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Tipp KW 15 – 2022

Mitarbeiter finden und binden

Nicht erst seit den letzten Meldungen zur Erhöhung der Lohnuntergrenze auf 12 Euro, der gesunkenen Arbeitslosenquote (von 2005 über 11% auf aktuell unter 6% (Quelle Bundesagentur für Arbeit, Entwicklung des Arbeitsmarktes 2022)) und der zunehmenden Konkurrenz, deutschsprachige Services Nearshore abzubilden, wird es für Service Center immer schwieriger, Mitarbeiter zu finden und zu binden. Dies betrifft sowohl die Inhouse Center als auch die Outsourced Center.

Dabei spielen u.a. der Recruitmentprozess, die Flexibilität, das Arbeitsklima, die Entwicklungsmöglichkeiten und Corporate Benefits eine entscheidende Rolle. Eine Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen wird erfahrungsgemäß nicht nur über monetäre Komponenten erreicht.

Schon im Recruitmentprozess werden mit dem Anforderungsprofil und der Platzierung der Stellenausschreibung Weichen gestellt. Je nach Aufgabe und Einsatzgebiet variieren die Anforderungen von Reklamationsbearbeitung über Produktberatung im Service bis hin zu vertrieblichen Outboundkampagnen. Um gleich die richtigen Mitarbeiter zu erreichen und überflüssige Prozessabbrüche in der Recruitmentphase zu vermeiden, ist eine klare und eindeutige Kommunikation notwendig: Welche Skills werden benötigt? Was muss der neue Mitarbeiter an persönlichen Skills mitbringen und was ist Bestandteil der Schulung? Welche Kanäle werden bedient? Wort und Schrift oder beides, usw.

Grundsätzlich wird der potenzielle Mitarbeiter im Bewerbungsgespräch auf Herz und Nieren geprüft. Leider wird dabei aber allzu oft die Attraktivität des Unternehmens für den Bewerber vernachlässigt. Heutzutage liegt der Fokus eines Bewerbers eben nicht mehr nur darin, einen Job zu bekommen – egal wo, sondern dieser will sich im Unternehmen und in der Tätigkeit wohlfühlen. 

Somit ist also Augenmerk auf weitere Faktoren zu legen. Welche Arbeitszeitmodelle biete ich an? Bietet das Unternehmen work from home an? Wird Teilzeit angeboten (Eltern, Studenten, Selbständige, die neben ihrer Selbständigkeit einen sicheren Hafen benötigen, etc.) oder liegt der Fokus Großteils auf Vollzeitmitarbeiter? Gerade für Teilzeitmitarbeiter steigt die Attraktivität von zu Hause zu arbeiten, um das Verhältnis Arbeitsweg / Arbeitszeit zu optimieren.

Im Kundenservice haben wir in vielen Bereichen einen M-Verlauf der Anrufvolumen und damit einen erhöhten Bedarf in den Randzeiten. Dennoch scheuen sich viele Unternehmen, die Teilzeitquote zu erhöhen bzw. bieten lediglich Standardschulungen an, in denen der Mitarbeiter zwar gerne nach der 4- bis 6-wöchigen Schulung Teilzeit arbeiten darf, aber während der Schulung Vollzeit ausgebildet wird. Die Rekrutierungschancen erhöhen sich, wenn dem Rechnung getragen wird und das Unternehmen beispielsweise Halbtagsschulungen anbietet. 

Weiter geht es mit dem Unternehmen an sich: Wie steht es um das Arbeitsklima? Dazu zählen die ergonomische Ausstattung der Arbeitsplätze (am Standort und ggfs. am heimischen Arbeitsplatz), stabile und einfache Arbeitssysteme, Ausstattung der Trainingsräume, Pausenräume und Möglichkeiten zur Verpflegung wie Küche und/oder Kantine. Aber auch die Leitwerte des Unternehmens und der Führungsstil sind natürlich wichtige Aspekte. Empathische Führungskräfte, die die Motivation Ihrer Mitarbeiter kennen und fördern, tragen erwiesenermaßen zu einem Großteil zur Bindung der Mitarbeiter bei. Je weniger der Mitarbeiter vor Ort ist, desto stärker wirken die emotionalen Bindungen. Ist der Arbeitsplatz in der Firma als Ankerpunkt zum Austausch unverzichtbar?

Weitere Kriterien sind in der persönlichen Entwicklung der Mitarbeiter zu finden. Diese sollten nicht nur attraktiv für den Mitarbeiter sein, sondern gleichzeitig dem Unternehmen dienen. Welche Fortbildungsmaßnahmen werden angeboten? Sind diese auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter zugeschnitten? Gibt es Entwicklungsprogramme, in denen einerseits den Mitarbeitern die Möglichkeit geboten wird, sich beruflich weiterzuentwickeln, andererseits damit eigene Personalbedarfe abgedeckt werden können? Und dies in einem ausgewogenen Verhältnis, ohne falsche Hoffnungen zu wecken oder Personalengpässe nicht bedienen zu können?

Welche Corporate Benefits gibt es im Unternehmen? Besonders beliebt sind folgende Leistungen:

  • Mobilität – vom Jobticket über das Firmenfahrrad zum Dienstwagen gibt es viele Möglichkeiten
  • Sachbezüge zur Verpflegung – von reduzierten Kantinenpreisen bis zu Restaurantschecks
  • Gesundheitsförderung – durch Gesundheitstage, Gesundheitskurse, Obstangebot bis hin zu Mitgliedschaften im Fitnessstudio
  • Private Nutzung von technischen Geräten – wie dem Diensthandy oder anderen Geräten des Arbeitgebers
  • Familienfreundlichkeit – Zuschuss zur Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeiten, etc.

Wichtig bei allen Vergünstigungen ist aber immer, die steuerlichen Freigrenzen zu beachten, um für den Mitarbeiter und das Unternehmen keine steuerlichen Nachteile zu schaffen.

Durch das Angebot von Mitarbeitertarifen und Mitarbeiterrabatten zu den eigenen Produkten wird nicht nur eine stärkere Unternehmensidentifikation sondern auch ein größeres Fachwissen geschaffen. Ein klarer Win-win Effekt.

Nicht zu unterschätzen sind generelle Erhebungen möglicher Fluktuationsgründe durch standardisierte und offene Austrittsgespräche. Darin kann der Mitarbeiter zu den Gründen seines Firmenaustritts befragt werden, was das Unternehmen aus seiner Sicht für die Mitarbeiter richtig macht und wo dieser noch Potenziale erkennt. 

Fazit

Auf der einen Seite wird es für Unternehmen immer schwieriger, gute Mitarbeiter zu finden und zu binden. Und doch gibt es auf der anderen Seite noch viele Möglichkeiten, diese Herausforderungen zu meistern.

Ein enger Austausch zwischen den Bereichen Human Ressource und Operations, aber auch der marktübergreifende Blick bietet eine Vielzahl an Ideen und Instrumente, sich zukunftssicher aufzustellen.

„Das wertvollste Potential sind gute Mitarbeiter.“ (Hubert Burda)

Ralf Dinter  – Senior Consultant 

junokai

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