Nichts ist stetiger als der Wandel. Das gilt auch für den Kundenservice. Um nicht vom Wandel getrieben zu werden, sondern diesen zu gestalten, gilt es einen permanenten Prozess zu installieren, in dessen Rahmen Veränderungsbedarfe und Optimierungsmöglichkeiten identifiziert werden. Daraus entspringen dann mögliche Projektvorhaben. Doch welche Projekte sollen dann tatsächlich umgesetzt werden? Wie lassen sich Projekte vor dem Hintergrund knapper finanzieller und personeller Ressourcen priorisieren?
Hierfür bietet sich ein Scoringverfahren an. Dabei werden zunächst Kriterien festgelegt, anhand derer die Projekte bewertet werden. Die Kriterien sollten sich aus der Strategie und den damit verbundenen Zielen für den Kundenservice ableiten. Mit der Festlegung dieser Entscheidungskriterien wird erst mal grundsätzlich festgelegt, auf was die Projekte einzahlen sollen. Das können zum Beispiel Kriterien sein wie Salessteigerung, Mitarbeiterbindung, Kundenzufriedenheit und Kosteneinsparung. Zusätzlich sollten auch Kriterien festgelegt werden, die die Projekte selbst betreffen. Hierfür bieten sich zum Beispiel die Dauer bis zur Wirksamkeit des jeweiligen Projekts (Time to Market) oder der Ressourcenbedarf für das Projekt an.
In einem zweiten Schritt werden die Kriterien gewichtet indem zum Beispiel der Wert von 100% auf die einzelnen Kriterien verteilt wird. In einem dritten Schritt wird eine Skala festgelegt, mit der sich für jedes Projekt bewerten lässt, in welchem Maß es auf das jeweilige Kriterium einzahlt. Das Verfahren kann an folgendem vereinfachten Beispiel erläutert werden. Nehmen wir als Kriterien „Salessteigerung“ mit einer Gewichtung von 40%, „Mitarbeiterzufriedenheit“ mit 30% und „niedriger Projektaufwand“ mit 30% und zur Bewertung eine Skala von 1 (gering ausgeprägt), 2 (mittel) und 3 (stark ausgeprägt) an. Wenn ein Projekt zum Beispiel zu einer hohen Salessteigerung führt, erhält es bei diesem Kriterium eine 3. Wenn die Projektumsetzung zu einer mäßigen Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit führt, erhält es bei diesem Kriterium eine 2 und wenn dieses Projekt mit einem hohen Aufwand verbunden ist, erhält es bei diesem Kriterium nur eine 1. Der Scoringwert für dieses Projekt beläuft sich dann auf 40 x 3 (Salessteigerung) + 30 x 2 (Mitarbeiterzufriedenheit) + 30 x 1 (niedriger Projektaufwand) = 210. Mit der Höhe des Scoringwerts lassen sich die Projekte dann in ein Ranking bringen, das als Entscheidungshilfe genutzt werden kann. Bei der Entscheidung gilt es u.a., auch die Abhängigkeit bestimmter Projekte voneinander zu berücksichtigen. Die Kriterien und deren Gewichtung sollten von einem Projektgremium ausgearbeitet und regelmäßig (z.B. einmal pro Jahr) überprüft und ggfs. angepasst werden.
Im Entscheidungsprozess zur Priorisierung und letztendlichen Entscheidung über die Durchführung von Projekten ist es dann Aufgabe der designierten Projektowner, die geplanten Projekte dem Projektgremium zu präsentieren und dabei nachvollziehbar darzulegen, wie und in welcher Ausprägung die Projekte auf die jeweiligen Kriterien einzahlen. Die Mitglieder des Entscheidungsgremiums vergeben dann gemäß Skala Punkte je Kriterium und der Durchschnittswert wird dann zur Berechnung des Scoringwerts herangezogen.
Eine Stärke des Scoringverfahrens ist, dass man sich bewusst mit der Strategie und den Zielen für seinen Kundenservice auseinandersetzt und sich darauf basierend bei der Bewertung der Projekte genau überlegen muss, wie diese auf zuvor definierte Ziele einzahlen.
Jonas Leismann – Principal
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