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Tipp KW 43 – 2018

Internetseiten sind für die meisten Menschen heute neben den sozialen Medien eines der wichtigsten Informations- und Kommunikationsmedien mit Unternehmen.

Waren diese Seiten bis Mitte der 2000 Jahre noch recht statisch, so haben auf den meisten Firmenseiten in den letzten Jahren immer mehr dynamische Inhalte Einzug genommen. Da gibt es Spezialangebote nur in einem speziellen Zeitfenster und abhängig vom jeweiligen Endgerät, mit dem darauf zugegriffen wird, Kontaktkanäle wie Chat oder Telefon werden entsprechend der Uhrzeit oder Verfügbarkeit der Mitarbeiter ein- oder ausgeblendet.

Doch was ist eigentlich der nächste Schritt? Wie stellen sich Firmen auf die weiter zunehmende Individualisierung der Kunden ein?

Anhand eines Beispiels möchte ich dies einmal verdeutlichen:

Ich bin mittlerweile seit mehr als 8 Jahren Kunde meines Mobilfunkunternehmens. Egal wann ich die Webseite oder den Self-Service Bereich aufrufe, sieht dieser vollkommen identisch mit dem aus, was mein Nachbar zu sehen bekommt, wenn er die Seite zur gleichen Zeit aufruft.

Um nun eine Vertragsverlängerung durchzuführen, muss ich mich erst wieder umständlich durch Untermenüs klicken, bis ich zur entsprechenden Auswahl komme. Bei der Auswahl der möglichen Endgeräte wird mir nun wie allen anderen Kunden auch, eine Liste aller Geräte angezeigt. Eine individuelle Anzeige eines für mich wohl am naheliegendsten Smartphone scheint nur mir in den Sinn zu kommen.

Dass ich seit 8 Jahren eigentlich nur einen einzigen Handyhersteller verwende, scheint für das Unternehmen nicht relevant zu sein. Für mich allerdings schon. Also suche ich nun in der langen Liste an möglichen Optionen nach dem Gerät, welches den gleichen Herstellernamen trägt wie eh und je.

Was ich möchte: Direkt nach dem einloggen eine auf mich zugeschnittene, deutlich sichtbare Option zur Vertragsverlängerung mit dem Handy, das ich am wahrscheinlichsten haben möchte.

Was ich bekomme: Einheitsbrei.

Zwei Paradebeispiele für den individuellen Aufbau der Inhalte sind zum Beispiel Google oder Facebook. Hier gleicht kaum eine Suchanfrage oder ein Newsfeed dem Anderen. Dadurch ermöglichen diese beiden Unternehmen eine individuelle Ausrichtung der Inhalte auf mich und die Bedürfnisse, welche sich anhand meiner vorhandenen und gesammelten Daten ergeben.

Der Facebook Algorithmus würde nie auf die Idee kommen, mir Werbung für Frauenkleidung einzuspielen. Die Webseite aller Modeanbieter startet erfahrungsgemäß immer damit. Natürlich, weil Frauen die wahrscheinlichste Zielgruppe für den Besuch einer solchen Webseite sind. Dabei verraten meine gesammelten Cookie-Daten jedoch bereits, dass ich männlich und im Altersbereich zwischen 29 und 39 bin. Google und Facebook verwenden diese vorhandenen Daten und schaffen damit eine individuelle Ausrichtung der Inhalte für ihre User.

Warum ist es eigentlich sinnvoll, die Webseite und das Self-Service Portal individuell auf den Kunden zuzuschneiden?

Jede Information, welche den Kunden von seinem eigentlichen Ziel beim Besuch einer Webseite ablenkt, ist ein potentieller Grund die Webseite vorzeitig zu verlassen und die relevanten Informationen nicht zu finden oder einen geplanten Kauf nicht abzuschließen.

Je länger ein Kunde nach den für ihn relevanten Informationen suchen muss, umso mehr erhöht sich die Chance, dass er am Ende den einfachsten Weg wählt. Also den Anruf im Kundenservice oder die Nutzung des Chats. Der Kunde wird also durch den statischen Aufbau von Webseiten in den Kanalbruch gezwungen. Dies verursacht zusätzliche Kosten und Aufwände auf Seiten des Unternehmens, um am Ende eine Information zu geben, welche der Kunde bei individueller Ausrichtung der Webseite deutlich kostengünstiger erhalten hätte.

Im telefonischen Bereich gab es in den letzten Jahren immer wieder gute und richtige Ansätze, die Auswahlmenüs entsprechend des wahrscheinlichsten Anrufgrundes eines Kunden auszurichten.

So bietet mir meine Bank heute schon als ersten Auswahlgrund an, meine neue Kreditkarte zu aktivieren, wenn im System die Information vorhanden ist, dass mir in den letzten 4 Wochen eine neue Karte zugesendet worden ist und diese noch nicht aktiviert wurde. Ich muss mir als Kunde also nicht überlegen, unter welchem der 8 Auswahlpunkte dieses Thema versteckt sein könnte. Ich komme damit schneller ans Ziel und kann die Karte dann selbstständig 24/7 aktivieren.

Versuchen Sie dies heute mal im Self-Service Bereich einer Bank.

Die Basis für eine individuell auf den Kunden ausgerichtete Webseite oder ein entsprechendes Self-Service Portal sind wie immer die Zusammenführung aller vorhandenen Daten eines Kunden und die Identifizierung der relevanten Informationen daraus.

Da sich eigentlich alle Unternehmen ohnehin mit diesem Thema beschäftigen, sollten wir in naher Zukunft neben Facebook, Google und Amazon auch die ersten Firmenwebseiten, die anhand der vorhandenen Daten die Inhalte für jeden Kunden individuell ausliefern sehen.

– René Jacobi (Berater)
junokai

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