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Tipp KW 40 – 2021

Conversational Design – Sprechen Sie Bot? Teil 4 – Fehlertypen 2/2

Im letzten Tipp der Woche haben wir uns mit den Fehlertypen:

  1. No Input – „Ich kann Dich nicht verstehen “
  2. No Match – „Ich habe nicht verstanden, was Du meinst“

beschäftigt. Dieses Mal widmen wir uns den anderen beiden Fehlertypen:

  1. Misrecognition – „Ich habe etwas falsch verstanden“
  2. Task Failure – „Ich kann Dein Anliegen nicht lösen, obwohl ich es verstanden habe“    

Fehlertyp Misrecognition – „Ich habe etwas falsch verstanden“

Beschreibung: Die Aussagen des Nutzers werden vom Bot falsch interpretiert und falsche Antworten/Prompts werden geliefert. Obgleich die meisten Fehlertypen bei Voice auftreten kann es auch im Chat diesen Fehlertyp geben.

Mögliche Ursachen (Voice & Chat):

  • Der Confidence Score liegt unter 70 Prozent 
  • Der Nutzer ändert sein Anliegen
  • Der Use Case Flow ist fehlerhaft
  • Sprachliche Dialekte, Fremdworte oder sehr ähnlich klingende Begriffe
  • Bei Chat: Typos, Fachbegriffe
  • Hintergrundgeräusche

  Empfehlung (Voice & Chat)

Ein Fehlertyp „Misrecognition“ wird vom User in der Regel sofort angezeigt:

Beispiel 1 (Voice):

Bot: „Hallo ich bin Deine Bestellhilfe xxx vom Restaurant ‚Da Gianni‘. Wie kann ich Dir weiterhelfen?“

User (mit Hintergrundgeräuschen): „Ich hätte gerne zwei Pizza Calzone und drei Papaya.”

Bot: „Ok, das wären zwei Pizza Corleone und drei Eier.“ 

User (lauter): „Nein, es sind zwei Pizza Calzone und drei Papaya!”

Bot: „Verzeihung, ich nehme als Bestellung zwei Pizza Calzone und drei Papaya auf. Ist das korrekt“

User (wieder in Normallautstärke): „Perfekt – Danke!”

Bot: „Alles klar, die Bestellung ist aufgenommen. In ca. 30 bis 40 Minuten wird die Pizza bei Dir sein. Guten Appetit! “

Beispiel 2 (Voice):

Bot: „Hallo ich bin xxx die Reisefee vom Buchungsportal „Up Up & Away“. Wie kann ich Dir weiterhelfen?“

User (mit deutlich sächsischem Akzent): „Ich hätte einen Flug am Donnerstag von Dresden nach Porto.”

Bot: „Verstanden, ein Flug für Donnerstag von Dresden in Deutschland nach Bordeaux in Frankreich.“ 

User (lauter): „Nein, nach Porto in Portugal!”

Bot: „Entschuldigung, also ein Flug von Dresden in Deutschland nach Porto in Portugal für nächsten Donnerstag?“

User (wieder in Normallautstärke): „Genau!”

In diesen Fällen hilft ein menschlicher Automatismus weiter. Sobald Menschen signalisiert wird, dass man sie nicht versteht, sprechen Sie den nächsten Dialogschritt in der Regel, akzentuierter, deutlich langsamer aber vor allem lauter. Dies liegt unter anderem darin begründet, dass jeder Mensch eine korrekte Bestätigung einer selbst getätigten Aussage oder des Erkennens seines Anliegens wünscht und hier den Mehraufwand (lauter, akzentuierter, langsamer sprechen) auf sich nimmt. 

