In der Contact Center Branche finden sich eine Vielzahl von KPIs die genutzt werden, um Effizienz zu steigern, oder die Kundenzufriedenheit zu verbessern. Neben den häufig gebrauchten KPIs, wie AHT (Average Handling Time), Service Level, FCR (First Contact Resolution), CSAT (Customer Satisfaction Index), NPS (Net Promoter Score), gibt es jedoch auch solche, die nicht in allen Branchen oder Unternehmen genutzt werden.
Eine der Kennzahlen die angibt, wie sehr die Kundenbindung dem Unternehmen nutzt, ist der CLV (Customer Lifetime Value).
Diese Kennzahl aus der Betriebswirtschaft gibt den Wert an, wie viel ein Kunde im Laufe der Vertragslaufzeit (und darüber hinaus) dem Unternehmen voraussichtlich einbringt. Etwas überspitzt: „Wieviel ist der Kunde wert?“
Es wird betrachtet, ob die Unternehmenskosten, also Produktkosten, Ausgaben für die Kundenakquise etc., den Einnahmen durch Käufe des Kunden über die Dauer der Geschäftsbeziehung in einem für das Unternehmen positiven Verhältnis stehen.
Es gibt verschiedene Berechnungsmöglichkeiten, so kann man z. B. auch die Zukunft errechnen und bspw. mit Abzinsung der bisherigen Erträge Aussagen treffen, ob die Fortführung einer Geschäftsbeziehung mit gleichem Aufwand auch für einen sehr langen Zeitraum rentabel ist.
Verwendung des CLV in der Contact Center Branche
In der Contact Center Branche wird der CLV hauptsächlich im Sales Bereich genutzt. In verschiedenen Betrachtungsweisen lassen sich Rückschlüsse ziehen, welche Kundensegmente besonders profitabel oder eher weniger profitabel sind, und welche Produkte besonders positiv in den CLV einzahlen.
Diese Erkenntnisse sind von großem Wert, um herauszufinden welche Kundengruppen sich durch bspw. Cross-Selling längerfristig an das Unternehmen binden lassen.
Auf der anderen Seite lässt sich so auch darlegen welche Produkte auf lange Sicht dem Unternehmen eher Schaden, da die Erträge einem zu hohen Aufwand gegenüberstehen und sich auf lange Sicht nicht ausreichend rentieren.
Diese Informationen haben somit auch einen immensen Wert für den Kundensupport und können genutzt werden, um in verschiedenen Bereichen sowohl die Kundenzufriedenheit als auch Unternehmenserlöse zu steigern.
Hier nur ein paar Beispiele, wie der CLV im Contact Center genutzt wird:
Priorisierung von Kunden
Im Call Routing kann eine Priorisierung für Kunden mit bestimmten CLVs hinterlegt werden, oder auch Spezialisten-Teams zugeordnet werden. So werden diese wichtigen Kunden optimal unterstützt, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie auch weiterhin als zufriedene Kunden dem Unternehmen treu bleiben.
Training von Agenten
Sollten sich Agenten für Spezialisten-Teams empfehlen, benötigen sie natürlich eine Schulung, die sie optimal vorbereitet.
Aber es lassen sich auch andere Rückschlüsse ziehen, so kann man den Mitarbeitern das nötige Wissen vermitteln, bei welchen Kunden- und Produkttypen sich welche Cross-Selling Möglichkeiten am besten eignen und durch beständig aktualisierte Wissensdatenbanken gezielt an die Hand zu geben.
Anpassung der Mitarbeiter Provisionen
Es versteht sich, dass langfristige Verträge mit einem guten Umsatz bevorzugt an die Kundschaft vermittelt werden sollen. Durch die Einschätzung aus der CLV-Analyse ist es leicht die Tarife nach deren Werthaltigkeit für das Unternehmen einzuordnen. Unternehmen passen die Ausschüttung der Mitarbeiter-Provisionen regelmäßig an veränderte Gegebenheiten an, so dass die Sales Mitarbeiter motiviert sind die Kunden in höherwertige Alternativen zu beraten.
Wettbewerb zwischen Teams oder Dienstleistern
Genau wie der Wert des Kunden, kann in einem festgelegten Zeitraum auch der Zugewinn an Wert ermittelt werden. So erreicht man, dass Teams oder Dienstleister nicht nur auf Stückzahlen gesteuert werden können, sondern dass auch der CLV als KPI für bessere Vergleichbarkeit und durch das Setzen von Benchmarks auch als Anreiz zu höherwertigen Verkäufen genutzt werden.
Was sind die Voraussetzungen?
Um den CLV errechnen zu können ist eine ausreichend große Kundenbasis notwendig, sowie gut gepflegte CRM-Systeme, die Käufe sauber und zuverlässig den korrekten Kunden zuordnen.
Es muss belastbare Daten zu Kundenhistorien geben, also welche Käufe zu welchen Preisen getätigt wurden und wie lange Kunden im Durchschnitt in einer Geschäftsbeziehung mit dem Unternehmen stehen. Es müssen belastbare Einschätzungen vorliegen, wie das Kaufverhalten der Kunden und vor allem auch wie sich der Markt entwickelt.
Diese Schätzungen können durchaus unsicher sein, da Ereignisse eintreten können, die das Konsumverhalten kurzfristig ändern können. Die Corona–Pandemie ist ein drastisches Beispiel für ein sich veränderndes Konsumverhalten.
Trotz dieser Unsicherheiten ist der CLV gerade in großen Unternehmen eine sehr wichtige Kennzahl. Durch eine möglichst große Kundenbasis werden die Schätzungen des Kaufverhaltens belastbarer, da auf eine große Menge vergleichbarer Kunden Schwankungen im Konsumverhalten eher ausgeglichen werden.
Fazit
In der Contact Center Branche ist der CLV ein mächtiger KPI. Nicht allein betrachtet, aber in Verbund mit anderen Kennzahlen hilft er, die Steuerung der eingesetzten Kräfte mit Blick auf den langfristigen Unternehmenserfolg kundenfokussierter umzusetzen. Für Unternehmen mit einem großen Pool an Kunden, und dementsprechender Datenmenge, ist die Erhebung und dementsprechende Anpassung von Portfolio und Strategie in jedem Fall gewinnbringend.
Simon Rewerts – Consultant
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