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Tipp KW 38 – 2022

„Die Kunst des Krieges“: Anwendbare Techniken, auch im Kundenservice

Sunzi (in anderen Quellen auch Sun Tzu) war ein chinesischer General, Militärstratege und Philosoph. Er lebte zwischen ca. 534 und 453 v. Chr. und hat in seinem Buch über „Die Kunst des Krieges“ einen bedeutenden Grundstein für Diskussionen und Ableitungen zum Thema Strategie gelegt. Die Thesen haben bis heute nicht an Bedeutung verloren. Ich behaupte sogar, dass sie in einer Zeit wachsender Beliebigkeit, mangelnder Verbindlichkeit und zunehmender Verrohung wichtiger sind als jemals zuvor.

Was auf den ersten Blick sehr martialisch klingen mag, entpuppt sich auf den zweiten als grundlegende Basis für vorausschauendes und effizientes Denken und Handeln, auch im Management. So können auch im Kundenservice einzelne Thesen überaus hilfreich sein und haben mir in über 25 Jahren in der Kundenservice-Praxis erkenntnisreiche Sichten und Handlungsempfehlungen auf unterschiedliche Herausforderungen und komplexe Situationen ermöglicht.

Übertragen lassen sich diese Thesen selbstverständlich auch auf viele andere Bereiche des Lebens, egal ob privat oder beruflich. Dennoch will ich mit diesem Tipp der Woche den Versuch wagen, die eine oder andere These für die Überlegungen von Entscheidern in komplexen Unternehmenssituationen mit einer eigenen, umsetzbaren Interpretation anzureichern. Mir selbst haben diese Thesen regelmäßig geholfen, Ideen zu entwickeln und diese konsequent umzusetzen, um Ziele zu erreichen. Um einen Denkanstoß zu geben, habe ich für diesen Tipp einige wenige, mir sehr wichtige Thesen ausgewählt:

These 1: „Siegen wird der, dessen Armee in allen Rängen vom gleichen Geist beseelt ist.“

Gerade im Kundenservice, geprägt durch eine hohe Mitarbeiterzahl in den Unternehmen, ist es wichtig, gemeinsam und geschlossen an Zielen zu arbeiten. Nur wenn alle wissen, wohin es gehen soll, was wichtig ist und worauf Wert gelegt wird, können auch alle Beteiligten an einem Strang ziehen – und zwar vom Management über Supportbereiche bis hin zu Kundenberatern. Die Kundenserviceeinheit, die es schafft, Ziele klar zu formulieren und diese in Maßnahmen und Aktivitäten zu operationalisieren, welche die Mannschaft („Armee“) versteht und realistisch verfolgen kann, hat einen wichtigen ersten Schritt in Richtung des Erfolges getan.

These 2: „Wenn Du nicht stark bist – sei klug.“

Kundenservicebereiche sind in Unternehmen in der Regel eher die weniger beachteten und geschätzten Bereiche. Viele Quereinsteiger, kein prägendes Berufsbild und die häufige Sicht, dass der Support schon die Anfragen abfackelt, tun ihr Übriges dazu. Produktentwicklung, Marketing oder Vertrieb haben oftmals ein höheres Gewicht in der unternehmensinternen Hierarchie. Vielfach habe ich erlebt, dass eben der Kundenservicebereich in Unternehmen „nicht stark“ ist. Wenn man sich dessen bewusst ist, sollte die Führung des Kundenservicebereiches umso mehr darauf achten, klug zu planen und zu agieren, um die selbst gesetzten und vorgegebenen Ziele auch wirklich zu erreichen. Mit einer vorausschauenden und überlegten Vorgehensweise kann auch ein Underdog erfolgreich sein. Geht nicht – gibt`s nicht. Es geht darum, fehlende Stärke und Durchsetzungskraft geschickt zu ersetzen durch klug geplante Züge und Aktionen. Wissen, Daten, Fakten und Argumente sind dabei unerlässlich, wie auch die These 3 verdeutlicht.

