Suboptimale Prozesse kosten nicht nur viel Geld, sondern sind darüber hinaus auch in der Lage, das ganzheitliche Ansehen eines Unternehmens nachhaltig zu schädigen. In der Regel wachsen Prozesse organisch über die Jahre mit den Unternehmen und erfüllen generell ihren Zweck. Die Frage, die man sich in diesem Zusammenhang jedoch stellen sollte, ist nicht nur, ob ein Prozess seinen Zweck erfüllt, sondern auch, ob der Prozess zur nachhaltigen Kundenlösung beiträgt bzw. diese unterstützt und insbesondere, ob der Kunde mit der Lösung zufrieden ist.
Wir stellen immer wieder fest, dass viele Unternehmen der Überzeugung sind, gute Prozesse zu haben. Ob ein Prozess aber wirklich gut oder schlecht ist, lässt sich -unserer Erfahrung nach- meist nur vom Endkunden selbst bewerten.
Eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag der Verbraucherzentrale Bundesverband zeigt, dass jeder fünfte Befragte (21 Prozent) von eher negativen oder gar sehr negativen Erfahrungen in der Kundenkommunikation berichtet. Das ist vor allem im telefonischen Kontakt (88 Prozent) und bei der Kontaktaufnahme über das Internet (41 Prozent) der Fall. Zwei Probleme treten in der Kundenkommunikation am häufigsten auf:
(Quelle: https://www.vzbv.de/pressemitteilungen/kundenservice-jeder-fuenfte-macht-schlechte-erfahrungen)
Ursache für diese negativen Erfahrungen sind auch dieser Umfrage zufolge in erster Linie die nicht optimal gestalteten Prozesse. Wie man diese Prozesse identifiziert, erfahren Sie in diesem Tipp.
Herausforderungen
Die Nutzung von Kundenfeedbacks zur Prozessverbesserung funktioniert nur selten. Nur die wenigsten Kunden teilen ihre schlechten Erfahrungen offen mit einem Unternehmen und reklamieren diese detailliert. In den meisten Fällen wechseln Kunden ohne Reklamation zu einem Mitbewerber, kündigen oder nutzen die erworbene Leistung einfach nicht mehr. Damit lassen sich keine gezielten Rückschlüsse und Maßnahmen ableiten, um diesen Herausforderungen künftig vorzubeugen bzw. gerecht zu werden.
Auch die Gründe für Mehrfachkontakte lassen sich i. d. R. auf unzureichende oder nicht optimal laufende Prozesse zurückführen. Dasselbe gilt für die ebenfalls negativ bewerteten langen Wartezeiten.
Wie man proaktiv erkennen kann, welche Prozesse den Endkunden zufriedenstellen und welche nicht
Zu den Grundlagen der Identifizierung nicht optimaler Prozesse gehört die Analyse des Ist-Stands. Die Bewertung des Ist-Stands erfolgt hierbei durch den Kunden und das Quality Team. Die Analyse des Ist-Stands ist ausschlaggebend, da sich nur hieraus die optimalen Maßnahmen ableiten lassen, um spätere Verbesserungen zu quantifizieren.
Mittels des folgenden Ablaufs können sie den ist-Stand der Prozesse ermitteln.
Herangehensweise im Unternehmen
Die Identifikation suboptimaler Prozesse bedarf viel Sorgfalt und Zeit sowie einer Infrastruktur zur Datenerfassung. Das sog. Data-Mining bringt jedoch wenig ohne konkrete Rückmeldungen von Kunden. Um aufschlussreiche Erkenntnisse zu gewinnen, müssen z. B. Customer Satisfaction (C-Sat) und First-Call-Resolution (FCR) Daten der Kunden mit den Daten des Quality Teams nebeneinander gelegt und korreliert werden. Eine Möglichkeit ist es, die Contact-ID bei der Qualitätsmessung und bei der C-Sat Umfrage mitzuerfassen bzw. zu tracken.
Die Qualität sollte über den COPC-Standard gemessen werden.
Dieser Standard ist ein international eingesetztes Operation Management System zur Abwicklung von Kundenkontakten. Die Abkürzung COPC steht für „Customer Operation Performance Center“.
Der Ansatz ist eine Methode zur Messung der Leistung und Qualität von Kundenkontakten. Als Vorbild für diesen Standard dienten die Erkenntnisse von rund 200 führenden Kundenkontaktcentern weltweit. Unternehmen können mit diesem Standard nur arbeiten, wenn sie zertifiziert sind.
Im ersten Schritt werden die Prozesse in: “Non Critical, Business Critical, End-User Critical und Compliance Critical” aufgeteilt. Hierzu werden sämtliche Prozesse benannt und den jeweiligen o. g. Kriterien zugeordnet. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass durch ein Quality Team nicht sämtliche Kundenkommunikationen bewertet werden können.
Diese Logik ermöglicht es trotz allem, erkennen zu können, welche Prozesse sich im Kundendialog mehrfach wiederholen. Des Weiteren weisen diese auf fachliche Defizite der Mitarbeiter und Prozessabläufe hin.
Da jetzt ausreichend Daten zur Verfügung stehen, sollte eine Korrelation mit den C-Sat und FCR Daten der Kunden vorgenommen werden. Hierzu nutzt man beispielsweise die eindeutig zuordenbare Contact-ID des jeweiligen Geschäftsfalles. Somit ist gut zu erkennen, welche Prozesse für den Kunden funktionieren und diesen zufrieden stimmen. Außerdem können dysfunktionale Prozesse identifiziert werden.
Die Priorisierung, ob lediglich Mehrfachkontakte reduziert oder Prozesse angepasst werden sollten, liegt ganz bei dem Unternehmen.
Die Überwachung und Kontrolle der angepassten Prozesse sichern deren Umsetzung. Sollten sich Kausalitäten ergeben, so können diese fortan schnell identifiziert werden.
Durch die Anpassung/Verbesserung der Prozesse, aber auch durch neue Erkenntnisse während des Überwachens wird es i. d. R. zu weiteren Optimierungsmaßnahmen kommen.
Eine gute und detaillierte Dokumentation erleichtert es, diese Optimierungen leichter umzusetzen. Die Dokumentation kann auch genutzt werden, um im Rahmen eines Qualitätsaudits oder aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen bestimmte Anforderungen zu erfüllen.
Fazit:
Zusammengefasst bleibt zu sagen, dass eine Kundenreklamation immer auch eine echte Chance für ein Unternehmen sein kann, mittels derer ganzheitliche Prozesse für Kunden optimiert und die allgemeine Kundenzufriedenheit gesteigert werden können.
Wer kundenorientierte Prozesse implementiert hat, der genießt einen wertvollen Vorteil gegenüber dem Wettbewerb.
Außerdem haben Studien gezeigt, dass Kunden, deren Beschwerde schnell bearbeitet wurde, häufig zu loyalen Kunden und sogar Fürsprechern der Marke werden.
Duron Nushi – Junior Consultant
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