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Tipp KW 5 – 2019

Das Sender-Empfänger-Modell, welches von Friedmann Schulz von Thun stammt, ist wohl eines der am häufigsten erklärten Modelle und Trainingsinhalte in der Contact-Center Branche. 

Kurz zusammengefasst erklärt Schulz von Thun dabei die Kommunikation über das Kommunikationsquadrat. Hierbei definiert er 4 Punkte, welche entscheidend für eine erfolgreiche Kommunikation sind. 

Die Sachebene – also worüber ich Dich informiere. 

Die Selbstoffenbarung – was ich Dir von mir preisgebe. 

Die Beziehungsebene – was ich von Dir halte und wie ich zu Dir stehe.  

Die Appellebene – was ich von Dir will. 

In den bisherigen Routingstrategien werden vor allem aus Unternehmenssicht die Sachebene sowie die Appellebene des Kunden abgefragt. Ein typisches IVR-Auswahl- oder Sprachmenü arbeitet grundsätzlich auf der Sachebene (was möchte das Unternehmen dem Kunden mitteilen) und der Appellebene (was möchte der Kunde vom Unternehmen). Die Selbstoffenbarung in Form von Stimmidentifizierung, Eingabe von Kundendaten etc. kommt bei einigen Unternehmen ebenfalls noch dazu. 

Die Beziehungsebene, welche aus Sicht von Schulz von Thun jedoch ebenso relevant für den Erfolg von Kommunikation ist, wird bis heute bei der Konzeptionierung von Routingstrategien nicht ausreichend berücksichtigt. 

Anfang 2018 wurde durch die Sprachwissenschaftler Heike Schoormann und Jan Michalsky bereits in einem Feldversuch mit einer noch geringen Stichprobe überprüft, welchen Einfluss die eingeschätzte Attraktivität anhand der Stimme auf andere Menschen hat. 

Eine der Erkenntnisse aus seiner Studie mit Oldenburger Studenten ist zum Beispiel der sogenannte „Synchrony-Effekt“.

Hierbei orientiert sich die Stimmhöhe des Sprechers an der des Gesprächspartners – die Stimmen behalten so einen bestimmten Abstand zueinander. Die Forscher ziehen daraus den Schluss, dass dies im direkten Zusammenhang mit der wahrgenommenen Sympathie steht. 

Die Gespräche werden dadurch insgesamt harmonischer und angenehmer, sowohl für den Agenten als auch für den Kunden. Eine klassische Win-Win-Situation also für beide Seiten. 

Auch bei den neuen digitalen Assistenten Siri, Alexa oder Google Assistant arbeitet man bereits an der weiteren Forschung, wie die Stimmen der kleinen Helfer immer weiter individualisiert und vermenschlicht werden können, um dem User ein individuelles „digitales“ Gegenüber zu liefern.  

Was wäre notwendig, um auch die Beziehungsebene mit in die Planung einer Routingstrategie einfließen zu lassen? 

Es braucht dafür das „Gold des 21. Jahrhunderts“ Daten. Dabei sind sowohl zusätzliche Daten über den Service-Center-Mitarbeiter als auch den Kunden notwendig, um die Routingstrategie um die noch fehlende Beziehungsebene aus dem Kommunikationsquadrat zu erweitern. 

Aus Sicht eines Kunden sind für die Beziehungsebene, wie auch im privaten Bereich mehrere Dinge relevant. 

1. Wer sagt es und welche Stimm-Eigenschaften hat derjenige?
Hierbei können Unternehmen wertvolle Erkenntnisse aus der Verbindung zwischen den Kundenzufriedenheitsergebnissen und dem Mitarbeiter, mit dem der Kunde vor dieser Zufriedenheitsbefragung gesprochen hat, erzielen. 

Darauf basierend müssen dann weitere Daten ermittelt werden. Welche besonderen Eigenschaften weist die Stimme des Contact-Center-Mitarbeiters als das Trägermittel der Kommunikation im Telefonat speziell auf? Ist diese besonders hoch oder tief, hat diese entsprechende Färbung oder spricht der Mitarbeiter mit einem bestimmten Tonfall? 

2. Bei der Analyse der Stimminformationen wird man anschließend eine Überschneidung mit Daten aus der Mitarbeiteranalyse finden, welche für einen Kunden bzw. eine Kundengruppe mit höheren Zufriedenheitswerten nachgewiesen werden können.

3. Wenn ohnehin bereits ein Sprachportal zum Einsatz kommt, der Kunde also bereits im Wartefeld selbst etwas sagen muss, kann man hier auch die Stimme des Kunden analysieren und mit einem Agenten Matchen, welcher aufgrund seiner Stimmlage und Gesprächsführung ideal zu dem Kunden passt. 

Während das Prinzip des Last-Agent-Routings häufig einfach aufgrund von personellen Engpässen kaum umgesetzt werden kann, scheint das Routing anhand des „Attractive Voice“ Faktors doch um einiges zielführender zu sein. Aus Kundensicht ergibt sich dadurch der gefühlte Vorteil, immer mit Menschen zu sprechen, welche man aufgrund der Stimme grundsätzlich als sympathisch einstuft. Die Sicht des Agenten wird in diesem Fall ähnlich sein, da ja beide Stimmen aufeinander abgestimmt sind. 

Und sind wir doch mal ehrlich, jeder von uns hat schon mehrere Telefonate erlebt, in denen wir zwar den Inhalt verstanden haben, durch eine fehlende Sympathie gegenüber dem Gesprächspartner haben wir die Aussage dann doch noch einmal angezweifelt. Die Integration der Beziehungsebene in die Routingstrategie kann hierfür ein geeignetes Hilfsmittel zu sein. 

-René Jacobi (Berater)
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