Konfliktparteien werden von einem am Konflikt unbeteiligten Dritten angeleitet, eigenverantwortlich eine Lösung zu finden. Mediation und mediative Kompetenz sind aber viel mehr als nur eine Konfliktmanagementmethode.
Bevor ich im Detail hierauf eingehe, möchte ich erst einmal mit einer kurzen Beschreibung des Status Quo aus Beobachtungen meiner Kollegen als auch meiner Beratungsmandate beginnen.
Die meisten Unternehmen befinden sich -forciert durch die Pandemie- in den sogenannten digitalen Transformationsprozessen. Es wird sich mehr als je zuvor darauf fokussiert, Prozesse zu standardisieren, neue und innovative Systeme möglichst mit KI für Mitarbeiter und Kunden zu implementieren, eine höhere Onlinepräsenz zu erreichen, Kosten -bei gleichzeitiger Erhöhung der Kundenzufriedenheit- zu reduzieren und hierbei auch die richtigen Fach- und Führungskräfte zu binden oder überhaupt zu finden. Kurzum sind viele Unternehmen in einem komplexen Veränderungsprozess, bei dem die zuvor beschriebenen Herausforderungen auf langjährig bewährte Strukturen und Prozesse treffen und es keine, bis wenig erprobte Konzepte gibt, wie diese im Einzelfall zu lösen sind. Das alles gepaart mit weltweiten Krisen erzeugt Unsicherheit auf allen Ebenen eines Unternehmens.
Doch wie kann hier mediative Kompetenz unterstützen?
Mediative Kompetenzen sind eine Kombination aus Haltungen, Methoden und Theorien, die auf die nachhaltige Gestaltung von Beziehungen zielen. Nachhaltige Beziehungen entstehen immer dann, wenn es uns gelingt Interaktionen auf Basis von Bedürfnissen zu entwickeln. Meist wird in Unternehmen jedoch nicht auf der Basis von Bedürfnissen kommuniziert und/oder gehandelt, sondern auf der Basis von Positionen. Das passiert in der Praxis vor allem in der Kommunikation bei Meetings, in Projektteams, in der Interaktion zwischen Führungskraft und Mitarbeiter, in Gesprächen mit Betriebsräten, in Verhandlungen mit externen Dienstleistern usw. Das erzeugt neben den oben genannten generellen Unsicherheiten, oft innere Widerstände aller Beteiligten, was wiederum unnötige Diskussionen hervorruft, die persönliche Unzufriedenheit fördert und Entscheidungen sowie Projekte unnötig in die Länge ziehen. Kosten gehen dadurch massiv in die Höhe und zudem steigt die Frustration bei engagierten Führungskräften und Mitarbeitern teilweise bis zur Kündigung (auch der innerlichen Kündigung).
Menschen kommen und arbeiten gerne in Unternehmen, von denen sie begeistert sind und verlassen es meistens, weil sie von ihren Führungskräften und/oder der Entscheidungskultur enttäuscht sind. Durch beispielsweise eine interessenbasierte Kommunikation erfahren sie nicht nur die Motivation hinter den Positionen ihrer Gesprächspartner und können darauf eingehen, sondern lernen selbst ihre Positionen besser zu verstehen und zu hinterfragen. Je nach konkretem Kontext und Aufgabe wird der Ansatz mediativer Kompetenzen weiter ausdifferenziert und ermöglicht es in komplexen Zusammenhängen Räume zu schaffen, die ein vertieftes Verstehen und wissensbasierte Entscheidungen ermöglichen.
Zum Kompetenzfeld mediativer Kompetenz gehören u.a.:
Zusammengefasst ist die mediative Kompetenz eine geeignete Methode gerade in Zeiten hoher Unsicherheit und schneller Veränderung, nachhaltig zu den richtigen Entscheidungen zu kommen. Zudem ist sie in der Lage, die Zufriedenheit von Mitarbeitern und Führungskräften zu steigern und damit Mitarbeiter längerfristig an ein Unternehmen zu binden. Insbesondere in einem personalintensiven Bereich wie dem Kundenservice kann dies zu einem wesentlichen Differenzierungsmerkmal Ihres Unternehmens werden.
Markus Müller – Senior. Consultant
junokai