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Tipp KW 49 – 2023

Vertrauen und Exzellenz: Die Wirksamkeit von Customer Service Zertifizierungen

Das Wort „Zertifizierung“ stammt vom lateinischen Begriff „certus facere“ ab, was „etwas sicher machen“ bedeutet. Normen und Zertifizierungen tragen entscheidend dazu bei, das Vertrauen von Kunden und Auftraggebern zu gewinnen, und werden von führenden Unternehmen häufig für das Zustandekommen einer geschäftlichen Zusammenarbeit vorausgesetzt. Zertifizierungen können ein wirkungsvolles Marketinginstrument sein und die Qualität, Sicherheit oder Integrität eines Unternehmens wirksam fördern. Zertifizierungen können auch bei der Skalierung helfen, indem sie Standards setzen, oder dank effizienteren Prozessen und Senkung von Fehlerquoten Umsätze steigern.

Es gibt zahlreiche Zertifizierungen für Unternehmen – umfassende Managementsysteme wie ISO 9001 oder ISO 14001, IT-Zertifizierungen wie ISO 27001, Zahlungssicherheitsstandards wie PCI DSS, CSR-Zertifizierungen wie Verso, Arbeitgeberzertifikate wie Top Arbeitgeber, Qualitätsstandards wie TÜV Certified Service Quality und viele mehr. Es finden sich jedoch nur wenige Zertifizierungen und Standards, die speziell auf Kundenservice ausgerichtet sind, und eine Gesamtbetrachtung aller damit zusammenhängenden Prozesse umfassen, anstatt sich nur einen ausgewählten Bereich wie etwa Qualität oder IT zu bewerten.

Die internationale Norm für Kundenkontaktzentren ISO 18295 hat sich aus der europäischen Norm DIN EN 15838 entwickelt und definiert die organisatorischen und prozessualen Anforderungen an Kundenkontaktzentren. Dabei fokussiert sie die Bedeutung von Kundenzufriedenheit, kontinuierlicher Verbesserung und Mitarbeiterengagement.

Bei der Suche nach Zertifizierungen für den Kundenservice in der DACH-Region stößt man auf einige weitere regionale Normen. Der TÜV Süd bietet neben der bereits erwähnten Norm ISO 18295 eine Reihe von Zertifizierungsaudits an, darunter ServiceQualität und ServiceExcellence. Eine in Berlin ansässige Verbrauchergesellschaft bietet laut ihrer Webseite „eine umfassende Norm für den Bereich Kundenservice, schriftlich niedergelegt und prüfbar“ namens ServiceCert und „betritt damit Neuland“.  Ist dieses Gebiet tatsächlich noch so unerschlossen?

Beinahe 20 Jahre vor der Veröffentlichung der ersten Ausgabe der ISO 18295 im Jahr 2017 etablierte sich im globalen Customer Service ein Standard, den führende Unternehmen für ihre Customer Service Abteilungen einführten und von ihren Outsourcing-Partnern einforderten. Gemeint ist die  COPC-Zertifizierung, die bereits auf das Jahr 1996 zurückgeht. In diesem Jahr wurde ein Unternehmen namens Customer Operations Performance Center Inc. gegründet und veröffentlichte den COPC Customer Service Provider (CSP) Standard. Dieser wurde von den COPC-Gründern gemeinsam mit führenden Unternehmen entwickelt, darunter auch große Marken wie Microsoft, American Express, Adobe und Intel. Seit 1996 wurden Hunderte von Unternehmen in über 50 Ländern nach einem der COPC-Standards zertifiziert, die im Laufe der Jahre veröffentlicht wurden.

Warum also findet man COPC nicht einmal unter den Top-Ergebnissen, wenn man im Internet nach deutschsprachigen Kundenservice-Zertifizierungen sucht? Warum sprechen Zertifizierungsanbieter in Deutschland beim Thema „Standards für den Kundenservice“ immer noch von Neuland?

Von den mehr als 150 Unternehmen, die derzeit zertifiziert sind oder sich im Zertifizierungsprozess befinden, sind gerade mal zwei in der DACH-Region ansässig. Beide bieten als Dienstleister Kundenservice für ein Unternehmen, für welche die COPC-Zertifizierung eine unabdingbare Voraussetzung für die Erbringung von Dienstleistungen ist.

Der geringe Bekanntheitsgrad von COPC und seinen Vorteilen ist vor allem die begrenzte Verfügbarkeit von Schulungsprogrammen und Ressourcen im Zusammenhang mit COPC zurückzuführen. Diese werde ausschließlich direkt über COPC und bisher auch noch nicht in deutscher Sprache angeboten. Dagegen können ISO-Zertifizierungen, insbesondere ISO 9001 für Qualitätsmanagementsysteme, von zahlreichen Zertifizierungsstellen in der DACH-Region angefragt werden und sind daher in Deutschland, Österreich und der Schweiz weitaus stärker anerkannt und angenommen. Auch aufgrund branchenspezifischer gesetzlicher Anforderungen und Vorschriften wird in Deutschland oft anderen Normen oder Zertifizierungen der Vorrang gegeben.

Nicht zuletzt ist es vergleichbar schwierig, eine COPC-Zertifizierung zu erlangen. Gleichzeitig ist dies jedoch einer der größten Vorteile von COPC – hat man es erstmal durch die anspruchsvolle Zertifizierung geschafft, hebt man sich nicht nur von anderen Kundendienstanbietern ab, sondern profitiert auch von den operativen Vorteilen einer COPC-Zertifizierung.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Zertifizierungen und Standards eine entscheidende Rolle bei der Schaffung einer Vertrauensbasis zwischen Unternehmen und ihren Kunden und Auftraggebern spielen. Zertifizierungen erfüllen nicht nur eine wichtige Funktion als effektive Marketinginstrumente, sondern bieten auch einen Wettbewerbsvorteil und konkrete operative Vorteile. Sie fungieren als Garant für Qualität und Integrität und tragen zur Förderung des Unternehmenswachstums durch gesteigerte Effizienz und die Vermeidung kostspieliger Fehler bei. Große Unternehmen stellen oft Zertifizierungen als Voraussetzung für Geschäftskooperationen, was die Bedeutung standardisierter Verfahren in der Kundendienstbranche unterstreicht. In der DACH-Region überwiegen bei der Einführung von Kundendienstzertifizierungen häufig die ISO-Normen, während andere globale Standards wie COPC nur begrenzt bekannt sind. Um die passende Zertifizierung für Ihr Unternehmen auszuwählen, empfiehlt sich eine sorgfältige Analyse der Anforderungen und Vorzüge aller verfügbaren Optionen.

Aneta Kleinteich – Senior Consultant

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