DE | EN

Tipp KW 38 – 2021

Planung und Forecast im Customer Service

„Ich habe da eine Frage zu meiner Rechnung“ ist oft der Gedanke der Kunden dazu bewegt, einen für sich passenden Kanal zu finden, um den Kundenservice zu kontaktieren. Jetzt müsste da nur noch am anderen Ende ein kompetenter Mitarbeiter sitzen, der diese Frage beantworten kann. Hoffentlich ist der nicht gerade im Urlaub, krank oder mit der Bearbeitung von Tickets, eMails oder Chat-Nachrichten beschäftigt. Bei einer guten Planung wird der Kunde Erfolg haben und genau den richtigen Mitarbeiter ans andere Ende der Leitung bekommen.

Wie sollte eine gute Planung aufgebaut sein?

Eine Grundlage für einen soliden Einsatzplan sind historische Daten aus allen bisher bedienten Kontaktkanälen. Dabei sollten Sie aber nicht nur den Kundenservice betrachten, sondern die gesamte Geschäftsentwicklung der letzten Jahre. Umso mehr Daten zur Verfügung stehen, desto genauer können Sie für das folgende Geschäftsjahr, die Monate, Wochen, Tage und Stunden vorausplanen. 

Ein wichtiger Bestandteil historischer Daten ist die Entwicklung des Kundenstammes. 

Wie viele Neukunden haben Sie in den letzten Jahren hinzugewonnen? 

Wie oft kontaktiert Sie ein Neukunde in den ersten Monaten auf welchen Kanälen?

Wie häufig wird Ihr Service von Bestandskunden kontaktiert?

Bei der Analyse dieser Daten ist es wichtig Trends, die durch Automatisierung, Innovation bei neuen Produkten, aber auch durch bereits erkannte Prozessfehler ausgelöst wurden, zu erkennen und entsprechend für die Planung zu bewerten. Wichtige Events, wie zum Beispiel Produktreleases, Feiertage, Ferienzeiten, müssen ebenfalls berücksichtigt werden. 

Auf dieser Basis ist es möglich, einen ersten Plan für den Service-Bedarf zu erstellen. 

Für die weitere Planung ist es jetzt wichtig, für den Planungszeitraum die zu erwartende Geschäftsentwicklung einzubeziehen. Da der Customer Service viele Optimierungspotenziale aufzeigt, müssen die getätigten Veränderungen bei der Berechnung der zu erwartenden Kundenkontakte im Service mit ihren positiven wie auch negativen Auswirkungen berücksichtigt werden. Genau wie im Service plant der Vertrieb sein Neukundenwachstum für das Geschäftsjahr. Diese Information, gepaart mit den Erfahrungen aus den historischen Daten, zeigen den zu erwartenden Einfluss für den Customer Service auf. 

Wichtig ist hier: Je mehr Daten und je mehr Informationen, desto genauer können Sie das zu erwartende Kontaktvolumen berechnen.

Der erste Schritt in der Planung ist ein strategischer Forecast. Dieser Forecast enthält zu erwartende Kontakte je nach möglicher Granularität auf Monats- oder Wochenbasis und ermöglicht eine langfristige Personalbedarfsplanung meist für ein Geschäftsjahr. So können zusätzliche Mitarbeiter rechtzeitig rekrutiert und ausgebildet werden, während in Zeiten mit geringerem Personalbedarf gezielt Trainings und Urlaube geplant und vergeben werden können. 

Der nächste Forecast wird als taktischer Forecast bezeichnet und bildet die kommenden Quartale ab. In der Granularität werden bei diesem Forecast die Kundenkontakte auf Wochen- und Tages-basis geplant. Genau wie beim folgenden operativen Forecast werden im laufenden Jahr die Erkenntnisse und den Service beeinflussende Ankündigungen aus anderen Bereichen bei der Erstellung berücksichtigt. Im letzten Planungsschritt wird ein operativer Forecast erstellt. Der operative Forecast kann, je nach Datenverfügbarkeit, bis auf 15 Minuten-Intervalle geplant werden. Diese Vorhersage ist die Basis für die genaue Einsatzplanung der Mitarbeiter und wird rollierend fortgeführt. Alle Ereignisse aus der näheren Vergangenheit können mit ihren Auswirkungen auf den Kundenservice in diesem Forecast kurzfristig berücksichtigt werden. 

Ein neues Produkt ist vielleicht doch serviceintensiver als vermutet, die neue Abrechnung ist für viele Kunden nicht so verständlich wie angekündigt oder das „Sommerloch“ zeigt sich im Juni schon größer als erwartet. 

Jetzt gilt es, anhand dieser Zahlen die richtigen Mitarbeiter zur richtigen Zeit einzusetzen. Auch hier ist es möglich, sich auf historische Daten zu verlassen. In kleineren Teams wird die Planung aber auch oft noch vom Teamleiter selbst vorgenommen und hier kann der Faktor „Mensch“ zusätzlich berücksichtigt werden, denn Menschen arbeiten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Neue Kollegen sind mit dem CRM-System noch nicht so vertraut und benötigen daher etwas länger. Ein langjähriger Mitarbeiter ist da sehr viel schneller, muss er dem Kunden aber ein neues Produkt erklären, fällt ihm das möglicherweise schwer. Dieses Wissen über Ihre Mitarbeiter kann Ihnen bei der Einsatzplanung helfen und Über- und Unterdeckungen in der Tagesplanung ausgleichen. Denn bei diesem Planungsschritt ist die Produktivität und Effizienz jedes einzelnen Mitarbeiters wichtig. 

Ein Beispiel für eine fehlerhafte Planung habe ich so erlebt:

An einem Samstag konnte der Servicebereich eines Telekommunikationsanbieters nur 60 Prozent der telefonischen Kundenanfragen annehmen, obwohl laut Planung deutlich mehr Mitarbeiter eingesetzt waren als notwendig. Bei der Analyse konnten wir sehr schnell feststellen, dass 70 Prozent der an dem Samstag eingesetzten Mitarbeiter vor wenigen Tagen die Initialschulung abgeschlossen hatten. Diesen Mitarbeitern fehlte natürlich noch die nötige Routine und ihre Bearbeitungszeiten waren deutlich höher. Dieser Faktor wurde jedoch bei der Planung nicht berücksichtigt. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit und die Produktivität spielt also bei der Einsatzplanung eine entscheidende Rolle.

Fazit: Eine intelligente Planung ist im Kundenservice wichtig und somit auch die Grundlage für eine hohe Kundenzufriedenheit. Gute Erreichbarkeit ist der erste Schritt zu einem positiven Kundenerlebnis, zu Loyalität und zu weiterer Kaufbereitschaft.

Andreas Mai – Berater

junokai

Um den Tipp der Woche zu abonnieren, klicken Sie hier.