Eine der wichtigsten Abteilungen im Bereich Workforcemanagement ist die Steuerung. Keine Abteilung hat so enormen Einfluss auf aktuelle Geschehnisse und zukünftige Ereignisse wie die Steuerung. Jegliche Entscheidung in diesem Bereich, so banal sie auch sein mag, wirkt sich auf die Qualität eines Contact Centers und vor allem auf die Wirtschaftlichkeit aus.
Was sind die Aufgaben einer Steuerung:
Ich möchte im Folgenden die 3 bekanntesten Varianten erläutern, wie eine Steuerung abgebildet werden kann.
Variante A:
Es gibt keine eigene Abteilung Steuerung. Alle damit verbundenen Entscheidungen werden von Teamleitern/Multiplikatoren oder Fachberatern durchgeführt.
Positiv:
Negativ:
Variante B:
Bei einer Steuerung über mehrere Standorte gibt es pro Standort mindestens einen aktiven Steuerer. Jeder von Ihnen handelt eigenständig und nicht im Kollektiv.
Positiv:
Negativ:
Variante C:
Es gibt eine zentrale Steuerung die für alle steuerrelevanten Themen standortübergreifend zuständig ist.
Positiv:
Negativ:
Unter Berücksichtigung aller Punkte ist aus der Erfahrung Variante C die sinnvollste für einen optimalen Kundenservice und eine optimale Einsetzung aller Kapazitäten.
Beispiel 1 mit Variante A:
Mittwoch 20 Uhr.
Am Standort Berlin wird mit 3 Lines für einen Telekommunikationsanbieter telefoniert. Pro Line ist noch jeweils 1 Teamleiter anwesend der auch für die Steuerung aller Lines verantwortlich ist. Um 20:13 Uhr gibt der Auftraggeber eine Störung eines technischen Dienstes bekannt, wodurch ein deutlich erhöhtes Call Volumen für die nächsten 2 Stunden erwartet wird. Die Anweisung seitens des Auftraggebers lautet „Alle verfügbaren Kapazitäten in die Technik Line zu verschieben und ggf. Schichten zu verlängern“. Nachdem der TL diese Info per Telefon vom Auftraggeber erhalten hat, erfolgt nun der Spagat zwischen der Umsetzung der Anweisung und der Nebentätigkeiten (Betreuung, Gespräche etc.). Die Möglichkeit für den Dienstleister nun gegenüber einem sonst ruhigen Mittwochabend möglichst viel Call Volumen abzunehmen, hängt nun allein von einer Person ab, die diese Tätigkeit weder konstant betreibt noch nennenswerte Erfahrungen damit hat. Der TL versucht so viele Mitarbeiter wie möglich anzusprechen, um Schichten zu verlängern, gleichzeitig aber auch die Fragen der Mitarbeiter und dadurch eventuell erhöhte AHT im Auge zu behalten.
Beispiel 1 mit Variante C:
Mittwoch 20 Uhr.
Am Standort Berlin wird mit 3 Lines für einen Telekommunikationsanbieter telefoniert. Für alle 3 Lines ist ein anwesender Steuerer verantwortlich, der schon bevor die Info seitens des Auftraggebers kommt ein deutlich erhöhtes Call Volumen beobachtet und bereits begonnen hat, Kapazitäten zu verschieben um eine optimale Aussteuerung zu gewährleisten.
Um 20:13 Uhr gibt dann der Auftraggeber eine Störung eines technischen Dienstes bekannt, wodurch ein deutlich erhöhtes Call Volumen für die nächsten 2 Stunden erwartet wird. Die Anweisung seitens des Auftraggebers lautet „Alle verfügbaren Kapazitäten in die Technik Line zu verschieben und ggf. Schichten zu verlängern“.
Der Steuerer kann dem Auftraggeber direkt mitteilen, dass Maßnahmen bereits eingeleitet worden sind. Da er sich ausschließlich darauf konzentrieren kann, spricht er mögliche Alternativen mit dem Auftraggeber ab und entscheidet alle MA mit dem jeweiligen Skill auf die Technik Line zu verschieben. Dies erfolgt über ein Chat System wodurch die Umsetzung in wenigen Minuten abgeschlossen ist. Nebenbei gibt der Steuerer an alle Mitarbeiter, bei denen eine Schichtverlängerung möglich ist, eine Info raus und kann dies nach Bestätigung direkt in sein WFM Tool einpflegen.
