In dem heutigen Tipp der Woche geht es darum, mit Bot-Dialogen eine gute Gesprächssteuerung abzubilden, welche zum einen effizient funktioniert und gleichzeitig vom Nutzer als angenehm wahrgenommen wird.
Turn-Taking
Wie im letzten Tipp der Woche zu Conversational Design bereits vorgestellt, werden ausgeglichene Gesprächsanteile von Nutzern positiv empfunden. Um diese Balance zu halten bzw. zu steuern, gibt es eine Vielzahl von Gesprächsteuerungs-Hilfsmitteln.
Beispiel 1:
User: „Hallo XXX, welche Services bietest Du an?“
Bot: „Ich kann Dir allgemeine Informationen zu junokai geben oder einen individuellen Gesprächstermin mit einem unserer Berater organisieren.“
Damit ist der Dialog theoretisch abgeschlossen. Man kann jedoch mit der Ergänzung einer Rückfrage weiteres Engagement des Kunden einfordern und diesen somit im Dialog halten.
Beispiel 2:
User: „Hallo XXX, welche Services bietest Du an?“
Bot: „Ich kann Dir allgemeine Informationen zu junokai geben oder einen individuellen Gesprächstermin mit einem unserer Berater organisieren. Ist eine der Punkte für Dich interessant oder suchst Du nach etwas anderem?“
Solche Rückfragen sind zudem hilfreich, um dem Nutzer bei einer Unsicherheit zu signalisieren, dass er nun etwas sagen oder schreiben soll. Gerade in dem Beispiel ist zudem die Frage nach „etwas anderem“ wichtig, um mögliche weitere Einsatzpunkte für einen Bot zu identifizieren, wo derzeit kein Service über den Bot verfügbar ist.
Barge-In
Dieses Element ist allein für Voice-Bots relevant und kann frei mit „ins Wort fallen“ übersetzt werden. Obgleich dieses im Mensch-zu-Mensch Dialog generell als negativ, unverschämt oder respektlos empfunden wird, hat es bei einer Bot-Mensch Kommunikation den gegenteiligen Effekt.
Beispiel 2:
User: „Hallo XXX, welche italienische Restaurants haben in meiner Region gerade auf?“
Bot: „In Deiner Region haben zehn italienische Restaurants auf. Das ‚Da Carlo‘, das „Sicilia‘, das ‚Da Gianni‘, das…“
User: „Gianni klingt gut – reserviere mir bitte einen Tisch für vier in 30 Minuten“
Wir geben dem Nutzer mit einer Barge-In Option die Möglichkeit innerhalb der Antwort des Bots reinzugrätschen und den Bot somit zu unterbrechen. Das erspart ihm in dem Beispiel noch weitere sieben Restaurants namentlich genannt zu bekommen und spart ihm damit Zeit. Jetzt könnte man meinen, die Barge-In Option permanent mitlaufen zu lassen ist eine gute Idee, aber das hat auch entscheidende Nachteile, denn mit dieser aktivierten Option „spitzt“ der Voice Bot auch permanent seine Ohren und Nebengeräusche wie Kinder, TV oder Lärm lassen dann den Bot ungewollt unterbrechen.
Barge-In sollte man daher gezielt auf folgende Elemente anwenden:
Wo sollte man Barge-In nicht anwenden:
Tapering
Hierbei geht es darum wiederkehrende Informationen so weit zu reduzieren als auch zu variieren, so dass der Nutzer dennoch alle wichtigen Daten bekommt.
Beispiel 3 (ohne Tapering):
User: „Was kostet das Fahrradmodell San Remo?“
Bot: „Das Fahrradmodell San Remo kostet 1.000 Euro zuzüglich 19% d.h. 190 Euro Mehrwertsteuer und 50 Euro für den Versand, also in Summe 1240 Euro.“
User: „Und was kostet das Fahrradmodell Monaco?“
Bot: „Das Fahrradmodell Monaco kostet 1.200 Euro zuzüglich 19% d.h. 228 Euro Mehrwertsteuer und 50 Euro für den Versand, also in Summe 1.478 Euro.“
User: „Und was kostet das Fahrrad Modell Roma?“
Bot: „Das Fahrradmodell Roma kostet 800 Euro zuzüglich 19% d.h. 152 Euro Mehrwertsteuer und 50 Euro für den Versand, also in Summe 1.002 Euro.“
Beispiel 4 (mit Tapering):
User: „Was kostet das Fahrrad Modell San Remo?“
Bot: „Das Fahrradmodell San Remo kostet 1.000 Euro zuzüglich 19% d.h. 190 Euro Mehrwertsteuer und 50 Euro für den Versand, also in Summe 1.240 Euro.“
User: „Und was kostet das Fahrrad Modell Monaco?“
Bot: „Das Fahrradmodell Monaco kostet 1.200 Euro. Inklusive Mehrwertsteuer und Versand sind es dann 1.478 Euro“
User: „Und was kostet das Fahrrad Modell Roma?“
Bot: „Das Fahrradmodell Roma kostet alles inklusive 1.002 Euro“
Beispiel 4 ist deutlich angenehmer und kommt der menschlichen Kommunikationsweise deutlich näher.