These 3: „Wenn du dich und den Feind kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten. Wenn du dich selbst kennst, doch nicht den Feind, wirst du für jeden Sieg, den du erringst, eine Niederlage erleiden. Wenn du weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in jeder Schlacht unterliegen.“

Diese These steht sinnbildlich dafür, wie wichtig es ist, die Fakten und die Lage zu kennen, und zwar für den eigenen Bereich wie auch für (und das bitte im übertragenen Sinne für das Wort „Feind“ zu verstehen) andere Bereiche oder Beteiligte, die gegebenenfalls andere oder divergierende Interessen verfolgen. Wenn man weder den eigenen Bereich kennt, und das passiert im Kundenservice oft genug, weil z.B. Kennzahlen nicht verfügbar sind und man einfach zum eigenen Tun und Handeln nicht uneingeschränkt aussagefähig ist, noch die anderen Bereiche, dann habe ich die Erfahrung gemacht, dass man in der Regel immer den Kürzeren zieht. Es genügt auch nicht, seine eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten zu kennen, ohne die des Gegenübers. Man muss alle Seiten und Facetten genau durchschauen, um mit einem Rundumblick die Lage so einschätzen zu können, dass man mögliche Lösungen bereits im Vorfeld antizipieren kann. Dann kann man damit auch den Ausgang von Diskussionen und Vorhaben gezielt mitbestimmen und gestalten.

Weitere Thesen, wie „Die größte Verwundbarkeit ist Unwissenheit.“ unterstützen die Potenziale von Wissen und Informationen, um Ziele zu erreichen und erfolgreich zu gestalten.

These 4: „Im Krieg gibt es keine Freunde, sondern nur Verbündete.“

Diese These musste ich selbst immer wieder am eigenen Leib leidig erfahren. Nicht umsonst gibt es auch den Spruch, dass „Blut dicker als Wasser“ ist. Im Berufsleben gilt es in der Regel, einen Unternehmenszweck zu erfüllen. Beschäftigte erhalten Gehalt für ihre Arbeit und somit auch dafür, zur Erreichung des Unternehmenszweckes beizutragen. Dass man dazu mit Kollegen zusammenarbeiten muss, ist selbstverständlich. Aber auch unterschiedliche Interessen der Beteiligten sind dabei ganz normal. Wichtig ist nur, dass man nicht in die Falle läuft, ausgenutzt oder enttäuscht zu werden. Daher trifft diese These den Nagel auf den Kopf. Eine gesunde Vorsicht gegenüber Anderen kann nicht schaden. Wer sich selbst entblößt und sich dabei auch noch auf andere verlässt, geht ein hohes Risiko. Im Zweifel bleibt sich jeder selbst der Nächste.

These 5: „Führerschaft ist eine Sache der Intelligenz, der Glaubwürdigkeit, der Menschlichkeit, des Mutes und der Strenge. Jeder General hat von diesen fünf Dingen bereits gehört. Jene, die sie beherrschen, werden triumphieren; jene, die sie nicht beherrschen, werden scheitern.“
Die für Führung genannten Eigenschaften bewahrheiten sich immer wieder. Die Begriffe mögen sich im Laufe der Zeit wandeln, so wird heute eher von Empathie als von Menschlichkeit gesprochen oder Strenge abgeschwächt zu Disziplin. Aber die ursprünglichen Begriffe beinhalten nichts Schlechtes, sondern sind Tugenden, die immer wieder bei der Führung auch in Kundenservicebereichen vernachlässigt und nicht richtig balanciert werden. An dieser Stelle verzichte ich auf die detaillierte Interpretation der fünf genannten Tugenden – ihre Bedeutung und eine richtige und dosierte Anwendung werden Sie erkennen.

Die beispielhaft in diesem Tipp genannten Thesen zeigen auf, wie wichtig eine regelmäßige Selbstreflexion im Tagesgeschäft sein kann. Die Thesen klingen alle recht einfach und dennoch verbirgt sich hinter jeder These ein unendliches Spektrum für die Anwendung im eigenen geschäftlichen Alltag, vor allem auch im Kundenservice. Nehmen Sie sich die Zeit und überprüfen Sie sich und ihr Handeln im Blick auf die beschriebenen Thesen. Wenn Sie Handlungsbedarf bei sich entdecken, wäre das der erste wichtige Schritt zum Erfolg. Viel Spaß dabei.

Henning Ahlert – Gründer und Managing Director

junokai

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