Peter F. Drucker (Ökonom und Autor) sagte einmal: “Culture eats strategy for breakfast.“ Eine Strategie kann noch so klug und brillant sein; sie scheitert, wenn sie nicht von der Unternehmenskultur getragen wird. Klingt einleuchtend? Ja, absolut. Ist das wichtig? Auf jeden Fall! Die Unternehmenskultur ist die Basis für den Unternehmenserfolg. Ohne eine gute Unternehmenskultur als tragendes Fundament sind gesetzte Ziele schlichtweg schwerer zu erreichen.
Eine international angelegte Studie von Heidrick & Struggles aus dem Jahr 2021, in der 500 Vorstände u. a. auch aus 50 deutschen Unternehmen befragt wurden, zeigt, dass die Unternehmen, die ihren Fokus auf die Unternehmenskultur setzen, ein doppelt so hohes Wachstum erzielen, als die Unternehmen, die dieses Thema nicht priorisieren.
In ebendieser Befragung wurde zudem aber auch deutlich, dass als die wichtigsten Treiber für finanziellen Erfolg des Unternehmens zumeist Strategie, Führung und Prozesse/Regeln genannt wurden (und eben nicht die Unternehmenskultur). Ein Bewusstsein für das Thema Unternehmenskultur scheint bei vielen Unternehmen also vorhanden zu sein, aber eine Priorisierung dessen erfolgt nicht.
Das „Problem“ ist: Sie lässt sich nicht wirklich greifen. Unternehmenskultur hat weder ein Preisschild noch lässt sie sich über eine Kennzahl hart messen. Insbesondere im sehr Performance- und Kennzahl-getriebenen Kundenservice-Geschäft ist es noch etwas schwieriger, denn man kann sie auf keinem Dashboard erfassen und aktiv eingreifen, wenn es aus dem Ruder läuft. Darüber hinaus ist jeder Kundenservice fast immer konfrontiert mit stetig wachsenden Kundenanforderungen und schnellen Veränderungen am Markt, die den Ton in der Branche angeben. Höher, schneller, weiter lautet dann oftmals die Devise. Wer hat da noch Zeit für Kultur?
Aber was bedeutet denn überhaupt Unternehmenskultur, wo finde ich sie und wie muss sie aussehen, damit meine Organisation erfolgreicher wird?
Eines kann und muss vorweggesagt werden: Es gibt nicht DIE eine Unternehmenskultur, die den Erfolg bringt. Unternehmenskultur passiert einfach. Und das überall dort, wo Menschen zusammenkommen und interagieren. Sie ist einfach da. Dabei spielt keine Rolle, ob in einem jungen Start-up einem mittelständischen Betrieb oder in einem großen, traditionellen Familienunternehmen. Unternehmenskultur wächst wie eine Pflanze. Und so einfach, wie es in der Pflanzenwelt ist, kann es auch mit der Unternehmenskultur sein. Vernachlässige oder ignoriere ich sie, verdorrt sie, wird kraftlos, und sieht dann auch nicht mehr so hübsch aus. Und während wir also die verkümmerte Pflanze einfach entsorgen, müssen wir einen näheren Blick in die Organisation werfen, um zu erfahren, warum die Dinge laufen wie sie laufen.
Anhand des bekannten Eisbergmodells lässt sich eine Unternehmenskultur gut veranschaulichen:
Während der sichtbare Teil der Kultur die Sachebene mit z. B. kommunizierten Zielen bildet, stellt der deutlich größere und nicht sichtbare Teil die Beziehungsebene dar. Die Beziehungsebene treibt die Organisation an wie ein Motor und lässt unter Umständen, wenn die Kultur kränkelt, auch die ausgefeilten Strategien und Ziele scheitern. Steht die Beziehungsebene erstmal auf dem eigenen „Radar“, kann sie wertvolle Erkenntnisse über die Organisation und Handlungsbedarfe liefern. Lasse ich diese Ebene vollkommen außer Acht, erreiche ich möglicherweise zwar auch meine Ziele, doch muss ich mir der möglichen Auswirkungen bewusst sein.
Die Faktoren für eine negative Unternehmenskultur sind vielfältig, sei es fehlende Transparenz und Kommunikation, mangelnde Wertschätzung oder unpassende Führung. Bei den Mitarbeitenden macht sich das in der Regel durch Unzufriedenheit, geringe Motivation und fehlende Identifikation mit dem Unternehmen bemerkbar. Doch auch der Kunde spürt oftmals, dass in einem Unternehmen etwas nicht „ganz richtig“ läuft und äußert dies vielleicht in der nächsten Zufriedenheitsbefragung.
Nun könnte man als Kundenservice-Verantwortliche(r) das Unternehmen, die Geschäftsführung oder den Vorstand in der Pflicht sehen, die Entwicklung der Unternehmenskultur in die Hand zu nehmen. Doch das Beschriebene gilt im Großen genauso wie im Kleinen – im ganzen Unternehmen wie auch in einzelnen Fachbereichen, wie auch dem Kundenservice. Und vielleicht sogar gerade dort, denn der Kundenservice ist im Unternehmen oft einer der Bereiche mit den größten Mitarbeiterzahlen, also auch dem größten Wirkbereich für Kulturfragen.
Wie ist es um Ihre Unternehmens- und Abteilungskultur bestellt? Schauen Sie doch bei der nächsten Befragung Ihrer Mitarbeitenden einmal explizit auf diesen Erfolgsfaktor.
Melanie Harth – Consultant
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