Struktur einer BPO Partnerschaft
Die ersten beiden Teile der Reihe „Die Veränderung im Outsourcing des Kundenservice“ haben die Historie, die Entwicklung und die neuen Outsourcing- und Abrechnungs-Modelle beleuchtet.
Teil 1: Die Herausforderung
Teil 2: Die neue Art der Partnerschaft
In diesem dritten und letzten Teil soll beschrieben werden, wie die Struktur einer solchen ganzheitlichen BPO Partnerschaft aussehen kann und sollte. Diese Struktur beinhaltet die nachfolgenden, maßgeblichen Elemente:
Auch wenn wir über eine Partnerschaft sprechen und sich aus den vorherigen Ausführungen ergibt, dass diese Partnerschaft sehr stark auf das gegenseitige Vertrauen aufbaut, ist eine gemeinsam vereinbarte Steuerungsstruktur, oder auch Governance Model genannt, absolut notwendig.
In dieser Struktur werden die unterschiedlichen Gremien für die operative, bis hin zur strategischen, Steuerung festgelegt. Dabei geht es im täglichen und wöchentlichen Austausch um die operativen Kennzahlen und KPIs, die Vertriebszahlen oder anstehende kurzfristige Maßnahmen.
Mittelfristige Ziele und Aktivitäten, wie Marketing-Kampagnen etc., werden in den monatlichen Management Steuerungsrunden abgestimmt. Strategische Veränderungen, wie die Anpassung der Kanalstrategie, Budgetthemen oder notwendige Vertragsänderungen werden in einem viertel- oder halbjährlichen Executive Board besprochen und beschlossen.
Bei dem Übergang zur BPO Partnerschaft ist die Festlegung des zukünftigen operativen Models elementar. Auftraggeber und Dienstleister haben häufig sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, wie dieses zukünftige Model aussehen soll. Zum einen kommt es darauf an, welche Ausgangssituation beim Eingang in die BPO Partnerschaft vorliegt. Werden existierende Call Center und Dienstleisterverträge übernommen, wie konsolidiert oder verteilt sind die Standorte, wie ist die Kostenstruktur und viele Fragen mehr. Zum anderen ist es im Hinblick auf die Ziele der Zusammenarbeit, also Optimierung der Customer Experience, Steigerung der Servicequalität und Kundenzufriedenheit sowie nicht zuletzt die Reduktion der Kosten, wichtig, dass trotz der Übernahme der Verantwortung für den Kundenservice durch den Dienstleister, das operative Modell gemeinsam verabschiedet wird. Denn auch hier müssen die Interessen der beiden Parteien im Sinne einer partnerschaftlichen Vereinbarung gleichermaßen berücksichtigt werden.
Der nächste und wahrscheinlich wichtigste Teil ist die Überführung aus der heutigen in die zukünftige Organisation. Hierbei geht es darum, die Mitarbeiter mit auf die Reise zu nehmen. Den betroffenen Mitarbeitern müssen die Beweggründe, die Ziele und auch die Vorgehensweise dieser Überführung bekannt und nachvollziehbar sein. Daher ist ein möglichst frühzeitiger Beginn der Kommunikation, so offen und transparent wie möglich, anzustreben. Ich denke, allen ist bewusst, dass dies bei allen Veränderungen wohl immer der schwierigste Teil ist. Daher sind hier besondere Bemühungen notwendig.
Neben dem Change-Management für die Mitarbeiter und für die Organisation ist die rein technische Überführung ebenfalls zu organisieren. Übergabe der IT Systeme, Zugangs- und Zugriffsberechtigungen, Lohnabrechnungen, Vertragsübergaben und -umschreibungen uvm. müssen in einem Projektplan definiert werden.
Die Überführung war erfolgreich, wenn der Endkunde von den Veränderungen nicht betroffen ist und der Betrieb reibungslos weiterläuft.
Der nächste Schritt allerdings soll zu einer spürbaren Verbesserung der Kundenerfahrung führen.
Zentrales Element im Rahmen der Vereinbarungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer muss ein Entwicklungs- und innovations-Programm sein. Dieses Programm ist entscheidend für die zukünftige Ausrichtung des Kundenservice. Hier werden die Maßnahmen und Projekte definiert, die auf die Ziele der Partnerschaft einzahlen und deren Erreichung ermöglichen sollen. Diese Projekte definieren, wie die Customer Journeys ausgestaltet sein sollen, wie die Erstlösungsquote angehoben werden kann, mit welchen Aktivitäten der Vertriebserfolg gesteigert werden kann aber auch welche Maßnahmen zur Reduktion nicht werthaltiger, einfacher Kontakte unternommen werden können und wie die Effizienz z.B. durch kürzere Bearbeitungszeiten zu verbessern ist.
Für dieses Programm muss ein Budget festgelegt werden, welches sich auch in den kommerziellen Bedingungen des Vertrages wiederfindet. Allerdings muss klar sein, dass die einzelnen Programm-Themen und Budgets nicht strikt eingehalten werden können. Der Vertrag muss hier Flexibilität erlauben. Über eine Laufzeit von mehreren Jahren und mit den heutigen Innovationszyklen kann man zu Beginn noch nicht festlegen, welches detaillierte Projekt beispielsweise zur Optimierung der Self Service Quote in drei Jahren angegangen werden sollte. Daher muss es möglich sein, dieses Entwicklungs- und Innovations-Programm über die Laufzeit in beiderseitigem Einvernehmen zu erneuern und zu erweitern, wenn es auf die gemeinsamen Ziele einzahlt.
Bei der Finanzierung dieses Entwicklungs- und Innovations-Programms gibt es unterschiedliche Optionen, von vollständig Auftraggeber finanziert oder Auftragnehmer finanziert, über Mischmodelle, bis hin zu kompletter Fremdfinanzierung. Durch die Langfristigkeit eines solchen BPO Vertrages, dessen Struktur und die kommerziellen Bedingungen, wie im Teil 2 beschrieben, ergeben sich hier jedoch finanzielle Möglichkeiten für den Servicebereich, die vorher im normalen operativen Betrieb so nicht vorhanden waren.
Und nicht zuletzt sollte schon zu Beginn der Partnerschaft darüber nachgedacht werden, was geschehen soll, wenn die Partnerschaft einmal endet, ob vorzeitig, was sich beide Parteien nicht wünschen, oder zum Ende der Vertragslaufzeit. Dabei sind Szenarien wie Vertragsverlängerung, Übergabe an einen anderen Dienstleister oder Rückkauf und Eigenbetrieb zu betrachten. Für jedes diese Szenarien sind im Vertrag Bedingungen und Maßnahmen zu beschreiben.
Eigentlich sollte die Partnerschaft aber so gestaltet sein, dass beide Parteien gerne auch über die Vertragslaufzeit hinaus an der (Über-) Erfüllung der gemeinsamen Ziele arbeiten möchten.
– Sven Beiling (Associate Partner)
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