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Tipp KW 16 – 2018

Wie Sie mit einfachen Kniffen aus Ihren Reports wertvolle Extra-Informationen erhalten.
Heute: Umgang mit Abweichungen und einfache Frühwarnsysteme.

In der Welt des Kundenservice kennen wir das (hoffentlich) alle: Wöchentliche, tägliche oder gar intervallbasierte Reports, die uns alle wichtigen Kennzahlen zeigen. Das sind meist aktuelle, kurzfristige Werte wie z. B. Erreichbarkeit, Service Level oder Bearbeitungszeit. Aber auch solche mit mittel- und langfristigem Charakter wie z. B. Kunden- oder Mitarbeiterzufriedenheitswerte, Kontaktquoten, Umsätze oder Kosten pro Stunde und dergleichen mehr.

Und leider kennen wir auch was dann oft passiert: So lange die Kennzahlen den Zielwert (der hoffentlich für jede Kennzahl definiert ist) erreichen bzw. übertreffen ist alles in Ordnung und niemand interessiert sich so recht für die Reports. Aber wenn ein als wichtig erachteter KPI einmal das Ziel verfehlt, und das vielleicht sogar direkt vom Senior Management bemerkt und selbstverständlich sofort eskaliert wird, geraten alle in Aufruhr.

Hätte man da nicht vorher schon etwas bemerken und Gegenmaßnahmen einleiten können? Und ist ein KPI immer gut, nur weil der den Zielwert übertrifft? Im ersten Teil dieses Tipps (Tipp der Woche 15/2018) sprachen wir davon, warum Sie Ihren wichtigen Kennzahlen nicht nur Mindest- sondern auch Maximalwerte zuweisen sollten. Heute zeigen wir, wie ein einfacher Report zum Frühwarnsystem wird.

Bei Abweichungen müssen Maßnahmen erfolgen. Immer.

Ein klassischer Report ist meist einfach aufgebaut: Der Messwert im Zeitverlauf (z. B. die Erreichbarkeit tageweise), Zielwert (z. B. 95 %) und oft ein einfaches Farbschema (grün = Wert ist im Ziel, rot = Wert ist nicht im Ziel). Da Rot ja üblicherweise „Alarm“ und „Gefahr“ signalisiert, wird es dann gerne hektisch. Oder, was viel schlimmer ist: Es passiert … nichts.

Nicht umsonst schreiben die meisten QM-Zertifizierungsmodelle vor, Standardmaßnahmen bei Messwertabweichungen zwingend in die Prozesse aufzunehmen und diese auch zu dokumentieren. Denn erfahrungsgemäß werden solche Abweichungen im täglichen Arbeitsalltag gerne einmal kleingeredet oder es wird vorschnell angenommen, den Grund zu kennen.

Welches der vielen dokumentierten Verfahren zur Analyse Sie dann konkret anwenden, um den Grund für das Nicht-Erreichen des Zielwertes zu analysieren und um Gegenmaßnahmen einzuleiten, ist dabei gar nicht so wichtig. Entscheidend ist: Es muss etwas passieren. Die Verantwortlichen, meist sind es Team- oder Projektleiter, müssen per Prozess dazu „gezwungen“ werden, sich mit der Abweichung zu beschäftigen und das auch zu dokumentieren.

Die Ampel vervollständigen: Gelb für „Aufgepasst!“

Wie bereits erwähnt, beschränken die meisten Reports sich auf reine Momentaufnahmen des letzten bzw. aktuellen Messwerts und markieren das Ergebnis in rot oder grün. Was gerne übersehen wird: Auch der Verlauf der Messwerte bzw. deren Entwicklung ist ein wichtiger Indikator und kann ein wertvolles Frühwarnsystem sein. Es ist erfahrungsgemäß immer besser, Trends frühzeitig zu erkennen und proaktiv Gegenmaßnahmen einzuleiten, als erst bei Eintritt einer Abweichung reaktiv und unter Druck das zu retten, was zu retten ist. Letzteres geht meist mit mehr Stress, mehr Aufwand, mehr Kosten und nicht zuletzt mit unzufriedenen Kunden einher.