Somit kann er dem Dienstleister direkt eine aussagekräftige Info geben, welche Kapazitäten nun seitens des Dienstleisters zur Verfügung stehen. Durch die schnelle Kapazitätenumverteilung ist eine optimale Auslastung des Dienstleisters gewährleistet und der Auftraggeber ist dank der schnellen Umsetzung zufrieden.
Beispiel 2 mit Variante A:
Samstag 15 Uhr.
Am Standort Berlin wird mit 3 Lines telefoniert. Ein TL ist seit 14 Uhr anwesend und wird neben seinen Hauptaufgaben mit der Steuerung bis 22 Uhr bereut. Bereits nach der ersten Stunde bemerkt er, dass das Call Volumen sehr niedrig sein muss, da viele Mitarbeiter keinen Call zugewiesen bekommen und daher eine Überkapazität besteht.
Nach einer weiteren Stunde melden sich die ersten Mitarbeiter und fragen, ob ein vorzeitiger Feierabend aufgrund des niedrigen Anrufaufkommens möglich ist. Der TL schaut mit seinen begrenzten Möglichkeiten, wie viele Mitarbeiter, mit einer Schichtdauer bis 18 Uhr, er gehen lassen kann. Er entscheidet sich von den aktuell anwesenden 17 Mitarbeitern 5 gehen zu lassen. Nachdem 18 Uhr durchgelaufen ist und sich das Call Volumen eher verringert als erhöht hat, entscheidet er weitere 4 Mitarbeiter bis 20 Uhr vorzeitig gehen zu lassen. Da zwischendurch weitere 3 Mitarbeiter regulär in den Feierabend gegangen sind, sind nun nur noch 5 von 9 geplanten Mitarbeitern anwesend. Bis 22 Uhr bleibt die Lage unverändert woraufhin er um 21 Uhr weitere 3 Mitarbeiter gehen lässt und nur noch eine Notbesetzung von 2 Mitarbeitern bis 22 Uhr telefonieren lässt.
Am nächsten Tag schaut sich der Projektleiter die Zahlen des Vortages an und bemerkt, dass er aufgrund des niedrigen Anrufvolumens seine unproduktive Zeit massiv in die Höhe gestiegen ist. Er hat errechnet, dass durch den vorsichtigen Abbau 2160 Minuten eingespart worden. Gegenüber stehen aber 3860 Minuten die nicht abgebaut worden und somit der Wirtschaftlichkeit entgegenstehen. Auch ein Service Level von 98% über dem gesamten Tag tröstet darüber nicht hinweg.
Beispiel 2 mit Variante B:
Samstag 15 Uhr.
Am Standort Berlin wird mit 3 Lines telefoniert. Die Steuerung ist an dem Tag durchgängig besetzt. Ab 14 Uhr bemerkt der anwesende Steuerer, dass das Call Volumen deutlich unter FC ist. Er geht sofort in die Analyse und vergleicht dazu die vorangegangenen Samstage. Kurz darauf kommt er zum Schluss, dass sich bereits in den letzten Wochen ein Abwärtstrend des Call Volumens zum FC abzeichnet. Er kalkuliert unverzüglich welche Mengen er abbauen kann und gibt die Info an das Projekt weiter. Durch konstantes Monitoring der Situation baut er 1 Stunde später weitere Mitarbeiter ab und entschließt sich nur noch eine Notbesetzung beizubehalten. Da der Tages SL (Stand 15:30 Uhr bei 91% liegt, wirkt sich ein doch noch erhöhtes Call Volumen nur gering auf den Tages SL aus. Im Gegensatz zur Variante A wurden nicht 2160 Minuten abgebaut, sondern 4956 Minuten.
Anhand dieser Beispiele kann man erkennen wie sehr sich eine eigene Steuerung in einem Contact Center positiv auf verschiedene Faktoren auswirken kann. Neben der Wirtschaftlichkeit ist auch der Qualitätsaspekt hervorzuheben. Je intensiver die Steuerung praktiziert wird (abhängig von Vorgaben des Unternehmens), desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass durch Aufzeigen von Fehlverhalten, Unregelmäßigkeiten etc. die Qualität der Mitarbeiter erhöht wird.
– Stefan Krankemann (Berater)
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