Die Rekrutierung und Bindung fähiger Mitarbeiter ist zurzeit eines der drängendsten Themen in Unternehmen. Fluktuation und gerade die Abwanderung fachlich gut ausgebildeter und erfahrener Mitarbeiter muss eingedämmt werden. Dabei entscheidet nicht so sehr der monetäre Anreiz allein über die Entscheidung ein Unternehmen zu verlassen.
Häufig begibt sich ein Mitarbeiter nur auf die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle, weil er mit dem direkten Arbeitsumfeld, veränderten Arbeitsbedingungen, nicht nachvollziehbaren Management-Entscheidungen, technischen Notlösungen (die zum Standard werden) und vielen anderen Dingen einfach nicht mehr zufrieden ist. Viele Kleinigkeiten können sich zu großem Frust aufstauen, wenn man nicht die Möglichkeit sieht Änderungen herbeiführen zu können, oder sich zumindest den Frust an geeigneter Stelle von der Seele reden zu können. Ist nur das private Umfeld das Ventil wird hier meist der Rat zum Jobwechsel kommen. Auch als Arbeitgeber kann man Angebote schaffen, um dem entgegenzuwirken.
Wie gelingt der Austausch?
Große Betriebsversammlungen laufen aufgrund hoher Teilnehmerzahlen häufig „etwas aus dem Ruder“. Ein umfänglicher, sachlicher Austausch wird nicht immer möglich sein, da der Fragenblock zeitlich limitiert ist (und sein muss) und somit, nach den Präsentationen der Geschäftsführung und der Gremien, nur wenige Meldungen der Mitarbeiter gehört werden können.
Team Meetings hingegen sind zu kleinteilig, und gerade in größeren Unternehmen ist es für das höhere Management nicht machbar an solchen Meetings teilzunehmen.
Ein Runder Tisch ist eine gute Maßnahme eine überschaubare Anzahl von Mitarbeitern mit Entscheidungsträgern, Supportabteilungen und Gremien zusammenzubringen, um ein Gefühl für die interne Stimmung zu bekommen, etwaige Änderungen zu erklären und die Schmerzpunkte der Mitarbeiter zu diskutieren. Somit tragen solche Termine dazu bei, dass Mitarbeiter sich gehört fühlen, unpopuläre Entscheidungen im persönlichen Gespräch besser begründet und der Firmenleitung vielleicht noch nicht bewusste Themen dargelegt werden können. Dabei ist es wichtig, dass dies nicht eine einmalige, intransparente Aktion ist, sondern dass die Ergebnisse geteilt werden und ein Nachfolgetermin möglichst schon während des Meetings festzulegen.
Voraussetzungen für den Termin
Wenn Sie einen erfolgreichen Austausch gewährleisten möchten, müssen natürlich Regeln abgesteckt werden, der Rahmen sollte aber nicht zu limitierend sein. Wenn Sie bspw. ein unliebsames Thema vorab ausklammern, wird dieses Thema nur umso interessanter und Sie sind im Meeting sehr damit beschäftigt zu erklären, warum Sie nicht darüber sprechen wollen. Der Frust bei den Mitarbeitern bleibt, wird evtl. sogar noch verstärkt und die Idee des Meetings hat sich in das Gegenteil verkehrt.
Durchführung – ein grober Überblick
Je nachdem aus welchem Anlass der Runde Tisch zusammengerufen wurde, sollte auch die Zusammensetzung der Teilnehmer gewählt werden. Sollte es sich um ein einzelnes Team handeln, dass offensichtlich unzufrieden ist (hohe Abwesenheitsquote, durchgehend schlechte Qualitätswerte, wiederkehrende Streitigkeiten zwischen den Mitarbeitern, etc.), empfiehlt es sich, sofern möglich, das ganze Team einzuladen. Es kann ratsam sein die Führungskräfte des Teams hierbei außen vor zu lassen und als Gesamtverantwortlicher durch den Termin zu führen, um aufrichtiges Interesse zu zeigen und ungefiltertes Feedback zu bekommen.
Sollen beim Runden Tisch alle Bereiche gehört werden, empfiehlt es sich aus sämtlichen Abteilungen und Projekten/Teams jeweils eine Person abzustellen. Das betrifft dann also neben dem Management auch die HR und IT-Abteilungen, Facility Management und, sofern vorhanden, den Betriebsrat. Aus dem First Line Bereich sollten Mitarbeiter durch das Team gewählt werden. Nur so ist sichergestellt, dass die Teilnehmenden wirklich interessiert sind und ihre Kollegen Ihnen Vertrauen und Unterstützung geben.
Es ist unumgänglich, dass jedes Thema, welches nicht final beantwortet werden kann, jeweils einer (fachlich) verantwortlichen Person übergeben wird. Diese muss sich bis zum nächsten Runden Tisch ernsthaft um Fortschritt bemühen. Beim Folgetermin wird das Protokoll als Grundlage für den Austausch genommen. Vor Besprechung neuer Themen sollte zunächst immer Punkt für Punkt über die neuen Entwicklungen der noch offenen Themen informiert und erneut protokollarisch festgehalten werden. So sehen die Mitarbeiter, dass ihre Eingaben von Belang sind und werden auch bei kritischen Themen milder reagieren.
Aus dem Runden Tisch können vielfältige Impulse kommen, die für sich genommen vielleicht Kleinigkeiten sind, aber gerade in gesammelter Form verdeutlichen, dass Mitbestimmung und Veränderung in Unternehmen möglich sind und zu einem harmonischen, wertschätzenden Miteinander führen können. Dabei sind es nicht einmal kostenintensive Lösungen, die notwendig sind. Vorschläge zu Prozessänderungen, egal für welchen Bereich, und bspw. Ideen zu IT-Problemen werden nach erfolgreicher Umsetzung unter Umständen sogar Kosten senken können.
Meine persönliche Erfahrung
In jedem mir bekannten Beispiel, in dem ein Runder Tisch regelmäßig über einen gewissen Zeitraum durchgeführt wurde, wuchs das gegenseitige Verständnis, das Vertrauen und die Loyalität der Mitarbeiter gegenüber dem Projekt/Unternehmen. Lösungen wurden erarbeitet, von denen wirklich alle Beteiligten profitierten. Zuständigkeiten und auch Entscheidungswege wurden transparenter. Mitarbeiter zeigten mehr Engagement und Freude bei der Mitgestaltung, weil sie gesehen haben, dass (ihre) Themen vorangetrieben wurden, die zuvor oftmals nur wenig Beachtung fanden. Auch außerhalb des Runden Tisches kam es zu einer verbesserten Kommunikation. Kurzum: Der Erfolg belohnt den Aufwand.
Simon Rewerts – Consultant
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