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Tipp KW 33 – 2022

Mit Customer Journey Mapping Wettbewerbsvorteile schaffen

Die Digitalisierung hat dazu geführt, dass sich die Entscheidungsmacht vom Unternehmen hin zum Kunden verlagert. Während der Kunde zuvor noch seine Bedürfnisse an das Marktangebot anpassen musste, gilt es heute als selbstverständlich, dass der Kunde aus einer Vielzahl von Optionen die für sich passende Lösung auswählen kann. Sich einzig und allein auf die Qualität seines Endproduktes zu verlassen, reicht im digitalen Zeitalter längst nicht mehr aus. Wie kann ein Unternehmen dennoch überzeugen und Kunden erfolgreich an sich binden?

Hier setzt die Customer Experience (CX), genauer die Customer Journey, an – ein Thema, das weltweit zunehmend an Bedeutung gewinnt. Laut einer Salesforce Studie (Salesforce, Inc.: State of the Connected Customer, 5th edition (2022)) sind 88 Prozent der Kunden der Meinung, dass das vom Unternehmen gelieferte Erlebnis genauso wichtig ist wie das Endprodukt. 

Die Notwendigkeit einer guten CX-Strategie wird auch durch folgenden Fakt deutlich: 50 Prozent der Kunden wechseln heute schon nach nur einer schlechten Erfahrung zur Konkurrenz und 80 Prozent nach mehr als einer. Mit der fortschreitenden Digitalisierung sehen sich mittlerweile immer mehr Unternehmen gezwungen, individualisierte Erfahrungen zwischen Kunde und Unternehmen zu schaffen, um so die Kundenbegeisterung und schlussendlich -bindung zu optimieren. Predictive Analytics und Daten von Kundeninteraktionen ermöglichen es Unternehmen, genauere Vorhersagen über die Kundenzufriedenheit an verschiedenen Touchpoints zu treffen. Somit können kontinuierlich Verbesserungen hervorgerufen werden, die die Zufriedenheit des Kunden zu jeder Phase der Customer Journey erhöht.

Wie schaffen es Unternehmen aber, ihren Kunden eine außergewöhnliche Customer Experience zu bieten? Zunächst ist es essentiell, die Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen der Kunden zu jedem Zeitpunkt zu kennen und erfüllen zu können. Dazu muss dem Unternehmen bekannt sein, welche Erwartungen und Bedürfnisse die Zielkunden entlang der einzelnen Customer Journey Phasen haben und in welcher Emotionslage sie sich befinden.

Planen Reisende ihren Sommerurlaub oder eine Dienstreise, reicht es beispielsweise nicht mehr aus, einen Flug von Frankfurt nach New York City anzubieten. Es wird Wert auf Pünktlichkeit und Verlässlichkeit der Airline, bequeme Sitzmöglichkeiten mit viel Beinfreiheit, Board Entertainment, vegetarische Mahlzeiten, stetige Erreichbarkeit für Informationsanfragen, Upgrade-Möglichkeiten, mobile Check-Ins und weitere Features gelegt.

Ein wichtiges Tool, um diese essentiellen Erkenntnisse zu erlangen, ist das Customer Journey Mapping, bei der aus Sicht des Kunden die einzelnen Phasen der Customer Journey durchlaufen und dokumentiert werden. Das Customer Journey Mapping läuft i.d.R. in fünf Schritten ab:

