Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Ein Kollege fährt für drei Wochen in den Urlaub und Sie haben sich bereiterklärt die Urlaubsvertretung zu übernehmen. Grundsätzlich sind sie Sie zwar mit seiner Arbeit vertraut, bei Detailfragen wird es jedoch schwierig. Genau diese Fragen werden aber unweigerlich auf Sie zukommen. Läuft es Ihnen kalt den Rücken herunter wenn Sie sich in diese nicht ganz unwahrscheinliche Situation hineinversetzen oder wissen Sie ganz genau wo und wie Sie an die nötigen Informationen gelangen?
Die Beantwortung dieser Frage lässt wichtige Rückschlüsse auf den Umgang mit Wissen in Ihrer Organisation zu. Der heutige Tipp der Woche behandelt die Grundsätze des Wissensmanagements und zeigt die elementaren Schritte zu dessen Implementierung und kontinuierlichen Verbesserung auf.
Als zentraler Produktionsfaktor gewinnt Wissen, neben den klassischen Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital, stetig an Bedeutung. Der Konkurrenzdruck und Kundenerwartungen sowie die Komplexität und Verzahnung von Einzelprozessen nehmen zu. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Digitalisierung bzw. die zunehmende Vernetzung von Produktion und Dienstleistungen mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik als Wachstumstreiber zu nennen, was zu verkürzten Innovationszyklen führt.
Die Folge sind neue Anforderungen an das Wissen und seine Verfügbarkeit über alle Beschäftigtengruppen hinweg. Auch der demographische Wandel spielt in diesem Zusammenhang eine nicht zu unterschätzende Rolle, da es mit der Verrentung der geburtenstarken „Babyboomer“ (Jahrgänge von 1959 bis 1968) in den kommenden zwei Jahrzehnten zu Wissensverlusten innerhalb der Organisation führen kann. Auch die zunehmende Unabhängigkeit von Zeit und Ort der Leistungserbringung (Homeoffice, mobiles Arbeiten) stellt neue Anforderungen an das Management von Wissen.
Um Wissensmanagement möglichst erfolgreich zu implementieren oder weiterzuentwickeln ist eine ganzheitliche Betrachtungsweise sowie eine Orientierung an den Unternehmenszielen und -strategien unerlässlich. Diese lässt sich in fünf Schritte unterteilen:
Im ersten Schritt legen Sie basierend auf Ihrer Unternehmensvision und der darauf basierenden Unternehmensstrategie Wissensziele fest um sicherzustellen, dass die nachfolgende IST-Analyse bedarfsgerecht und zielorientiert durchgeführt wird. Durch diese Analyse verschaffen Sie sich einen Überblick über vorhandenes Wissen, Wissensträger, Informationen und Fähigkeiten innerhalb Ihrer Organisation.
Nach der Definition von Wissenszielen und der Aufnahme des IST-Standes sollte erkennbar geworden sein, woran es mangelt und welches Wissen gebraucht wird, um aktuelle und künftige Herausforderungen anzugehen. Der zweite Schritt umfasst Maßnahmen zum Erwerb neuer Fähigkeiten, die auf die Herstellung neuer Produkte und die Entwicklung neuer Ideen abzielen. Dies kann beispielsweise durch die Rekrutierung von externen Experten und Dienstleistern, sowie durch Fort- und Weiterbildung von Beschäftigten erreicht werden. Ergänzend zum Rückgriff auf Ressourcen außerhalb des Unternehmens bieten sich Maßnahmen zur internen Wissensvermittlung, wie etwa Mitarbeitergespräche, Workshops oder Präsentationen an.
Nach der Identifizierung und Erweiterung des Wissensstammes beschreibt der dritte Schritt Maßnahmen und Mittel des Wissenstransfers zwischen Personen und Gruppen innerhalb einer Organisation. In diesem Zusammenhang nimmt insbesondere die Unternehmenskultur eine wichtige Rolle ein, da von dieser die Bereitschaft und Effektivität des Wissenstransfers abhängt. Als Beispiel kann hier der personelle Wissenstransfer genannt werden, der in der Regel durch die Zusammenarbeit zwischen erfahrenen und unerfahrenen Beschäftigten stattfindet. Ebenso kann Wissen papierbasiert oder digital in Datenbanken verankert werden und so der gesamten Belegschaft zugänglich gemacht werden.
Der vierte Schritt zielt darauf ab sicherzustellen, dass die Personen innerhalb der Organisation den sich stetig füllenden Wissensspeicher nutzen, pflegen und verbessern. Grundvoraussetzung hierfür ist zum einen, dass das gespeicherte und verbreitete Wissen zum einen nützlich und zum anderen gut zugänglich ist. Ersteres kann sichergestellt werden, indem man der Belegschaft eine aktive bei der Gestaltung und der Pflege von Wissensspeichern (z.B. Datenbanken) zuweist. Letzteres zielt vor allem auf eine zeitgemäße und benutzerfreundliche (digitale) Infrastruktur ab.
Wissensmanagement ist insbesondere dann erfolgreich, wenn es sich an messbaren Zielen orientiert. Diese sollten nach gewissen Abständen überprüft werden. Je nach Umfang einer Maßnahme kann es sein, dass die Maßnahme „in progress“ ist. Denkbar ist aber auch eine Veränderung der Wissensziele. Auch die Einschätzung Ihrer Beschäftigten sollten nicht außer Acht gelassen werden. Hierfür sind Methoden wie Mitarbeiterbefragungen, Einzelgespräche oder Workshops probate Methoden.
Natürlich stellen die genannten Maßnahmen lediglich eine Blaupause dar, die je nach Organisationsgröße und -struktur mittels unterschiedlicher Maßnahmen umgesetzt werden können. Sollten Sie die zugrundeliegenden Prinzipien beherzigen, steht einer erfolgreichen Implementierung und Verbesserung nichts im Wege – oder, um des Eingangs genannten Beispiel aufzugreifen, eine stressfreie Urlaubsvertretung.
David Köngeter – Junior Berater
junokai