Bleiben wir als Beispiel bei der Erreichbarkeit: Verschlechtert sich der Wert fortlaufend über mehrere Tage (auch wenn er absolut gesehen noch den Zielwert erreicht), sollten die internen Alarmglocken schrillen. Denn es scheint sich ein Trend abzuzeichnen. Legen Sie fest, dass schon in solchen Fällen zwingend reagiert werden muss und das Paket Analyse & Maßnahme eingeleitet wird, um den Trend umzukehren.

Es hat sich als sinnvoll erwiesen, dazu eine gleichförmige Reihe von drei aufeinanderfolgenden Veränderungen zu definieren. Als konkretes Beispiel: Sinkt die Erreichbarkeit bei einem Zielwert von 95,0 % dreimal in Folge (z. B. von 97,5 % auf 96,8 % auf 96,4 % auf 95,7 %), so sollte das für Sie auch dann ein Alarmzeichen sein, wenn das Ziel (hier: 95 %) trotzdem immer erreicht wird. Das ist nicht so „schlimm“ wie das Verfehlen des Ziels, aber bedarf auf jeden Fall Ihrer Aufmerksamkeit. Kennzeichnen Sie solche Entwicklungen in Ihren Reports einfach mit der Farbe Gelb – die ja auch im Straßenverkehr für „Obacht“, „Achtung“, „Aufgemerkt“ steht. Und auch in diesen Fällen sollten Sie, ähnlich wie oben schon beschrieben, konkrete Analysen und Maßnahmen definieren und durchführen, um vorab zu reagieren und es gar nicht so weit kommen zu lassen, dass der „echte“ Fehlerfall eintritt.

Selbstverständlich gibt es in diesem konkreten Beispiel noch weitere Messwerte, die Sie neben der eigentlichen Erreichbarkeit zur Analyse zu Rate ziehen werden, um den Entwicklungstrend zu verstehen und die richtigen Maßnahmen einzuleiten. Und einige Fragen, die Sie sich stellen sollten, beispielsweise:

Sinkt die Erreichbarkeit, weil das Eingangsvolumen steigt? Dann sollten Sie überprüfen, welche Treiber das Volumen steigen lassen. Hat ein Produkt einen unerwarteten Fehler, funktioniert Ihre Website nicht, liegt es am Wetter, …? Was können Sie konkret und kurzfristig tun, um das Volumen wieder zu senken?

War das im Forecast oder ist es unerwartet? Überprüfen Sie Ihr Forecastmodell und passen Sie es nötigenfalls an. Haben Sie z. B. an Schulferien und Feiertage gedacht, und Ihre Marketingaktionen „eingepreist“?

Oder sinkt die Erreichbarkeit, weil Sie nicht genug Mitarbeiter im Einsatz haben? Wenn ja, warum ist das so (Urlaub? Krankheit? Fluktuation? Versetzungen? …?). Und was können Sie dagegen tun?

In der konkreten Situation in Ihrem Unternehmen wird es sicherlich noch weitere, individuelle Einflussfaktoren geben. Versuchen Sie, diese zu identifizieren, zu bewerten, die Zusammenhänge zu verstehen und Ihre Reports danach aufzubauen. Scheuen Sie sich auch nicht, den einen oder anderen historisch entstandenen Report, den Sie heute aber eigentlich gar nicht mehr benötigen, einfach zu entfernen. Es ist sicherlich sinnvoller, nur wenige wichtige Kennzahlen zu reporten (aber deren Entwicklung eng zu verfolgen und bei Abweichungen wirklich konsequent zu handeln), als viele einzelne Detailkenngrößen zu ermitteln und dann in der schieren Menge der Reports den Überblick zu verlieren. Denn auch hier gilt wie so oft „Klasse statt Masse“.

– Gerhard Klose (Seniorberater)
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