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Tipp KW 38 – 2018

Wie bereits im Tipp der Woche KW7 detailliert beschrieben, bietet die Fokussierung auf ein Customer Journey Mapping beim Kundenservice-Prozessdesign den Vorteil, signifikante Verbesserungspotenziale aus Kundensicht in der aktuellen Prozesslandschaft zu identifizieren.

Wie aber kann und sollte ein solches Customer Journey Mapping als Regelprozess im Unternehmen und insbesondere im Kundenservice erfolgreich etabliert werden? Welche Hindernisse und Risiken müssen berücksichtigt werden?

Customer Journey Mapping – Wann und wie oft macht Sinn?

Generell ist ein Customer Journey Mapping mit anschließender Prozess-Anpassung nicht ein einmaliger Event, sondern eine grundsätzliche und regelmäßige Umstellung der gesamten Unternehmens-Perspektive auf die Kundensicht, so dass alle anderen Prozesse sich diesem Fokus untergliedern müssen. Da Unternehmensprozesse in der Regel organisch gewachsen sind und nicht immer originär aus Kundensicht gestaltet wurden, bedeutet dies indirekt die Notwendigkeit, ein komplett neues Prozessdesign im Hinblick auf diese auf Customer Journeys orientierte Strategie auszurichten.

Zudem führen die nach dem Customer Journey Mapping geänderten Prozesse just nach ihrer Implementierung auch zu einem geänderten Kundenverhalten – was ja auch gewünscht ist – aber im Gegenzug auch die Frage aufwirft, wie nachhaltig ein einmaliges Prozessdesign auf CJ-Mapping Basis ist und in welcher Frequenz ein regelmäßiges Customer Journey Mapping dann notwendig oder sinnvoll ist.

Idealerweise empfiehlt sich nach einer ersten Prozessumstellung in Folge von Erkenntnissen aus einem CJ-Mapping die Effekte greifen und reifen zu lassen, da sich ihre Kunden auch auf die neuen Prozesse einstellen müssen. Dies ist insofern auch wichtig um auch sicherzustellen, ob der nachhaltige Erfolg der Umstellung eingetreten ist. Sofern neue Erkenntnisse zu Anpassungen führen, bedingt dies nicht zwingendermaßen ein erneutes Mapping, sondern kann im Rahmen von einem KVP-Prozess abgebildet werden.

Spätestens dann aber, wenn die neu gestalteten Prozesse die Ziele nachhaltig verfehlen oder kontinuierlich negative Entwicklungen der festgelegten KPI zu beobachten sind, wird wichtig sein, zu prüfen inwiefern die aufgestellten Hypothesen korrekt oder die Kundentypologien bzw. Prozesse des letzten CJ-Mappings noch die Realität wiederspiegeln.

CJ-Mapping vs. Erfolgsmessung und Kontrolle

Parallel zum CJ-Mapping macht es Sinn sich Gedanken zu machen, auf welche KPI eine identifizierte CJ-Prozess-Ausrichtung in erster Linie abzielen soll. Dabei sind sowohl qualitative Werte wie NPS, Customer Experience, First Contact Resolution, aber auch quantitative Werte wie Bearbeitungszeit, Digitalisierungs-, Self-Service- oder Churn-Quote empfehlenswert. Dies ist dann auch umso wichtiger, wenn aus dem CJ-Mapping eine Vielzahl von Optimierungen resultieren, die nicht alle gleichzeitig umgesetzt werden können oder bei mehreren Optionen eine Priorisierung erforderlich wird.

Aus praktischer Erfahrung zeigt sich, dass ein regelmäßiges Tracking sowie die Aufbereitung der Entwicklung dieser KPIs (z.B. als grafische Visualisierung) im weiteren Zeitverlauf für alle betroffenen Unternehmensbereiche einen Mehrwert und Buy-In schafft inwiefern die umgesetzten Optimierungen die angestrebten Ziele erreichen. Gleichzeitig schafft man ein Verständnis, dass nur Maßnahmen und Optimierungen verfolgt werden, die auf diese KPIs abzielen.