Jenga-Technik
Im bekannten Spiel Jenga geht es darum, aus einem von vielen Einzelelementen gebauten Holzturm diese Elemente nach und nach zu entfernen, ohne dass der Turm kippt. Ähnlich sieht es auch bei dieser Technik im Rahmen von Conversational Design aus.
Hintergrund: Unser Gehirn benötigt ca. 250 Millisekunden um ein Wort zu verarbeiten, d.h. um 100 Worte zu lesen und zu verarbeiten werden 25 Sekunden benötigt. Das bedeutet in diesem Fall, dass ich durch Einsparung von 50 Worten 12,5 Sekunden „Gesprächszeit“ mit dem Bot spare und obgleich diese Zeit für ihren Kundenservice keine Kosten verursacht, bedeutet es für den Kunden andererseits investierte Zeit, welche er auch gerne spart, wenn trotzdem das gewünschte Ergebnis erreicht wird.
Beispiel 5 (vor Jenga):
„Wenn man etwas in einen informativen Text schreibt, steckt man oftmals viele Gedanken hinein und ehe man sich versieht, hat man etwas geschrieben, was viel zu lang ist und deutlich kürzer hätte ausfallen können. Daher ist es immer eine sehr gute Idee, einen Schritt zurückzumachen und sich das zuerst geschriebene anzuschauen und zu prüfen ,welche Worte eliminiert werden können. In den meisten Fällen kann man in etwa 50 Prozent der Worte einsparen, ohne den Sinn zu verlieren. Diese zusätzlichen Worte sind für das Verständnis des Inhalts vollkommen überflüssig.“
Beispiel 6 (nach Jenga):
„Wenn man etwas schreibt, was viel zu lang ist
kann man 50% der Worte einsparen. Diese
Worte sind überflüssig.“
In diesem Beispiel sind es deutlich über 50% Einsparung und dennoch ist der Inhalt intakt.
Discourse Marker
Mit Discourse Markern möchte man Nutzern im Rahmen Conversational Design Auswirkungen von benötigten Daten erläutern und so diese Informationen von ihnen erhalten.
Beispiel 7 (ohne Discourse Marker):
User: „Bitte füge die Jeans zu meinem Warenkorb dazu“
Bot: „Ich benötige eine Größenangabe.“
Beispiel 8 (mit Discourse Marker):
User: „Bitte füge die Jeans zu meinem Warenkorb dazu“
Bot: „Ich benötige Deine Größe, da ich sonst die Bestellung nicht abschließen kann. Gerne kann ich auf Basis Deiner bisherigen Bestellungen einen Vorschlag für dieses Modell machen. So wirst Du die passende Größe erhalten und wir vermeiden unnötigen Kosten für Retouren und schonen dabei auch die Umwelt“
Beispiel 9 (ohne Discourse Marker):
User: „Buche mir bitte für morgen 8 Uhr ein Zugticket von Berlin nach München“
Bot: „OK, erledigt. Willst Du eine Sitzplatzreservierung?“
Beispiel 10 (mit Discourse Marker):
User: „Buche mir bitte für morgen 8 Uhr ein Zugticket von Berlin nach München“
Bot: „OK erledigt. Ich empfehle eine Sitzplatzreservierung zu tätigen, da dieser Zug bereits sehr stark ausgelastet ist und daher morgen ein freier Sitzplatz vermutlich nicht verfügbar sein wird. Ich kann gerne jetzt nach freien Plätzen für Dich suchen.“
Wie man einfach erkennen kann, wirken Beispiele 8 und 10 deutlich freundlicher und vor allem überzeugender, die genannten Services zu nutzen.
Fazit
Gezieltes Entwickeln von Conversational Design Dialogen mit Hilfe von den hier vorgestellten Gesprächstechniken zur Gesprächssteuerung können das Bot-Kundenerlebnis und damit auch die Nutzungsrate deutlich verbessern.
Dabei muss nicht zwingend jede der Techniken in jedem Prompt oder Dialog genutzt werden – ein gesunder Mix von unterschiedlichen Elementen sowie die Prüfung durch nicht beteiligte Dialogtester ist aber in jedem Fall ratsam.
Im nächsten Tipp der Woche zu Conversational Design werden wir uns dann den Fehlertypen bei Bot-Dialogen widmen und wie wir bzw. der Bot am besten damit umgeht.
Carlos Carvalho – Senior Berater
junokai