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Tipp KW 06 – 2024

Automatisierung im Kundenservice: „Ihre Route wird neu berechnet“

So sehr gerade die Themen Automatisierung, KI und Voice/Chat-Bots im Moment viele Diskussionen dominieren und der Fokus und Kundenservice-Strategien sich nahezu komplett auf diese Technologien einstellen, rückt folgender wesentliche Punkt im Gegenzug immer mehr in den Hintergrund:

Warum rufen uns Kunden an und wie beheben wir Haupt-Ursachen, um insbesondere ungewollte Kontakte zu eliminieren?

Der Grund hierfür ist einfach erklärt: Durch die neuen technologischen Möglichkeiten sind weitere flexible Möglichkeiten gegeben, auch hohe oder stark schwankende Kontaktvolumen ohne zusätzliche Personalkosten zu verarbeiten bzw. zu skalieren. Damit sinkt aber auch der Druck in der Organisation, grundlegende Probleme an der Root-Cause anzugehen oder langfristig zu beheben.

Natürlich ist es interessant und sinnvoll automatisierte Lösungen parat zu haben, wenn ungeplante (!) Probleme auftreten, die das Anrufvolumen in extreme Höhen treiben. Allerdings erkennen wir immer mehr den Trend auch generelle auftretende Probleme und Fehler mit Auswirkungen aus das Kontaktvolumen mit dem Auftrag an den Kundenservice zu versehen, diese doch automatisiert zu bearbeiten; man hätte ja auch deshalb viel Budget in diese Technik investiert.

Als Bestätigung oder Erfolgskriterium werden dann KPIs wie „Anzahl automatisiert bearbeiteter Vorgänge x Lösungsquote“ und/oder Bewertungs-Index „Wie zufrieden waren sie mit dem automatisierten Kontakt“ als Indikator für eine erfolgreiche Umsetzung einer KI/Automatisierung gewählt.

Das ist für sich betrachtet zwar nicht falsch, aber hier bewertet ein Kunde lediglich WIE der Kundenkontakt bearbeitet wurde und nicht WARUM der Kundenkontakt überhaupt entstanden ist. Denn, Hand aufs Herz, keine Kunde freut sich bei einem Problem darauf mit einem Kundenservice Kontakt aufnehmen zu müssen.

Diese Informationen zu den Kontakt-Ursachen liegen zwar in der Regel und auch ohne KI vor: Sei es durch Sprachanalyse, Kontaktklassifizierung, Kundenfeedback oder Mitarbeiterbefragung. Aber anstatt hier aus dem Kundenservice heraus mit entsprechendem Rückhalt die Themen in die Organisation (meist sind dort die eigentlichen Verursacher des Kontakts) zu treiben und nach nachhaltigen Lösungen zu suchen, steht der Kundenservice oft und wie bereits in den letzten Jahrzehnten im Dilemma, Probleme die an anderer Stelle entstehen abzufedern.

Solange sich an dieser Grundeinstellung nichts ändert wird zwar jeder technologische Fortschritt wie KI zwar helfen die Kundenanliegen flexibler oder kostengünstiger zu bearbeiten, die eigentlichen Root-Causes und damit auch die Unzufriedenheit der Kunden bleiben.

Wenn man die Tendenzen einer Entwicklung in diese Richtung klar erkennt und die eigentlichen Treiber für Kundenkontakte wieder in den Fokus rückt, muss die Konsequenz analog zu einem guten Navigationssystem sein – das erkennt, dass man in falscher Richtung unterwegs ist und mit „Ihre Route wird neu berechnet“ reagiert.

Daher unser TIPP an dieser Stelle: Auch wenn es gut, hilfreich und sinnvoll ist, Automatisierung und KI als Hilfsmittel zur besseren und flexibleren Bearbeitung von Kundenkontakten zu nutzen und weiterzuentwickeln um damit Kosten besser zu steuern: Vergessen Sie nicht die Basics und hinterfragen sie immer wieder die Root-Cause des Kundenkontakts und arbeiten sie genau darauf hin diese Root-Causes zu beheben.

Machen Sie diese Ursachen transparent und vor allem quantifizierbar. Zeigen Sie dabei insbesondere die Vorteile aus Kundensicht auf, die eine Behebung der Root-Cause (Ursache) gegenüber einer (automatisierten oder manuellen) Bearbeitung im Kundenservice (Symptom) hat.

Ähnlich wie es bei den ADAC-Pannenhelfern eine große Bandbreite an Spezialwerkzeug für alle möglichen Pannen gibt und man froh ist, dass er im Zweifelsfall damit schnell und unkompliziert helfen kann, so ist man doch selbst als Kunde froh, wenn man diesen nie in Anspruch nehmen muss, weil man keine Pannen hat.

Carlos Carvalho – Senior Consultant

 junokai

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