Die Situation kennen die meisten Verantwortlichen im Call Center: Der Head of Finance fordert eine kurze Average Handling Time (AHT), um die Wirtschaftlichkeit des Call Centers zu sichern. Der Head of Customer Experience befürchtet, dass unter einer kurzen Average Handling Time die Kundenzufriedenheit leidet.
Die Argumente gegen eine kurze Average Handling Time sind immer die gleichen: Durch den Druck, möglichst schnell ein Gespräch abzuschließen, bearbeitet der Mitarbeiter Anfragen nur oberflächlich und vernachlässigt den Aufbau einer für die langfristige Bindung notwendigen Beziehung zum Kunden.
Diese Argumentation basiert auf einem sehr eindimensionalen Mitarbeiterbild – einem Mitarbeiter, der nicht abwägen kann und nur ein „entweder-oder“ kennt. Dabei ist der Call Center Agent heute ein umfassend ausgebildeter technischer Experte und Verkäufer, – also ein Multitalent, welches durchaus unterschiedliche Anforderungen abwägen und berücksichtigen kann.
Kaum ein Kunde kontaktiert gerne ein Customer Service Center, aber manchmal ist es einfach unvermeidbar. Somit begeistert man Kunden nicht mit einem 10 Minuten langem, vermeintlich kundenorientierten, Gespräch, wenn die Beantwortung in 2 Minuten erledigt sein könnte. Das Ziel des Customer Service Centers muss es also sein, die Unannehmlichkeit zu minimieren und die Zielorientierung zu maximieren – durch effizienten und lösungsorientierten Kundenservice!
Kommunizieren sie diese Erwartungshaltung an ihre Mitarbeiter und bewerten sie die Average Handling Time mit der gleichen Wertigkeit wie alle anderen Faktoren zur Kundenzufriedenheit. Dann werden die Mitarbeiter die optimale Balance zwischen AHT und Kundenservice finden.
Die Messung der Effizienz der Mitarbeiter und ihrer Produktivität bleibt von enormer Wichtigkeit für die Wirtschaftlichkeit eines Call Centers – sie darf nur nicht im Widerspruch zur Kundenbeziehung stehen.
– Stefan Johannsen (Berater)
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