Wie gut ist Ihr Geschäftsprozess-Management? – Die aktuelle Corona-Pandemie war und ist der Stress-Test für Ihre betriebliche Abläufe, insbesondere auch im Bereich Customer Service. Denn gerade in diesem Unternehmens-Bereich hat sich je nach Branche vieles stark verändert.
So sind die Kundenerwartungen in Bezug auf die Qualität, Schnelligkeit und Flexibilität Ihres Customer Service nach wie vor sehr hoch, die Kunden möchten auch in diesen bewegten Zeiten schnelle, präzise und kundenorientierte Antworten auf die Fragen.
Gleichzeitig haben sich die Umstände, in denen diese wichtigen Prozesse von Ihren Mitarbeitern bearbeitet werden, radikal geändert. Und nein, hier geht es nicht nur um die Umsetzung Ihrer Mitarbeiter vom Geschäftsbüro ins Homeoffice – es geht vor allem um die Schnelligkeit der Anpassungsfähigkeit Ihrer Organisation und die Nachhaltigkeit dieser Anpassungen.
Und noch ein weiterer Aspekt spielt eine Rolle. Der nun weiter gewachsene wirtschaftliche Druck im Angesicht einer wirtschaftlich stagnierenden Phase erhöht die Notwendigkeit von internen Kostenoptimierungen, vor allem in den personalintensiven Bereichen des Customer Service.
Die Corona-Pandemie hat dem Customer Service vor allem eines gebracht: Veränderungen, die sonst Jahre gedauert hätten, reduzieren sich nun auf ein paar Wochen. So musste innerhalb von kurzer Zeit viel geschehen, um den Ereignissen gerecht zu werden, z.B.:
Und: Für all diese operativen Herausforderungen mussten natürlich auch Abläufe, Verantwortlichkeiten und Prozesse angepasst, dokumentiert und kommuniziert werden.
Wer hier im Vorfeld in die Prozess-Welt des eigenen Unternehmens investiert hatte, konnte die plötzlichen notwendigen Maßnahmen wohl unbestritten besser, schneller und effizienter bewältigen als Organisationen mit einer weniger ausgeprägten Prozessorientierung.
Die Maßnahmen zum Managen dieser Corona-Pandemie sind aber nur eine Blaupause für künftige, möglicherweise auch disruptive Veränderungen, die Anpassungen in den Geschäftsprozessen notwendig machen werden.
Aber wie darauf vorbereiten?
Folgende Punkte umreißen die wichtigsten Punkte auf der Agenda hin zu einem prozessorientierten Unternehmen:
Strategie
Nur wer die Abläufe seiner Organisation genau kennt, ist in der Lage, die genauen Stellen zu identifizieren, an denen ein Einsatz einer digitalen Innovation einen wirklichen Nutzen bringt.
Der Einsatz von Software wird oft als Heilsbringer für viele Probleme angepriesen. Was zu oft unterschätzt wird, ist die Tatsache, dass IT-Projekte große personelle und finanzielle Ressourcen binden, ohne dass der ROI langfristig nachweisbar ist.
Wenn noch keine Prozesse dokumentiert sind, macht der Einsatz z.B. einer Process-Mining Software keinen Sinn. Denn man kommt nicht umhin, die eigenen Prozesse zunächst einmal zu definieren, aufzunehmen und zu dokumentieren.
Mensch und Führung:
Wenn im Unternehmen nach einem erfolgreichen Projekt zur Definition, Aufnahme und Dokumentation der Geschäftsprozesse weiterhin Anweisungen des Managements erfolgen, die den definierten Vorgehensweisen widersprechen, so wird allen Mitarbeitern deutlich suggeriert, das die definierten Vorgehensweisen nicht das Maß des Handelns bedeuten. Wenn bei wiederholtem Vorgehen der handelnden Mitarbeiter außerhalb der definierten Prozesswege seitens der Führung nicht interveniert wird, so verfestigt sich der Eindruck der Mitarbeiter, dass das Handeln nach Prozessen keine Priorität hat und wird entsprechend nicht beachtet werden.
Wenn die Verantwortung für die Prozessorientierung des Unternehmens in einer Hand liegt und auch mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet ist, so ist das ein deutliches Zeichen und ein entscheidender Erfolgsfaktor.
Eine Führungskraft nimmt im Rahmen seiner Personalverantwortung verschiedene Rollen ein. So ist ein Teamleiter einmal ein Vorgesetzter, dann ein Coach und in einer weiteren Situation ein Teammitglied. Oder ein Direktor ist in der Rolle als Vorgesetzter, Richtungsweiser und auch Teammitglied tätig. Der Mitarbeiter ist als Teammitglied, Coach, Vorschlaggeber oder gar auch als Entscheider in verschiedenen Situationen tätig. Es gilt in den verschiedenen Rollen das optimale Umfeld zu schaffen, um eine Kultur der ständigen Verbesserung zu fördern, die auch von den eigentlichen Know-How-Trägern mitgetragen wird, nämlich von den operativen Mitarbeitern.
Die operativen Mitarbeiter der Basis haben das größte Know-How und tragen damit das größte Potential, die Geschäftsprozesse kontinuierlich zu verbessern. Dieses muss Teil der Philosophie sein und in entsprechenden Vorgehensweisen verankert sein.
Kunde und Markt
Nur wenn der Kunde weiß, warum z.B. im Vorfeld der telefonischen Kommunikation eine IVR-Funktionalität vorgeschaltet ist und was sein Nutzen daraus sein kann, trägt dieser diese Vorgehensweise positiv mit.
Ein Unternehmen kann eine Dienstleistung nur schwerlich anbieten, wenn diese nicht zu den vorhandenen Kompetenzen und Strukturen passen und damit prozessual nicht sinnvoll abbildbar sind. Dann lieber mit den bestehenden Ressourcen in den abbildbaren Dienstleistungen eine Exzellenz entwickeln..
Dokumentation und Verfügbarkeit:
Prozesse sollten in einfacher Struktur, mit klaren kurzen Sätzen oder mit Visualisierungen verdeutlicht werden, so dass sie auf in kurzer Zeit vom Leser erfasst werden können.
Jeder Mitarbeiter sollte jederzeit von seinem elektronischen Arbeitsplatz aus auf die definierten Prozesse zugreifen können, um die optimale prozesskonforme Bearbeitung der Kundenanliegen zu gewährleisten.
Die Prozesse müssen modular aufgebaut werden mit abgeschlossenen Bearbeitungsschritten, die optional veränderbar sind. So können Änderungen in der Vorgehensweise einfach und schnell eingearbeitet werden, ohne dass der gesamte Prozess von Grund auf in Frage gestellt werden muss.
Wer sich im Unternehmen mit Operations-Management beschäftigt, der kann die Aussage von Marie Curie nur unterstreichen:
„Man merkt nie, was schon getan wurde, man sieht immer nur, was noch zu tun bleibt“.
Sie bezeichnet den ständigen Wandel und die Notwendigkeit der laufenden Anpassung und zeigt zugleich auf, wie unbequem und aufwendig ein nachhaltiges Geschäftsprozessmanagement sein kann. Aber die Mühe lohnt sich. Gute Prozesse bedeuten:
Strategisches Ziel ist also ein prozessualer kontinuierlicher Verbesserungsprozess, bei dem Silo-Strukturen und Hierarchien nicht mehr die Entwicklung neuer Ideen behindern und die Verantwortung für Ergebnisse und Leistungen „end to end“ bei den Mitarbeitern und Teams verankert werden.
Michael Fürst – Berater
junokai