In dieser Woche möchte ich ein Hoch ausrufen auf die Menschen, die neben Bundesligatrainern den schwersten Job der Welt haben: Teamleiter im Callcenter (oder Team Manager, Supervisor, Coach, …)
Es gibt nicht nur viele Bezeichnungen für die Position, sondern auch ein extrem breites Spektrum an denkbaren Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Stelleninhabers. Das ist unproblematisch, so lange alle Beteiligten dieselbe Definition haben und diese sich nicht ändert. Sobald aber eine Änderung eintritt, stellt sich die Frage wieder: Was soll ein Teamleiter (TL) eigentlich verantworten und welche Kompetenzen hat er?
Für die einen ist er in erster Linie Subject Matter Expert, also die Person, die sich im Projekt bzw. der Abteilung am besten mit der behandelten Materie auskennt und erste Anlaufstelle für die Mitarbeiter ist, wenn es um Fragen zu fachlichen Themen geht. Manche sind der Ansicht, dass ein TL einen gewissen Anteil seiner Zeit in Eigentelefonie verbringen soll, um Peaks abzudecken und im Thema zu bleiben. In dieser Kombination hat er häufig auch die Aufgabe, seine Mitarbeiter fachlich auszubilden und in ihrer Kommunikation zu stärken.
Für andere ist er ein Verwalter des Teams, dessen Führungsaufgabe darin besteht, Dienstpläne zu erstellen, Anwesenheit und KPI zu kontrollieren und bei anderen Abteilungen Sorge zu tragen, dass seine Mitarbeiter alles haben, um effizient arbeiten zu können.
In vielen Unternehmen besteht die Aufgabe des TL darin, die Servicequalität oder Conversion Rate sicherzustellen und dem internen oder externen Auftraggeber gegenüber zu verantworten. Besonders im Outsourcingbereich wird häufig der Blick auf Umsatzsteigerung und Kostensenkung auch schon auf der TL-Ebene verlangt, und immer steht er – bei einer Führungsspanne von zehn bis zu 50 (sic!) Mitarbeitern – für die Motivation des Teams und die Mitarbeiterzufriedenheit, für die er nach jeder Umfrage Rede und Antwort stehen muss.
Und zuletzt, aber nicht abschließend, ist er auch gerne Ansprechpartner oder schlimmstenfalls Abladestelle für Aufgaben, die mal eben außerplanmäßig gemacht werden müssen. Motto: Das können doch die Teamleiter nebenher machen.
Teamleiter sein bedeutet also Interaktion mit Mitarbeitern, Vorgesetzten, Kunden, Auftraggebern und anderen Fachabteilungen, je nachdem welcher Grad an Flexibilität innerhalb der Organisation gelebt wird. Es gibt natürlich nicht die eine richtige Definition für Teamleiter, die alle Aufgaben abdeckt. Es gibt abhängig von vielen Faktoren diverse Gründe, weshalb innerhalb eines Unternehmens diese, in einer anderen jene Lösung die bessere ist, man muss sich in jedem Einzelfall damit auseinandersetzen und sauber aufsetzen, was in der Rolle TL verlangt wird.
In meiner Erfahrung ist es viel zu häufig so, dass die Rolle „Teamleiter“ nicht hinreichend per job decription definiert ist und noch häufiger nicht klar kommuniziert. Das führt zu Missverständnissen, weil Erwartungen nicht erfüllt werden, Kompetenzen sich überschneiden und Prioritäten falsch gesetzt werden. Es ist wichtig alle Beteiligten im Blick zu haben, wenn es darum geht die Aufgaben des TL festzulegen und auch hinreichend Ressourcen zur Verfügung zu stellen und realistische Ziele zu vereinbaren. Genauso wichtig ist es, sich vor Augen zu führen, welche Dinge der TL – in Abgrenzung zu anderen Funktionsträgern – nicht (selbst) machen soll. Dann muss seitens der Organisation dafür gesorgt sein, dass diese Dinge dennoch zuverlässig erledigt werden. Der Klassiker ist der Teamleiter, der den Dienstplan überarbeiten muss (oder glaubt zu müssen), weil der von Workforce Management zugelieferte nicht passt.
Es empfiehlt sich eine Aufgabenmatrix zu erstellen, die die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des TL klar regelt. Ein Beispiel – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – könnte folgendermaßen aussehen:
Diese Beispiel-Matrix mag für eine Organisation genau passen, oder müsste noch im Einzelnen angepasst werden – in jedem Fall kann sie helfen, die o.a. Probleme zu vermeiden.
So kann es auch nicht passieren, eine TL-Stelle mit einer Person zu besetzen, die zwar prinzipiell geeignet ist und das schon als Teamleiter in einem anderen Unternehmen bewiesen hat, die aber von anderen Bedingungen ausgeht. Das kann passieren, wenn die Aufgaben im Interview nicht klar kommuniziert werden und der neue Teamleiter nach zwei Monaten feststellt, dass der Job im neuen Unternehmen ganz anders interpretiert wird als in seinem alten Unternehmen – teures Missverständnis.
Lars Scheffen – Senior Consultant
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