Unternehmen haben ein Gedächtnis. Ähnlich wie bei einem Individuum kann das Unternehmensgedächtnis mit Wissen angereichert werden, indem es Erfahrungen und Erkenntnisse abspeichert und daraus wichtige Schlüsse zieht. Es kommt jedoch auch vor, dass Unternehmen wertvolles Wissen wieder vergessen. Im Unternehmenskontext geschieht dies in der Regel durch das Abwandern von Wissensträgern, den Mitarbeitern. Möchte man diesem „Brain Drain“ entgegenwirken, ist es unabdingbar, Gelerntes aus Erfolgen und Misserfolgen der Mitarbeiter zu explizieren. Das bedeutet, das Wissen so festzuhalten, dass andere Mitarbeiter darauf zugreifen können. Neben der Tatsache, dass sich das Unternehmen dadurch weiterentwickeln kann, profitieren auch Kunden davon, indem sie bessere Produkte und besseren Service erhalten. Als eine wichtige Methode zur systematischen Wissensanreicherung soll im Folgenden die Handhabung des Lessons Learned vorgestellt werden.
Unter Lessons Learned versteht man schriftliche Aufzeichnungen und das gezielte Sammeln, Bewerten und Verdichten von Erfahrungen, Fehlern und Risiken in Projekten. In zugänglich archivierter Form, zum Beispiel in Form einer Projektdatenbank, dienen sie der Vorbereitung ähnlicher Projekte und Aufgaben. Bei der Sichtung solcher Dokumente über eine Anzahl von Projekten hinweg, lassen sich Ideen entwickeln, die das Projektmanagement einer Organisation verbessern können.
In unseren Tipps der Woche wurde öfters auf den Umstand hingewiesen, dass sich der Kundenservice in einem ständigen Wandel befindet. Kundenerwartungen ändern sich stetig und Unternehmen wenden viel Energie auf, um diesen wachsenden Anforderungen gerecht zu werden. Regelmäßig sollen Projekte sowie kontinuierliche Verbesserungen zum Wohl des Kunden und des Unternehmens beitragen. Lessons Learned können im Rahmen einer integrierten Wissensmanagementstrategie sowie als Teil eines ausgereiften Projektmanagements zum Einsatz kommen.
Lessons Learned finden sinnvollerweise Anwendung bei Beendigung eines Projekts sowie bei Erreichen von Meilensteinen oder Prozessschritten. Die Erhebung erfolgt häufig in Form von Workshops, in denen die Teilnehmer sowohl von positiven, als auch negativen Erfahrungen berichten und diese zur Wiederverwendung im Unternehmen verschriftlichen.
Bei der Durchführung der Workshops empfiehlt es sich, offen mit Fehlern und Risiken umzugehen, denn es geht nicht darum, Schuldige zu finden. Vielmehr steht die Frage im Vordergrund, was man in Zukunft besser machen kann. Es gilt, diese Reviews als Raum für einen gemeinsamen Dialog zu etablieren und eine offene Lernkultur zu institutionalisieren. Darüber hinaus muss eine Kritik nicht immer negativ sein. Erfolgreiche Vorgehensweisen sollen auch in Zukunft Verwendung finden und müssen deshalb genauso bewusst hervorgehoben werden.
Folgende Fragen liefern das Grundgerüst eines Lessons Learned Reviews:
In der beruflichen Praxis stehen die meisten Mitarbeiter dem Problem gegenüber, dass ihnen keine Zeit zur Realisierung von Lessons Learned Workshops bleibt, denn das nächste Projekt oder die nächste Aufgabe warten bereits. Deshalb ist es wichtig, diese Workshops mit Hilfe einer guten Moderation und einer strukturierten Verfahrensweise zeitlich straff zu halten. Es hat sich gezeigt, dass eine maximale Workshopdauer von 2,5 Stunden für die meisten Mitarbeiter vertretbar sind und dabei sehr gute Resultate bringt.
Entscheidend für die erfolgreiche Etablierung von Lessons Learned ist auch das Bewusstmachen des Mehrwertes dieser Methode. Wenn allen Beteiligten klar ist, allen voran der Geschäftsführung, dass die investierte Zeit in Lessons Learned bessere Projektergebnisse liefert und enorme Effizienzpotenziale ausschöpft, finden sich für die Durchführung der Reviews wesentlich leichter notwendige Zeitfenster.
Im Rahmen des Kundenservice sind es häufig die wiederholenden Fehler, die dazu führen, dass Kunden das Vertrauen in das Produkt oder den Service eines Unternehmens verlieren. Die Nutzung von Lessons Learned hat das Potenzial, insbesondere wiederkehrende Fehler mit direkten oder indirekten negativen Kundenauswirkungen zu beseitigen. Somit dient ein gut funktionierendes Unternehmensgedächtnis als Basis für gezielte Optimierungsmaßnahmen und stellt Unternehmen sowie Kunden gleichermaßen zufrieden.
– Jasmin Majetic (Berater)
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