Beispiel 3 (Chat):

Bot: „Hallo ich bin xxx Deine Assistenz vom Malermeister Y und kann für Dich Termine vereinbaren. Wie kann ich Dir weiterhelfen?“

User: „Ich benötige einen Vor-Ort-Termin bei mir zur Renovierung meiner Innenwände vom Zimmer meiner Tochter, sie hätte aber gerne etwas in Richtung „etepetete“. Haben Sie da etwas?“

Bot: „Für besondere Tapeten können wir Ihnen gerne unseren Katalog zusenden“

User: „Nein, keine Tapete – eine besondere Farbe will ich“

Bot: „Verzeihung. Wir können Ihnen auch gerne einen Katalog mit unseren Farben zusenden und auch jetzt schon einen Vor-Ort-Termin vereinbaren.“

Hier sehen wir ein Beispiel wo aus Lingustik-Sicht Risiken für Misrecognition entstehen können. In der Regel versucht man in der Computer-Liguistik Begriffe oder Fomulierungen mit Typo-Alternativen anzureichen, so dass auch bei falsch geschriebenen Worten oder Zeilen der Intent erkannt und entsprechend beantwortet wird. In dem Beispiel wird aber der Begriff etepetete als „Tapete“-Typo klassifiziert und ein entsprechender fehlerhafter Prompt ausgespielt. 

Tipp Nummer 1:

Wenn ein Bot unsicher ist, oder das Anliegen eines/r Nutzer:in nicht korrekt verstanden hat (z.B. Confidence Level <70), bietet es sich an weitere Absicherungen oder Rückfragen einzubauen und sich wie an den gezeigten im nächsten Prompt zunächst für den Fehler in der Erkennung zu entschuldigen. Grundsätzlich ist im Voice Bereich der Vorteil, dass Kund:innen bei falsch erkannten Intents die nächste Formulierung deutlicher formulieren, was dann das Erkennen wieder erleichtert.   

Tipp Nummer 2:

Nutzen Sie nur häufig genutzte Sprache, Beschreibungen und Formulierungen in ihren Dialogen und möglichst wenig Fachbegriffe. Denn auch wenn ein Gericht: „Brät vom Schwein mit souflierten Kartoffelstäbchen an Tomaten-Jus“ erstmal toll klingt, versteht nur ein Bruchteil der Nutzer was es eigentlich ist: Currywurst-Pommes. 

Fehlertyp Task Failure „Ich kann Dein Anliegen nicht lösen, obwohl ich es verstanden habe“    

Beschreibung: Die Aussagen einer/s Nutzer/in werden vom Bot richtig interpretiert, aber das aktuelle Portfolio oder die Funktionalität des Bots sind hierfür nicht vorhanden oder schlichtweg für diesen Use-Case nicht angebracht. 

Mögliche Ursachen (Voice & Chat):

  • Sehr individuelle Sachverhalte, die keine standardisierten Abläufe möglich machen
  • Große Empathie benötigt
  • „Faktor Mensch“
  • Anliegen liegt außerhalb des Kompetenzbereichs

Beispiel 4 (Chat):

Bot: „Hallo, ich bin xxx die virtuelle Assistenz für alles rund um Deine Bankgeschäfte. Was kann ich für Dich tun?“

User: „Ich möchte ein Wertpapierkonto anlegen und hätte gerne eine Anlage-Beratung.“

Bot: „Ich kann Dir gerne zeigen, wie Du ein Online-Wertpapierkonto anlegen kannst. Für eine Anlageberatung empfehle ich aber einen Vor-Ort-Termin bei einem unserer Berater, da ich Dir hier nicht so gut weiterhelfen kann. Soll ich Dir einen Termin machen, damit Du dort parallel auch Dein Wertpapierkonto eröffnen kannst?“

User: „Ja, bitte“

Beispiel 5 (Chat):

Bot: „Willkommen bei der Assistenz von Champions League TV. Wie kann ich Dir weiterhelfen?