Dabei dürfen aber nicht nur die reinen Primär-Effekte aus einer CJ-Prozess-Umstellung, sondern auch die Auswirkungen auf etwaige Umstellungen innerhalb der Organisation wie z.B. im Kundenservice, berücksichtigt werden. Sind die Systeme der Kundenservice-Mitarbeiter auf die neuen Prozesse ausgelegt oder kann eine Prozessumstellung bedeuten, dass die Systeme mit entsprechenden Kosten angepasst werden müssen? Sind durch Umstellungen längere Bearbeitungszeiten im Kundenservice die Folge was einen erhöhten Kapazitätsbedarf zur Folge hat, oder steigert sich zudem der Aufwand an Schulungskosten? Nur mit einer gesamtheitlichen Betrachtung stellen sie sicher, dass Überraschungen ausbleiben und die notwendigen Umstellungen auch erfolgreich umgesetzt werden.

CJ-Mappings vs. bestehende Unternehmens-Strategie

Besondere Aufmerksamkeit bedingen die neu gestalteten CJ-Prozessdesigns gerade im Verhältnis zu einer etablierten Unternehmensstrategie, da hier als Resultat oftmals die größten Konflikte entstehen.

Sollen beispielsweise zukünftig alle Kunden an allen Touchpoints die gleichen Services erhalten, während man aus historischen Unternehmens- oder Vertriebsgründen in der Vergangenheit eine getrennte Channel-Strategie verfolgt hat?

Hatte bislang der Point of Sales gegenüber dem Online-Kanal oder dem Kundenservice Vorteile durch individuelle Einzellösungen, wird jede Veränderung in Richtung einer einheitlichen Omnichannel-Strategie resultierend aus einem CJ-Mapping Befindlichkeiten auslösen und teilweise unsichtbare Parallelprozesse schaffen, um diesen Nachteil zu kompensieren.

Gleiches trifft natürlich auch zu, wenn im Gegenzug bisher Online-Kampagnen preislich nicht durch andere Kanäle angeboten werden oder allein der telefonische Kundenservice spezielle Rabatte geben durfte.

Wenn man sich auf eine übergreifende Kundensicht einlässt, müssen vor einer finalen Prozessumstellung daher auch die Faktoren berücksichtigt werden, die ein Kompensationsmodell notwendig machen, um eine Akzeptanz in der Organisation sicherzustellen.

Customer Journeys – Betroffene zu Beteiligten machen

Eine erheblicher Erfolgsschlüssel für das Buy In für CJ-Mapping ist, dass möglichst alle betroffenen Bereiche und Hierarchieebenen in den Prozess mit eingebunden sind. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass möglichst viele Mitarbeiter daran arbeiten, aber dass Input aus diesen Bereichen zum Beispiel über Repräsentanten und auch Insights aus dem Mapping transparent und regelmäßig in die jeweiligen Bereiche oder Abteilungen zurückfließen.

Gerade dieser letzte Punkt ist insofern wertvoll, da selbst das beste CJ-Mapping nicht alle Punkte umfänglich abdecken kann und hier wichtige aber unsichtbare Kunden-Prozesse und Effekte lauern, die bislang unter dem Radar liefen und somit identifiziert werden können.

Insgesamt bietet eine Ausrichtung auf Customer Journey eine Vielzahl an Möglichkeiten und Potenzialen, ihr Kundenerlebnis nachhaltig zu verbessern – dies allein ist aber kein Erfolgsgarant.

Nur mit einer klaren Customer Journey Strategie und definierten Erfolgskriterien sowie inhaltlicher Transparenz und Kommunikation in alle Unternehmensbereiche können sie das Potenzial tatsächlich heben und eine erfolgreiche Transformation sicherstellen.

– Carlos Carvalho (Berater)
junokai

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