Die Bundesarbeitsministerin hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) und weiterer damit in Zusammenhang stehender Gesetze in die Ressortabstimmung gegeben. Zwar sollen die Neuregelungen erst 2017 in Kraft treten, Arbeitgeber die Leiharbeiter beschäftigen sollten jedoch schon bald ihre Beschäftigungspraxis auf die Vereinbarkeit mit den voraussichtlichen Änderungen prüfen.
Wichtigste Neuerung ist die geplante Einführung einer Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten. Eine Höchstüberlassungsdauer sieht das AÜG seit einer Änderung im Jahr 2011 nicht mehr vor. Die Neuregelung sieht jetzt wieder vor, dass bei Überschreiten der Höchstüberlassungsdauer automatisch ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher zu Stande kommt. Eine längere Überlassung kann nur zwischen Tarifpartnern vereinbart werden, sofern ein Branchentarifvertrag zwischen Branchengewerkschaft und Arbeitgeberverbänden besteht.
Eine weitere nicht unerhebliche Änderung ist die Einführung eines generellen „Equal Pay“-Grundsatzes, nach dem Leiharbeitnehmer spätestens nach neun Monaten hinsichtlich des Arbeitsentgeltes mit den Angestellten des Entleihers gleichgestellt werden sollen. In eingeschränkter Form kann zwar auch von dieser Regelung in einem Tarifvertrag abgewichen werden, allerdings nur in der Form, dass der Zeitraum auf 12 Monate ausgeweitet werden kann, wenn eine stufenweise Heranführung des Arbeitsentgeltes vorgesehen ist. Darüberhinausgehende Ausnahmen vom Equal Pay-Grundsatz sind zukünftig nicht mehr vorgesehen.
Bedeutung hat die Anpassung auch für die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer im Unternehmen. Zum einen sieht der Entwurf vor, dass Leiharbeitnehmer bei den für die Mitbestimmungen geltenden Schwellenwerten zu berücksichtigen sind, sofern dies der Zielrichtung der jeweiligen Norm nicht widerspricht, zum anderen soll in § 80 Abs. 2 und § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG das bereits bestehende Informationsrecht der Arbeitnehmervertretung über den Einsatz von Personen, die nicht im Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber des Betriebes stehen, gesetzlich klargestellt werden. Unabhängig davon dürfen Entleiher zukünftig keine Leiharbeitnehmer mehr als „Streikbrecher“ einsetzen, um so die Auswirkungen eines Arbeitskampfes zu mildern.
Bisherige Unklarheiten bei der Auslegung einer Vereinbarung als Werk-, Dienst- oder Arbeitsvertrag sollen zukünftig mit einem neuen § 611a BGB behoben werden. Darin sollen die wesentlichen von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien (z.B. Weisungsgebundenheit, Einbindung in die Organisation des Auftraggebers etc.) gesetzlich niedergelegt werden. Darüber hinaus soll klargestellt werden, dass ein Arbeitsvertrag, unabhängig von der Bezeichnung und dem formalen Inhalt des Vertrages, vorliegt, wenn dies der tatsächlichen Vertragsdurchführung entspricht. Bei einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung sollen der vorgebliche Werkunternehmer und sein Auftraggeber, auch bei tatsächlicher Vorlage einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (siehe dazu auch unser Tipp Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung), nicht bessergestellt werden als derjenige, der unerlaubt Arbeitnehmerüberlassung betreibt.
Ob die geplanten Neuregelungen dem eigenen Anspruch an die Klarheit der Regelung gerecht werden, bleibt abzuwarten. Der bisher geplante Wortlaut lässt jedenfalls weiterhin Interpretationen zu. Insbesondere vor dem Hintergrund des „Equal Pay“ – Grundsatzes erscheint die Frist von 18 Monaten als geradezu irrelevant. Die durch Arbeitnehmerüberlassungen gewonnene Flexibilität endet aus wirtschaftlichen Gründen regelmäßig schon nach 9 Monaten, da zu diesem Zeitpunkt die überlassenen Arbeitnehmer wie die eigenen Arbeitnehmer zu vergüten sind und zu diesem Entgelt zusätzlich die Gebühr des Entleihers zu tragen ist. Im Ergebnis könnte die Regelung dazu führen, dass zumindest in der Call- und Contact-Center Branche die Fluktuation im Bereich der Zeitarbeitskräfte erheblich steigt, da bereits nach 9 bis 12 Monaten eine Entscheidung über den Verbleib oder den Austausch des Mitarbeiters getroffen werden muss. Eine darauf ausgerichtete Planung der Aus- und Weiterbildung könnte sich auch negativ auf die Qualifikation der Mitarbeiter und deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt auswirken.
– Felix Prömel (Junior Berater)
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