In Zeiten von Corona bedingter Kurzarbeit und zunehmender Digitalisierung stellen sich Unternehmen immer öfter die Frage, wie viele Personalressourcen in der Zukunft benötigt werden. Und mit welchen Bestandsmitarbeitern das Geschäftsmodell nachhaltig weiterentwickelt werden kann.
Grundsätzlich gilt es, zukünftig die Kernfunktionen des Personalmanagements stärker mit der betrieblichen Leistungserstellung eines Unternehmens zu verknüpfen und die Arbeitsergebnisse hinsichtlich des Outcomes, der Qualität und der Performance kontinuierlich zu hinterfragen. Die oft beschriebenen Veränderungen in Gesellschaft und Business erfordern auch in der Personalentwicklung (PE) neue Konzepte. Individuelle Personalentwicklung ist zudem ein an Bedeutung gewinnender Baustein in der Mitarbeiterbindung.
Derzeit sind nur vereinzelt ganzheitliche Systeme zur Messung und Steigerung der Wertschöpfung der Mitarbeiter im Einsatz. In der Regel wird versucht, im Rahmen von jährlichen Beurteilungsgesprächen das Potenzial des Mitarbeiters zu messen. Dies erfolgt dann über die subjektive Einschätzung der direkten Führungskraft. Diese klassischen Mitarbeiterbeurteilungen sind jedoch meistens nicht aussagekräftig genug. Es gilt Maßnahmen in der Personalentwicklung zu entwickeln, die eine transparente sowie leistungs- und potenzialorientierte Förderung der Mitarbeiter ermöglicht.
Human Resource Portfolio (HRP)
Wir möchten heute auf eine Methode eingehen, welche die Potenziale und Stärken der Mitarbeiter*innen richtig analysiert, um anschließend effektive und individuelle Maßnahmen abzuleiten. Zudem ist es wichtig zu wissen, wie viele Mitarbeiter*innen tatsächlich notwendig sind, wenn sie einerseits die fachlichen, methodischen Voraussetzungen und andererseits die Erwartungen aus Sicht des Unternehmens (Produktivität, Qualität, etc.) erfüllen. Gemeint ist die Analyse des Human Resource Portfolio, kurz HRP. HRP selbst wird oft auch als qualitative Personalbedarfsmessung beschrieben, also als Ergänzung zur Ermittlung des quantitativen Ressourcenbedarfes, z. B. aus einem Forecast-Prozess. Mitarbeiter*innen, welche die Anforderungen in ihrem aktuellen Job nachhaltig erfüllen und aktiv an der Wertschöpfung beteiligt sind, werden automatisch den Personalbedarf reduzieren. Denn oft werden heute Ressourcenberechnungen anhand von qualitativen Untererfüllungen und Minderleistungen durchgeführt (z. B. überdurchschnittliche Abwesenheiten, begrenzte Flexibilität, geringer Outcome, schlechte Qualität). Das heißt, es werden Minderleistungen einer mittlerweile nicht mehr kleinen Mitarbeitergruppe als gegebene Planungsparameter dauerhaft im Kapazitätsmanagement verarbeitet. Eine Ausrichtung am Soll findet nur noch selten statt.
Zielstellungen von HRP
Ziel der Human-Resource-Portfolio-Analyse (HRP) sind valide Aussagen über die Stärken und Schwächen in der Personalstruktur. Diese sind die Basis für eine gezielte und nachhaltige Anpassung der Personalzusammensetzung und Personalkostenoptimierung.
Die Ziele im Einzelnen:
HRP hat dabei zwei Dimensionen: a) die Leistung und b) das Potenzial eines Mitarbeiters. Ziel ist es, über diese beiden Dimensionen einerseits die bisherigen Faktoren in der Leistungserbringung als auch die zukünftigen Faktoren zu kennen und zu bewerten.
Zur Erzielung von validen und objektiven Aussagen werden unternehmensindividuell Bewertungskriterien für die Betrachtungsebenen „Leistung“ und „Potenzial“ definiert und gewichtet. Die Kriterien sind subjektiv (zum Beispiel die strukturierte Bewertung durch die direkte Führungskraft) und objektiv (zum Beispiel die Bedeutung für die Wertschöpfung, Leistungskennzahlen, die Betriebszugehörigkeit, die erforderlichen Qualifikation, die fachlichen und sozialen Skills und Kompetenzen oder der bisherige berufliche Werdegang innerhalb und außerhalb des Unternehmens).
Die Auswertungen der Analyse liefern die Basis für den mit der Geschäftsleitung abgestimmten Maßnahmen- und Umsetzungsplan (z. B. die Anpassung des Personalbestandes, die Modifizierung des Personalentwicklungskonzeptes). Wichtig ist es, bereits im Rahmen der ersten Durchführung die organisatorischen Rahmenbedingungen für eine kontinuierliche Analyse (Empfehlung: mindestens jährlich) zu schaffen. Die Human-Resource-Portfolio-Analyse ist ein Instrument, mit dem sich Transparenz über die Leistungsfähigkeit und die Potenziale der Mitarbeiter*innen herstellen lässt. Diese Transparenz ermöglicht einen fairen Umgang mit den Mitarbeitern*innen im Rahmen von Personalentwicklungs- und Veränderungsprozessen. Durch die konsequente Umsetzung von individuellen Handlungsmaßnahmen kann gezielt die Wertschöpfung einzelner Mitarbeiter*innen gesteigert werden. So wird langfristig die Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter*innen als auch eine Bindung an den Arbeitgeber sichergestellt.
Fazit: Steigende Kosten durch eine hohe Fluktuation und durch permanentes Recruiting lassen sich mittels HRP nachhaltig senken. Außerdem werden fehlende oder erweiterbare Skills transparent gemacht, die man einerseits outsourcen oder andererseits im Rahmen der Personalentwicklung gezielt implementieren kann. Die Gesamtperformance der Belegschaft steigt und die Mitarbeiterzufriedenheit wächst aufgrund der sehr individuellen Förderung.
HRP erscheint zunächst zeitaufwändig und komplex. Jedoch sind die nachweislich zu erzielenden Effekte mehr als lohnend.
Jens Mühlberg – Partner im Beraternetzwerk von
junokai