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Tipp KW 31 – 2016

„Und prüfe, wer sich ewig bindet“ – das Gedicht von Friedrich Schiller sollte auch bei der Suche nach einem passenden Dienstleister das Hauptmotto sein. Auch wenn das Wort „ewig“ im Wirtschaftsumfeld nicht immer eine hohe Halbwertszeit besitzt, so ist das Motto doch in der Dienstleisterbranche und insbesondere auch in der Call Center Branche entscheidend.

Warum? Hat man sich einmal an einen Dienstleister gebunden, so ist ein Dienstleisterwechsel nur mit erheblichem Aufwand an Zeit, Kosten und Performanceeinbußen verbunden. Bei einem Wechsel kann man im Inbound mit mindestens vier bis sechs Monaten rechnen. Im Outbound eher etwas kürzer mit etwa zwei bis drei Monaten Vorlaufzeit. Und wenn man sich tatsächlich zu einem Wechsel entschieden hat, so ist noch lange nicht sicher, dass die Leistung und Performance des neuen Dienstleisters besser als die des Vorgängers ist. Deshalb liegt in der guten Vorbereitung bei der Suche nach einem neuen Dienstleister der Schlüssel für eine gute und auch möglichst lange Zusammenarbeit.

Worauf gilt es zu achten?
Um für sich den richtigen und passenden Dienstleister zu finden, gilt es ein paar entscheidende Themen zu beachten.
Recherchen auf Internetseiten der Dienstleister und Gespräche mit abschlussfreudigen Vertrieblern sind wenig hilfreich bei der Suche. Hier kann jeder schneller, weiter, schöner. Schaut man jedoch genauer hin, folgt schnell die Ernüchterung.

Vielmehr sollte man folgende Kriterien bei der Prüfung berücksichtigen:

  • Größe des Dienstleisters – Wie viele Mitarbeiter arbeiten im Unternehmen?
  • Wie viele Standorte hat der DL und an welchen Standorten wird produziert?
  • Wie sehen die regionalen Gegebenheiten, zum Beispiel hinsichtlich der regionalen Arbeitsmarktsituation aus – können in ausreichender Zeit genügend Mitarbeiter rekrutiert werden?
  • Hat der DL am Standort genügend Möglichkeiten, um Kapazitäten zu erhöhen, wie Platz, IT-Infrastruktur, Arbeitsplätze etc.?
  • Mit wem muss ich sprechen, wenn es Probleme und Eskalationen gibt.
  • Bin ich als Kunde groß genug, dass der Dienstleister sich intensiv und schnell um Lösungen bemüht?

In der Regel gilt, je größer der Dienstleister, desto langwieriger können Abstimmungen insbesondere bei kommerziellen Klärungen dauern.

Ebenfalls von Relevanz ist die Eigentümerstruktur: Ist der Dienstleister inhabergeführt, Teil einer Private Equity Gesellschaft, Teil eines nationalen oder internationalen Konzerns?
Diese Aspekte können von Bedeutung bei Fragestellungen der wirtschaftlichen Situation und Liquidität des Dienstleisters und darüber hinaus ebenfalls bei kommerziellen Themen sein.
Verfügt der Dienstleister über ausreichend Mittel um zum einen für den Kunden, insbesondere jedoch auch aus Eigeninteresse, Investitionen in die Zukunft zu leisten. Besitzt der Dienstleister nachweisliche Branchen- und Fachkompetenz?

Wie sehen die Strukturen und Kapazitäten in den Support-Bereichen wie Training, IT, Qualitätsmanagement, Reporting aber auch hinsichtlich der Kundenbetreuung aus? Ist sichergestellt, dass Qualitätsmaßnahmen, Prozessänderungen oder Schulungsmaßnahmen zügig und gut durch die gesamte Organisation bis hin zum Agenten durchgeführt werden? Und nicht zuletzt: Ist der Dienstleister und seine Center zertifiziert und auditiert?

Ein strukturiertes Vorgehen zur Klärung und Abarbeitung der oben beschriebenen Punkte ist notwendig. Dazu gehört auch, sich die Center vor Ort anzuschauen bzw. zu auditieren und sich ein eigenes Bild zu machen.
Weitere Fragen sind:

  • Wie sehen die Arbeitsplätze der Agenten aus?
  • Gibt es ausreichend Platz? Wie ist das Center eingerichtet?
  • Wie sehen die Trainingsräume aus und gibt es ausreichend Schulungsräume?

Grundsätzlich empfiehlt es sich bei der Suche nach dem für sich passenden Dienstleister, im Rahmen einer geplanten oder bereits laufenden Ausschreibung, Unterstützung von Fachleuten einzuholen, die den Dienstleistermarkt intensiv kennen. Dadurch können bereits im Vorfeld Informationen und Erfahrungen über Dienstleister eingeholt werden und eine erste Vorauswahl getroffen werden, so dass der Auswahlprozess effizient und qualitativ hochwertig erfolgen kann. Dieses Vorgehen verhindert die Gefahr, dass es im Nachgang einer Dienstleisterauswahl zu unerfreulichen Überraschungen kommt.

– Jürgen Marx (Berater)
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