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Tipp KW 42 – 2023

Neue Systeme sicher in den Betrieb nehmen – gehen sie ruhig einen Schritt mehr

Seit nunmehr 25 Jahren begleite ich Hard- und Softwareprojekte, in denen oftmals sehr umfangreiche Systemerneuerungen oder Hardware-Inbetriebnahmen stattgefunden haben. Unterm Strich kann ich heute behaupten, je besser und intensiver die Planung der vorbereitende Testmaßnahmen stattgefunden hat, umso besser hat die Einführung eines neuen Systems funktioniert.

Grundsätzlich gibt es nicht nur einen Test und eine nachfolgende Inbetriebnahme. Es gibt verschiedenste Tests, die aus verschiedensten Perspektiven das zu testende System unter die Lupe nehmen. Und das muss auch so sein. Um Ihnen ein besseres Verständnis zu verschaffen, erläutere ich die aus meiner Sicht notwendigen Testverfahren und notwendigen Phasen zur Inbetriebnahme der Reihenfolge nach im Detail.

Reviews auf Anforderungen, Design, sonst. Spezifikationen

Bei der Planung der Umsetzung ist eine Prüfung der sogenannten Machbarkeit sehr wichtig. Hier finden enge Abstimmungen mit dem System-Dienstleister/Lieferanten, Ihrer IT-Abteilung und ggf. den Rechenzentrums-Betreibern statt. Ich erwähne diesen Schritt, da dieser auch als erster Machbarkeits-Test bezeichnet werden kann. Hürden, die später vielleicht die Umsetzung gefährden, können hier identifiziert werden.

Komponententest: Entwickler testen ihre einzelnen Komponenten

Der Komponententest wird in der Regel ausschließlich durch den Dienstleister/System-Lieferanten erfolgen und dient der grundsätzlich fehlerfreien Bereitstellung aller Hard- und Software-Komponenten, die in der späteren Systemlandschaft benötigt werden. Hierzu zählen Server, Datenbanken, Hardware-Komponenten, Endgeräte, etc.

(Komponenten-)Integrationstest: Das Zusammenspiel der Komponenten wird ggf. schrittweise (wie z. B. bei Continuous Integration) getestet

Sobald die neuen Komponenten zur Verfügung stehen, also die neuen Server vorinstalliert sind, ist es wichtig, alle notwendigen Kommunikationswege innerhalb Ihrer IT-Landschaft zu testen. Im Regelfall werden die neuen Komponenten von Ihrem Dienstleister in Ihrem Rechenzentrum aufgebaut. Jetzt werden alle notwendigen Kommunikationswege getestet (Netzwerk-Funktionalitäten, Firewall-Freischaltungen, Datenbanken, zentrale Dienste wie z.B. DHCP, DNS, NTP, Zugriffe für Administratoren, Supervisoren sowie für die ersten Testpersonen. Erst nach diesem Test ist sichergestellt, dass es Ihrem System-Dienstleister möglich ist, alle Funktionen der neuen Umgebung vollumfänglich zu testen. (siehe Systemtest)

Systemtest: Das zu liefernde System wird als Ganzes getestet. Hier findet ein umfassender Test aller beteiligten Komponenten statt

Diese Phase ist unverzichtbar, da erst danach ihr System-Dienstleister in der Lage ist, Ihnen als Kunden ein fertiges Gesamt-Produkt zu übergeben. Ab jetzt können Sie das System nutzen, haben Zugriff auf das notwendige Frontend und die benötigten Administrator-Oberflächen.

Abnahmetest: Das gelieferte System wird durch Abnehmer bzw. Nutzer auf Anwendbarkeit/Nutzbarkeit geprüft. Daher oft auch Akzeptanztest genannt

Jetzt sind Sie als Auftraggeber für die neue Systemumgebung gefragt. Gemeinschaftlich mit dem System-Dienstleister findet nun eine intensive Testphase statt, um einen Gesamteindruck über die neue Lösung zu erlangen und ggf. fehlende Funktionen zu ermitteln, die doch erwartet waren. Oft wird diese Phase auch als Proof of Concept bezeichnet. Benötigt wird hier in der Regel eine kleine Testgruppe, die sich aus Usern aus den verschiedensten Bereichen zusammensetzt, um den Test mit dem größtmöglichen Know-how durchzuführen. Ganz wichtig ist hier eine gut vorbereitete Testdokumentation, die alle notwendigen Testfälle enthält. Dieser Leitfaden ist die Grundlage für Ihre Testteilnehmer, um sehr strukturiert und mit einer hohen Effizienz die Tests durchzuführen.       

(System-)Integrationstest: Das System muss sich im Zusammenspiel in der gesamten Anwendungslandschaft bewähren. Manche Geschäftsprozesse oder Lastszenarien sind erst hier wirklich abbildbar

Jetzt befinden wir uns in einer spannenden Phase, die ich gerne auch als Pilot-Phase bezeichne. Auch wenn man bisher alles sorgfältig vorbereitet hat, alle Funktionen zur Verfügung stehen und Sie sich sicher sind, die neue Systemumgebung endlich vollumfänglich nutzen zu können, sollten sie nicht überstürzt handeln und dieses in einen Roll-Out zu überführen. Ein erweiterter Nutzerkreis (die Größe ist abhängig von der Anzahl der Gesamtnutzer und kann daher immer variieren. Empfohlen werden hier 10% der User, maximal etwa nicht mehr als 100 User) wird hier in den Live-Betrieb überführt.  Erst jetzt zeigt sich, wie sich das neue System auch unter Last-Bedingungen verhält. Denken Sie daran, dass es passieren kann, dass in dieser Pilot-Phase noch Fehler und Einschränkungen eintreten können (sogar dürfen!). Innerhalb der angesetzten Pilotphase kann hier eine Fehlerbeseitigung erfolgen. Erst danach kann der weitere Schritt in Richtung Roll-Out (Live-Betrieb für alle User) erfolgen.

Roll-Out-Phase

Nach der erfolgreichen Pilotphase (ein Teil ihrer Mitarbeiter arbeiten schon mit dem neuen System!) kann der weitere Roll-Out erfolgen. Je nach Größe Ihres Unternehmens rate ich zu mehreren Roll-Out-Phasen, um einen möglichst reibungslosen Übergang vom Alt- zum Neu-System zu ermöglichen. Schulungen sowie die Einarbeitung an dem neuen System erzeugt Produktivitätsverluste, die mit mehreren Roll-Out-Phasen geringgehalten werden.

Fazit

Nehmen Sie sich ruhig Zeit, eine neue Systemlandschaft zu implementieren und in Ihren Betrieb einzubinden. Sie werden nach der gelungenen Einführung über jeden einzelnen Test, für den Sie sich Zeit genommen haben, dankbar sein, da jeder einzelne Schritt wichtig ist für eine erfolgreiche Implementierung der neuen Systemlandschaft. Umso besser so eine Inbetriebnahme funktioniert, umso höher ist auch die Akzeptanz Ihrer Mitarbeiter und die Zufriedenheit bei der Nutzung.

Udo Ociepka- Senior Consultant

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