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Tipp KW 18 – 2022

Die App im Customer Service – Wie können Potentiale ausgeschöpft werden?

Die tägliche Nutzung von mobilen Endgeräten ist nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken. Da das Smartphone dauerhaft in Reichweite ist, bieten mobile Apps einen schnellen und bequemen Weg, um diverse Dinge zu erledigen – sei es eine Überweisung zu tätigen, ein Geschenk zu kaufen oder den nächsten Flug zu buchen. Dabei verfolgen nicht alle App-Entwicklungen ausschließlich das Ziel, Einnahmen durch diese zu generieren. Manche Apps werden entwickelt, um die Effizienz anderer Produkte und Dienstleistungen zu steigern, so dass hierdurch eine Rendite erzielt wird. Zudem nutzen Unternehmen die App zunehmend als digitalen Self-Service-Kanal, um die Bearbeitung von Kundenanliegen oder Serviceprozessen durch Mitarbeiter zu vermeiden. Beispielsweise ermöglichen Apps von Fluggesellschaften oftmals den mobilen Check-In und bieten digitale Boarding-Karten an. Die Reduktion der Zeit zur Überprüfung der Passagiere führt zu niedrigeren Mitarbeiterkosten. Gleichzeitig kann durch geringere Wartezeiten die Kundenzufriedenheit gesteigert werden. Somit beeinflussen Apps seit mehreren Jahren branchenübergreifende Geschäftsmodelle sowie Prozesse und prägen das Verhaltensmuster von Endkunden. 

Doch viele Unternehmen schöpfen immer noch nicht die Möglichkeiten aus, die mobile Apps im Gegensatz zu anderen gängigen Self-Service-Formaten wie FAQs oder Communities bieten, da diese den Kontakt zum Service Center nicht immer ersetzen können. Denn was macht guten Self-Service aus? Es reicht nicht, Informationen zu Produkten und Services auf eine Webseite zu stellen. Dieser Ansatz ist nicht zielgerichtet auf das Anliegen des Kunden ausgerichtet. Ein Self-Service-Angebot, welches individuelle, auf die Gegebenheit angepasste, geführte Inhalte und digitale Prozesse schafft, hat größere Erfolgschancen, dass diese Inhalte auch wirklich Hilfe zur Selbsthilfe schaffen und damit einen Anruf im Service Center vermeiden.

Demzufolge ist es wichtig, verschiedene Abteilungen und Bereiche in die Entwicklung und insbesondere in die kontinuierliche Weiterentwicklung von Apps einzubeziehen. Die App ist ein bedeutender Touchpoint entlang der Customer Journey und kann den Kunden entweder begeistern oder enttäuschen. Deshalb sollten Unternehmen bei der (Weiter-)Entwicklung von Apps ebenfalls die Customer Service Perspektive beachten. Der Customer Service ist durch Kundenanfragen via Telefon, E-Mail, Chat und weiteren Kanälen das direkte Ohr zum Endkunden und kann wertvolle Einblicke für die Verbesserung und Digitalisierung von Kundenanliegen und Serviceprozessen geben. 

Dafür sollten zunächst die Kundenkontakte im Service Center analysiert werden. In der Analyse und Bewertung spielt neben dem kanalübergreifenden Volumen des Kontaktgrunds ebenso der damit verbundene Aufwand im Service Center eine wichtige Rolle. Der Aufwand bezieht sich hierbei auf die Arbeitsschritte pro Kundenfall, welche Kundenkontakte und andere Bearbeitungsschritte im Backoffice umfassen, die zur abschließenden Bearbeitung eines Falls bzw. Lösung eines Anliegens notwendig sind. Die aktuellen Treiber des Kontaktvolumens sollten anschließend auf Digitalisierungs- und Automatisierungspotential bewertet werden. Hierbei ist ein enger Austausch mit dem Product Owner der App erforderlich, um Möglichkeiten aber auch Restriktionen bezüglich der bestehenden IT-Landschaft zu berücksichtigen und Anreize für Weiterentwicklungen oder die Integration von weiteren IT-Partnern anzustoßen. Zudem können wertvolle Impulse durch externes Benchmarking gesammelt werden. Hierbei sollten zum einen brancheninterne Wettbewerber analysiert und mit dem eigenen Unternehmen verglichen werden. Was machen Ihre Wettbewerber, um ihre Kunden in der App zu begeistern? Welche Serviceprozesse sind bereits digitalisiert und automatisiert? Zum anderen können ebenfalls branchenübergreifende Impulse relevant sein. Neben der internen Sicht sollte folglich auch der Blick auf den Markt gerichtet werden, da dieser die Kundenerwartungen maßgeblich beeinflusst.

Einige Praxisbeispiele aus der Bankenbranche zeigen, wie sich viele Serviceprozesse im Laufe der Jahre verändert haben und digitaler geworden sind. Wo vor Jahren noch das Identifikationsverfahren in der Postfiliale zur Eröffnung eines Bankkontos der Standard war, hat sich heutzutage das Video-Identifikationsverfahren etabliert. Kunden können innerhalb von wenigen Minuten ihre Identität nachweisen und loslegen. Doch auch weitere Verfahren wie Bank-Ident drängen auf den Markt, die den Kunden digital und gesetzeskonform unabhängig von Servicemitarbeitern legitimieren. Auch Wechselprozesse werden mittlerweile oftmals digital angeboten und ersetzen den analogen Formularantrag per Post. Damit wird der Kontowechsel für den Kunden bei der abgebenden Bank angestoßen, sodass dieser einen geringen Aufwand hat, was wiederum die Kundenzufriedenheit steigert. Auch die Änderung von Daten muss nicht zwingend durch einen Anruf oder eine E-Mail erfolgen. Die Adressänderung wird bereits von vielen Unternehmen direkt in der App ermöglicht. Doch auch Prozesse wie die Änderung des Namens nach einer Heirat birgt Chancen, den Kunden gezielt durch benötigte Informationen sowie Nachweisdokumente zu führen, um vermeidbare Kontakte mit Nachfragen zu reduzieren.

Selbstverständlich ist die (Weiter-)Entwicklung von Apps oftmals mit hohen Investitionen für Unternehmen verbunden. Dennoch ist es in der heutigen Zeit mit steigenden Kundenerwartungen essentiell, dass Unternehmen ihre Prozesse stetig hinterfragen. Die App bietet dafür einen wertvollen Kanal, den digitalen Self-Service zu forcieren und somit langfristig Kosteneinsparungen und eine bessere Kundenzufriedenheit zu erzielen. Prüfen Sie also regelmäßig die Usability und Performance Ihrer App und erweitern Sie deren Funktionalitäten basierend auf den Kundenanforderungen und -erwartungen, um Ihre Kunden zu begeistern.  

Laura Belde – Consultant 

junokai

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