DE | EN

Tipp KW 16 – 2024

Eine wirksame Methode zur Erhöhung der Erstlösequote (Teil 1)

Die Erstlösungsquote beeinflusst die Kundenzufriedenheit im Kundenservice maßgeblich. Die Bereitschaft des Kunden, den Service weiterzuempfehlen, hängt davon ab, dass Service-Kontakte vermieden werden oder idealerweise im ersten Kontakt beendet werden. Um diese Ziele zu erreichen, werden verschiedene Methoden im Kundenservice eingesetzt. Im Folgenden wird versucht, die Herausforderung der Kontaktvermeidung an der Wurzel zu packen.

Grundlagen der Kontaktvermeidung

Sinnvolle Ansätze zur Kontaktvermeidung setzen auf einem systematischen Einsatz von Kontakt-Data-Mining auf. Um Kontaktquoten nach Kontakt-Gründen zu ermitteln, müssen Kontakte in der notwendigen Granularität in den vorhandenen Agent-Front Ends und CRM Systemen dokumentiert werden. In der Praxis werden in den Auswertungen mindestens drei Kontakt-Klassen gezeigt:

a.            Kontaktquote/Grund um die Eins (1): Häufig Kontaktgrund „Änderung Kundendaten“

b.            Kontaktquote/Grund um die Zwei (2): Häufig „Ich will Kunde werden“ oder „Kündigung“

c.            Kontaktquote/Grund größer als Zwei (2): Häufig Debitorische Gründe (Erinnerung, Mahnung, Stundung/Ratenzahlung und Inkasso).

Die Maßnahmen zu Kontaktvermeidung orientieren sich häufig an diesen Klassen.

1.            Methoden für die Kontaktklasse (a)

Die Kontakte dieser Klasse werden häufig in den Kunden-Selbstservice oder in die Chat-Bot Bearbeitung verlagert. Es liegt daher keine Kontaktvermeidung vor, sondern im Mittelpunkt steht die Kosten-Senkung.

2.            Methoden für die Kontaktklasse (b und c)

Für die Kontaktquoten um die Zwei (2) sollte der Ansatz darin liegen, auf jeden Fall den Dritten (3) Kontakt zu vermeiden. Im Kern heißt das, auf jeden Fall den zweiten Kontakt zu vermeiden. Warum ist das so?

Zweite Kontakte zum gleichen Kontakt-Grund entstehen häufig dadurch, dass die Lösung eine gewisse Sicherheit in der Bearbeitung bedarf. Diese „Sicherheit“ liegt häufig bei neuen Mitarbeitern noch nicht vor. Die Realität: Bei Fluktuationsquoten von 30% p.a liegt die Wahrscheinlichkeit, dass mein komplexeres Anliegen nicht im ersten Kontakt gelöst wird, bei mindestens 10%. Landet der dadurch entstehende zweite Kontakt wieder bei einem neuen Mitarbeiter, ist der Weg zum dritten Kontakt nicht mehr weit. Übrigens:  Die Weiterempfehlung-Bereitschaft dieser betroffenen Kunden sinkt auf weniger als 50 %.

Die Methode, um den zweiten und dritten Kontakt zuverlässig zu vermeiden, liegt in der Organisation des Routings im Multi-Channel System oder der TK-Anlage. Die Organisation der „Skills“ sollte dem Stand der Fertigkeiten der Agenten entsprechen, z.B.:

•              Neue Mitarbeiter bis zum vierten (4) Monat.

•              Mitarbeiter ab dem 5. Monat mit überwiegenden Fertigkeiten zur Bearbeitung von Anfragen mit Service Fähigkeit und zusätzlich vertrieblichen Schwerpunkten.

•              Mitarbeiter mit vertieften Fertigkeiten zur Bearbeitung von komplexen Fällen mit Servicehintergrund.

•              Mitarbeiter mit vertieften Fertigkeiten zur Bearbeitung von komplexen Fällen mit Servicehintergrund und/oder vertrieblichen Hintergrund.

•              Mitarbeiter mit vertieften Fähigkeiten zur Bearbeitung von speziellen Kundengruppen (z.B. Gewerbe-/Geschäftskunden/VIP Kunden).

3.            Voraussetzungen für das Fertigkeiten-Routing

Grundsätzlich muss vor dem eigentlichen Routing ermittelt werden:

•              Welcher Kunde (über Kundennummer)?

•              Welche Art des Kontakts (einfach, mittel, komplex)?

•              Der wievielte Kontakt zur gleichen Art des Kontakts?

Die obenstehenden Informationen müssen in einem Sprachportal (oder klassisch IVR) abgefragt werden. Vereinfachungen sind möglich, wenn:

•              der Kunde mit Hilfe seiner Rufnummer ermittelt werden kann (Ermittlung per ANI). In diesem Fall braucht der Kunde seine Kundennummer nicht nennen. Es geht direkt weiter zum Grund des Anrufs.

•              der Kunde zuvor eine Information (z.B. Schreiben, Mail usw.) erhalten hat (z.B. Rechnung, Mahnung, Kampagne etc.). Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Kunde sich zu dem Sachverhalt meldet. In diesen Fällen braucht der Grund des Anrufs nicht abgefragt werden.

•              der Kunde keine Information preisgibt. In diesem Fall sollte der Kunde direkt zu einem First Level Mitarbeiter geroutet werden.

Für die Ableitung der Anzahl der bereits stattgefundenen Kontakte muss auf die Kundenhistorie im Agent Frontend oder CRM-System Bezug genommen werden. Um die Systeme nicht durch die Echtzeit-Last der Anfragen zu belasten, kann auf eine spezielle Datenbank zurückgegriffen werden. Die Datenbank wird täglich mit den notwendigen Informationen versorgt:

•              Kundennummer (häufig haben Kunden mehrere Kundennummern)

•              Kundenwert aus vertrieblicher Definition (zur Bestimmung unterschiedlicher Service-Level und vertrieblicher Angebote)

•              Datum der letzten Kontakte (zur Bestimmung, ob ein Folgekontakt oder Neuer Kontakt vorliegt)

•              Art der letzten Anfragen (zur Ableitung, ob der gleiche Kontaktgrund vorliegt)

•              Status der Anfrage (Offen, In Bearbeitung, Geschlossen, Weitergeleitet an .. usw.)

•              Kontaktkanal (für die Bestimmung des VOICE, NON-VOICE Routingziels).

•              Versendete Informationen mit Datum.

•              Letzter Bearbeiter (kann als sogenanntes „Last-Agent-Routing“ verwendet werden).

•              Weitere nützliche Informationen

Diese Informationen dienten dazu, für jedes Kundenanliegen, abhängig vom (von) den Vorkontakt(en) und/oder einer Kommunikationsmaßnahme, das optimale Routingziel zu ermitteln. Wie eine dazu passende Skill-Stuktur aussieht, erfahren Sie in einem der folgenden Tipps der Woche im zweiten Teil.

Hans-Joachim Grün – Senior Consultant

 junokai

Um den Tipp der Woche zu abonnieren, klicken Sie hier.