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Tipp KW 46 – 2023

Recruitment im Kundenservice, oder: „Wo fische ich richtig?“

In Zeiten der „Arbeiterlosigkeit“, die Dr. Sebastian Dettmers (CEO Stepstone) in seinem gleichnamigen Buch beschreibt, hat und wird sich der Fachkräftemangel weiter zuspitzen. Daher müssen wir uns als Führungskräfte intensiv damit befassen, wie wir strukturiert Mitarbeiter finden können – hier unterstützt uns im Recruitment der etwas andere Blick in die Technik des Angelns.

Die Fragen nach dem was, wo und wie

Die wesentliche erste Frage, die man sich beim Angeln stellt, ist, was will ich fangen/finden, daraus entsteht dann das wo und wie. Übertragen bedeutet das für unser Recruitment am Beispiel von Customer Service Agents (CSA – m/w/d) folgende Fragestellungen:

  • Welche Gruppe von CSA suche ich denn genau, eher Sales oder eher Care?
  • Gibt es eine Präferenz? (z.B. Technik-Affine, Social Media-Affine, Silver Surfer, …)
  • Wo treffe ich sie an, damit sie von mir und den offenen Stellen erfahren?

In der Regel nutzen Recruitment-Bereiche ihre etablierten Kanäle, also die in denen man bisher erfolgreich war. Das sind die klassischen Jobportale, „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“-Programme, ggfs. eine Anzeige im Wochenblättchen oder manchmal auch eine Jobmesse. Der Erfolg dieser Kanäle verändert sich zunehmend und lässt stetig nach, weil der Druck in diesen „Ziel-Gewässern“ immer größer wird – mehr Angler, weniger Fisch.

Das „wo“ – mein eigenes Ziel-Gewässer verbessern

Wenn der Druck in den gewählten Kanälen, also im „wo“ zu groß ist, stehen auch irgendwann die steigenden Kosten für die Rekrutierung, also der Faktor „Cost per hire“ (siehe Tipp der Woche „Employee Life Cycle im Kundenservice sinnvoll monitoren“) im Risiko. Das bedeutet nicht, das man diese aufgeben darf, im Gegenteil – man sollte diese aber erweitern, also die Angel-Strategie anpassen.

Die Karte – oder wo bin ich schon gut und wo wohnt das Potential?

Versierte Angler machen sich in der Regel Notizen über Ihre Fänge. Sie schreiben auf, wann sie wo zu welcher Zeit einen Zielfisch gefangen haben, um das im besten Fall zu wiederholen. Denn nichts ist so frustrierend, wie wenn man sich am sehr frühen Morgen an einen Fluss setzt und den ganzen Tag nichts fängt (Angler sprechen dann vom „Schneidertag“). Versuchen sie sich also einmal die Frage zu stellen, woher ihre CSA kommen – und damit meine ich nicht nur über welchen Kanal, sondern tatsächlich.

Dazu benötigen sie die Adressen (es reicht hier die PLZ) ihrer Bestandmitarbeiter. Sie zählen die CSA die z.B. aus der PLZ 33332 kommen und erhalten so auf PLZ-Ebene ein Cluster. Das machen sie mit allen PLZ und haben damit eine Übersicht ihres aktuellen Einzugsgebietes oder „Zielgewässers“. Diese anonymisierten Daten, also nur die Anzahl Ihrer Mitarbeiter innerhalb einer PLZ, können sie z.B. mit Hilfe der Google-Maps-Funktion in eine Karte wandeln, auf der sie sofort sehen in welchen Ecken ihres Einzugsgebietes sie erfolgreich sind, und in welchen noch schwach, also Potential haben.

Gemeinsam mit ihrem Recruitment-Team können sie nun analysieren, warum sie in bestimmten Gebieten besser rekrutieren und in anderen nicht. Das kann unterschiedliche Gründe haben – z.B. sind in Teilen es Gewerbegebiete, oder die Anbindung des ÖNPV an Ihren Standort ist vielleicht schwierig. Häufig gibt es aber auch Überraschungen, daher macht es immer Sinn auch vor Ort direkt und persönlich nachzusehen.

Fahren sie in diese Gebiete, sondieren sie z.B.:

  • Ob es dort zentrale Werbesäulen gibt, die sie noch buchen können?
  • Welche S-Bahnen und Busse hier fahren, die man bekleben könnte?
  • Ob es ein anderes Wochenblatt gibt, in dem sie inserieren können?
  • Gibt es evtl. einen Pizzabäcker, der ihre Stellenanzeigen-Flyer mit den Pizza-Kartons verteilt und sie damit direkt in den Küchen der Büros liegen, die da bestellen. Also dahin, wo ihr potenzieller neuer CSA sitzt.

Kurzum, schauen sie vor Ort, was Sie in ihrem „Ziel-Gewässer“ an ihrer Technik verbessern können, um erfolgreich zu rekrutieren, wo andere das ggfs. nicht tun. Weniger Angler, mehr Fisch.

Fazit – Was kann ich aus dem Angeln mitnehmen?

Angeln ist eine beliebte Freizeitaktivität, die Geduld, Geschick und Strategie erfordert. Das Recruitment ist ein wichtiger Prozess innerhalb unseres Employee Life Cycle, der qualifizierte und motivierte Mitarbeiter für unser Unternehmen gewinnt. Auf den ersten Blick scheinen diese beiden Bereiche wenig gemeinsam zu haben, aber bei genauerer Betrachtung lassen sich einige Parallelen ziehen.

  • Bevor man sich auf die Suche nach einem Fisch oder einem Kandidaten macht, muss man wissen, was man sucht, wo man suchen muss und welche Köder oder Anreize man verwenden kann. Hier hilft es auf dem vorhandenen Wissen aufzubauen. Ebenfalls ist die richtige Ausrüstung oder die richtigen Werkzeuge, die eingesetzt werden, elementar wichtig.

  • Die Bedingungen im Wasser oder auf dem Arbeitsmarkt können sich schnell ändern, und man muss bereit sein, seine Strategie entsprechend anzupassen. Man muss flexibel sein und querdenken, um auf unerwartete Situationen oder Herausforderungen zu reagieren, um dauerhaft erfolgreich zu sein.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Angeln und Recruitment mehr gemeinsam haben, als man denkt. Wir können Ideen ableiten, wie man sich dem Thema Recruitment noch bewusster nähern kann, damit man nicht „schneidert“. Damit minimieren sie in ihrem Unternehmen das Risiko, nicht mehr ausreichend Mitarbeiter zu finden. Die Visualisierung von Daten auf einer Karte kann ihnen helfen, ihre Potentiale zu erkennen und aktiv zu werden. Hier helfen dann die etwas anderen Ideen, wie z.B. der Flyer über den Pizzabäcker. Wenn sie Fragen haben, wie man eine solche Karte des eigenen „Ziel-Gewässers“ zusammensetzt und wie man damit Mehrwerte schafft, melden sie sich sehr gerne bei mir.

Bernhard H. Aulenkamp – Senior Consultant

junokai

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