User: „Ich habe aktuell keinen Fernsehempfang auf meinem Gerät und gleich ist Anpfiff, was kann ich tun?“

Bot: „Dies kann mehrere Gründe haben. Hast Du andere Geräte auf dem Du unsere App installiert hast?“

User: „Ja, auf allen Geräten läuft nix. Auch nicht auf dem PC“

Bot: „Wie viele Geräte sind das in Summe?“

User: „Vier.“

Bot: „Sind alle Geräte mit dem WLAN verbunden und ist das WLAN eingeschaltet?“

User: „Ja und das WLAN zeigt auch an, dass es funktioniert.“

Bot: „OK, ich verbinde Dich sofort mit einem Spezialisten, um Dein Problem so schnell wie möglich zu lösen“

Beispiel 6 (Voice):

Bot: „Willkommen beim Reiseportal Up Up and Away. Ich bin xxx, wie kann ich Dir weiterhelfen?“

User: „Ich hätte gerne eine Empfehlung für eine Reise nach XXX“

Bot: „Für diese Form von Reisen empfehlen wir eine individuelle Beratung per Telefon oder in einem unserer Reisebüros, da es sich um ein Krisengebiet handelt und besondere Dinge zu beachten sind. Kann ich Dich hierfür mit einem unserer Berater verbinden, oder möchtest Du lieber einen Termin vor Ort vereinbaren?“

User: „Dann lieber vor Ort“

Bot: „In welcher Stadt wohnst Du?“

User: „Hamburg Altona“

Bot: „Wir haben eine Niederlassung am Bahnhof Altona mit aktuell freien Terminen am Mittwoch d.h. morgen um 12h, 14h  und 16h30. Passt einer der Termine für Dich?“

User: „Ja, 14h ist prima.“

Bot: „Perfekt, ich habe Deine Terminreservierung hinterlegt und Du erhältst eine SMS mit einer Terminbestätigung und den Details auf diese Rufnummer unter der Du gerade anrufst.“

User: „Klasse, vielen Dank.“

Wie man erkennen kann, werden Fehlertypen der Art „Task failure“ von Nutzer:innen immer gut akzeptiert, wenn man über den Bot nachvollziehbar erläutert warum der Sachverhalt nicht durch den Bot (allein) gelöst werden kann und – vor allem – Alternativen anbietet.

Sehr häufig erlebt man aber immer noch nicht schön konzipierte Bot-Prompts wie „Anliegen kann nicht beantwortet werden“ oder sogar „Error XXX – bitte kontaktieren Sie den Kundenservice“. Hand aufs Herz: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit dass sie demselben Bot beim nächsten Anliegen eine erneute Chance geben und nicht wieder den Kundenservice direkt anrufen?  

Tipp Nummer 3:

Ein Bot wird selten 100 Prozent Ihres Sales- und Serviceportfolios abbilden können und es ist in der Regel auch nicht so gewollt, denn schließlich haben auch menschliche Kundenservice Mitarbeiter:innen ihre Stärken und Vorteile. 

In diesen Fällen wird ein/e Nutzer:in dies auch akzeptieren und befürworten – wenn er/sie erläutert bekommt, warum Sie bzw. der Bot so verfährt.

Sparen Sie nicht an dieser Stelle mit den Dialogen bzw. reduzieren sie diese auf ein einfaches „Können wir nicht!“ Nur so erhalten sie die positive Wahrnehmung des Bots und machen eine erneute Nutzung in einem anderen Sachverhalt wahrscheinlicher.

Fazit

Die unterschiedlichen Fehlertypen im Conversational Design von Voice Bots haben alle ihre eigenen Charakteristika und ebenso sind die beschriebenen Vorgehensweisen kein Dogma sondern es muss von Use Case zu Use Case entschieden werden, welcher Fehlertyp an welcher Stelle auftreten kann und wie man diesen per Dialog entschärft oder korrigiert.

Hilfreich ist es allerdings entsprechende Standard-Fehler-Dialoge im Baukasten zu entwickeln bzw. zu schreiben, welche dann im Conversational Design Flow modular per App-Tag oder Intent Zuordnung eingebaut werden können und nicht jedes Mal neu geschrieben oder im Tool programmiert werden müssen.

Carlos Carvalho – Senior Berater

junokai

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