Oft finden wir, gerade im Dienstleistungsbereich, die Rollen des Qualitäts- und des Trainingsverantwortlichen in ein und derselben Position vereint. Fest verankert ist weitläufig auch der Glaube, dass Schulungen und bestenfalls Mitarbeitercoachings die eigentlichen Mechanismen des Qualitätsmanagements sind, da doch die Qualität der Mitarbeiter (also die Kenntnisse und Fähigkeiten) der alles entscheidende (oder gar einzige) Faktor für die Gesamtqualität sein muss.
Natürlich kann man beide Verantwortlichkeiten in einer Rolle zusammenführen, sollte sich aber dabei der folgenden Faktoren bewusst sein:
Qualität im Customer Service umfasst mehr als die Performance einzelner Mitarbeiter. Und gerade als Inhouse-Servicebereich hat man durch ein strukturiertes Qualitätsmanagement die Chance, die Customer Experience ganzheitlich zu betrachten und auch Prozesse und Systeme kontinuierlich zu verbessern. Ein guter Qualitätsmanager bringt die Methodenkompetenz mit, sämtliche Performanceaspekte zu beleuchten, die richtigen KPIs zur Messung von Qualität und Effizienz zu definieren und auch für operative KPIs effektive Verbesserungsmaßnahmen abzuleiten. Nur wenn man davon ausgeht, dass die eigenen Mitarbeiter das einzig zu Verbessernde sind, beschränkt man Qualitätssicherung und -Maßnahmen nur auf diese. Ist das wirklich Ihre Überzeugung in Bezug auf Ihren Customer Service?
Zum anderen besetzt man bei der Zusammenlegung beider Gebiete die Stelle mit einer Person, die ihren Fokus aufgrund ihrer Expertise und damit eingehenden Komfortzone ganz intuitiv auf nur einen der beiden Bereiche legen wird. Bestenfalls hat man dann einen Qualitätsmanager, der Schulungen als eine von vielen Verbesserungsmethoden betrachtet, aber nicht unbedingt die didaktische Kompetenz innehat, um die Schulungsmaßnahmen optimal zu gestalten, oder – was aufgrund des Bewerbermarktes weit wahrscheinlicher ist – einen Trainingsmanager, der zwar gute Schulungs- und Coachingsmaßnahmen sicherstellt, jedoch weder eine tiefgehende Root Case Analyse erstellen noch effektive Verbesserungsmaßnahmen erarbeiten kann, die nicht ausschließlich auf die Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter abzielen. Im letzten Fall investiert man allzu oft in ausgeklügelt gestaltete Schulungsmaßnahmen, die dann doch ihre Wirkung verfehlen – es gibt ja niemanden, der die langen Trainingszeiten für neue Mitarbeiter hinterfragt oder durch methodische Analyse die tatsächlichen Verbesserungsbereiche identifiziert.
Es ist einfach so, dass für Qualität zum einen und Training zum anderen ganz unterschiedliche Kompetenzprofile notwendig sind, und man daher im industriellen Umfeld auch klar in separaten Rollen unterscheidet, wer Qualitätssicherung (Einhaltung von Normen, Prüfung der Produktqualität) und wer Mitarbeiterentwicklung (eigentlich ein HR-Prozess) verantwortet. Dabei sind auch im Customer Service ganz unterschiedliche Typen für jedes der Profile gefragt – überspitzt gesagt:
Wie würden Sie reagieren, wenn ich behaupte, ein Chemielehrer kann auch Kunst unterrichten (da gibt es doch Gemeinsamkeiten, auch in der Malerei vermischt man Stoffe, in diesem Fall Farben, zu etwas Neuem!), oder ein Musiklehrer automatisch auch Mathe (na klar, mathematische Formeln und Notenblätter sehen doch irgendwie ähnlich aus, oder?). Sicher schütteln Sie jetzt mit dem Kopf. Training und Qualität sind zwei unterschiedliche Disziplinen, jede für sich enorm wichtig für Ihren Customer Service. Erlauben Sie jeder von ihnen die notwendige Beachtung!
Aneta Kleinteich – Senior Beraterin
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