  1. Persona Erstellung: Um sich besser in die Lage des Kunden zu versetzen, sollten Unternehmen zunächst eine Buyer-Persona erstellen. Die Buyer-Persona ist eine fiktive Person, die eine ganze Zielgruppe repräsentieren soll. Neben soziodemografischen Eigenschaften wie Alter und Geschlecht sollten auch weitere Informationen wie Lifestyle, Herausforderungen und Motivation der Persona mit aufgenommen werden, um einen möglichst realistischen Kunden entstehen zu lassen. Dies hilft Klarheit zu erlangen, welches Kundenproblem das Unternehmen prinzipiell lösen soll.
  2. Ziele und Bedürfnisse: Der nächste Schritt besteht darin, die Ziele und Bedürfnisse der Buyer-Persona für jede Phase der Customer Journey nachzuvollziehen.
  3. Mapping der Touchpoints: Sobald ein Unternehmen mit dem Kunden in Kontakt kommt, spricht man von einem Touchpoint. Einen Touchpoint kann der Kunde mit einem Unternehmen bereits vor dem Erwerb eines Produktes haben, z. B. durch den Social-Media Auftritt, während des Kaufs z.B. auf der Website oder im Geschäft sowie nach dem Kauf z. B. durch den Erhalt von Newslettern oder Kontakt mit dem Customer Support. Dabei können Touchpoints verschiedenste Auswirkungen auf das Kundenverhalten haben. So können beispielsweise lange Wartezeiten vor dem Check-In Schalter am Flughafen vor einer langen Reise den gesamten Flug negativ beeinflussen.
  4. Identifizierung kritischer Touchpoints: Im nächsten Schritt werden die kritischen Touchpoints entlang der Customer Journey identifiziert. Beispiele können ein komplizierter Umbuchungsprozess oder ein unzufriedenstellender Kundenservice mit langen Reaktionszeiten nach einer mehrstündigen Flugverspätung sein. Kritische Touchpoints beeinflussen die Customer Experience negativ und sollten schnellstmöglich eliminiert werden.
  5. Design einer neuen Journey: Die Orchestrierung einer neuen Journey ist eine Reaktion auf die identifizierten kritischen Touchpoints entlang der Customer Journey und verfolgt das Ziel, diese für den Kunden zukünftig einfacher und positiver zu gestalten. Da dem Unternehmen die Customer Journey einer bestimmten Zielgruppe zu diesem Zeitpunkt bekannt ist, kann viel effektiver bewertet werden, welche Änderungen vorgenommen werden müssen oder in welche neuen Initiativen oder Aktivitäten investiert werden sollte, um die Customer Experience langfristig und nachhaltig zu optimieren.

Um eine einzigartige Customer Journey zu schaffen, sollten also die Erkenntnisse, die beim Customer Journey Mapping gewonnen wurden, genutzt werden. Durch die gewonnenen Erkenntnisse kann das Unternehmen Use Cases zur Digitalisierung, Automatisierung und genereller Prozessverbesserung ableiten.

Dabei ist zu empfehlen, für alle Kundensegmente eine repräsentative Persona zu erstellen und die Customer Journey abzubilden. Wenn wir beim Beispiel der Airline bleiben, hat eine vierköpfige Familie, die ihren Urlaub in Los Angeles plant, andere Ziele und Bedürfnisse als ein Geschäftsreisender, der einen Vielfliegerstatus besitzt und seinen Flug im letzten Moment umbuchen muss, weil ein Meeting in Hong Kong kurzfristig um eine Woche verschoben wurde. Sämtliche Faktoren wie Budget, bevorzugte Kanäle, Online- oder Offline-Präferenzen und das generelle Entscheidungsverhalten können je nach Kundensegment stark variieren.

Das Customer Journey Mapping ist ein gutes Tool, die individuellen Ziele, Bedürfnisse und Verhaltensweisen der Kundensegmente zu verstehen und entsprechend zu handeln. Insbesondere Unternehmen, die noch in produktorientierten Silos organisiert sind, können von einer Umstrukturierung zu kundenzentrierten Teams profitieren. Hier sollten die verschiedenen Abteilungen bei der Abbildung der Customer Journey zusammenarbeiten, um für den Kunden eine möglichst angenehme Nutzererfahrung entlang aller Touchpoints zu schaffen. So können Unternehmen dem wandelnden Kundenverhalten souverän begegnen, nachhaltig wettbewerbsfähig bleiben und neue Marktpotenziale erschließen.

Sonja Wimmelbücker – Junior Consultant

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