Vorwort: im letzten Tipp der Woche haben wir den ersten Teil des Erfahrungsberichts veröffentlicht. Hier nun die Fortsetzung.
Wichtigste Erfolgsfaktoren und Learnings
• Transfer des Ist-Zustands – nur geringe Veränderungen während des Transfers sichern die stabile Übergabe der Länderspezifika; Optimierung von Prozessen erfolgt zeitlich nachgelagert. Anpassung von Infrastruktur im Rahmen des Transfers nur wenn es unausweichlich ist (z.B. bei Telefonie, IVR).
• Gemeinsames Projektteam mit dem Dienstleister, das offen alle Details kommuniziert, um Verzögerungen zu vermeiden, von vorneherein „auf Augenhöhe“ zu arbeiten und Verantwortung zu teilen.
• Einbeziehen der abzuwickelnden Einheiten in die Kommunikation, z.B. hinsichtlich Produktänderungen und genauer Abbaupläne; häufig werden diese Kollegen vergessen nach dem Motto „wir wollen sie nicht zusätzlich mit schwierigen Themen belasten und sie sind ja sowieso bald weg“.
• Wöchentlich Workstream-Meetings mit allen Verantwortlichen von beiden Seiten. Guidance durch Steering Committee.
• Koordinierte Kommunikation der Personalmaßnahmen muss sorgfältig vorbereitet werden (kaskadierender Ablauf), Talksheet und FAQ für die Führungskräfte, Gleichzeitigkeit in allen Standorten, ggfs. reaktive Pressearbeit, Beobachtung Social Media, etc.
• Backoffice-Prozesse frühzeitig aufnehmen bevor „Kopfmonopole“ abwandern.
• Schwierige Backoffice-Prozesse sollten frühzeitig dokumentiert werden, um langfristig eine Wissensbasis zu schaffen, die auch unabhängig vom Dienstleister besteht.
• Hinsichtlich sensibler Prozesse (z.B. mit Kontozugriff) klären, wie tief der Dienstleister diese übernehmen soll.
• Hinsichtlich der Druckerlogistik ist zu klären, wo die Drucker stehen sollen, beim Dienstleister oder Auftraggeber – dies ist wichtig, weil dann Lettershop mit zu beauftragen ist. Multinationaler Lettershop ist abzuwägen.
• Bei der Kapazitätsplanung war zu berücksichtigen, dass die nationalen Einheiten, die geschlossen wurden, mit zunehmender Zeit stärker abbauen als geplant.
• Multilingualer Bewerberpool ist nur in wenigen europäischen Städten in ausreichender Zahl vorhanden (Berlin, Barcelona, Lissabon).
• Auswahl der Kandidaten sollte hinsichtlich Sprachskills von den Länderorganisationen begleitet werden (telefonischer Sprachtest in Form eines Kurzinterviews); eine enge Begleitung des Rekrutierungsprozesses durch den Auftraggeber sichert insbesondere zu Anfang die Kalibrierung der Auswahl.
• Rechte der Sozialpartner sind je nach Land unterschiedlich ausgeprägt; z.B. die in Frankreich vorgeschriebene Dialogfrist zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber.
• Ausreichende Supportkapazitäten planen, um Knowledge-Übergang zu gewährleisten.
• Beachten der Entwicklung der Backlogs, auch wenn sie bisher nicht reportet werden.
• Auch Mitarbeiter, die gekündigt wurden, arbeiten an der Übergabe motiviert mit, wenn sie offen und respektvoll behandelt werden.
• Im Rahmen des Transfers hilft eine durchgehende Planung von „Floorwalkern“, die beim Dienstleister für Wissens- und Kulturtransfer sorgen.
• Anforderungen Reporting an IT und Business Development frühzeitig hinterlegen, um den Dienstleister zur Steuerung zu befähigen. Ansonsten droht eine Zeit des „Blindflugs“.
• Kapazitäten in der Übergangsphase eher hoch planen, um die Lernphase und schnelleres „Wegbrechen“ der abzubauenden Einheiten auszugleichen.
• Bestellung technischer Infrastruktur frühzeitig veranlassen (insbesondere multinationale Datenleitungen und Demo-Produkte).
• Frühzeitige (möglichst vertragliche) Klärung ob Dienstleister oder Auftraggeber für jeweilige Prozesse verantwortlich ist und ob sie transparent laufen sollen (Onboarding, Bestellung Produkte, Training etc.).
• Notwendigkeit von Umleitung der Anrufe und Mails, die auf alte Zielnummern bzw. Adressen kommen, einplanen.
• Synchronisieren von Rahmenbedingungen wie Öffnungszeiten, die national unterschiedlich sind.
• Für die technische Transition gilt es einen zeitlichen Puffer einzuplanen (wegen zu erwartender „Überraschungen“ in der technischen Infrastruktur der nationalen Einheiten).
– Ralf Weber, Head of Europe Customer Experience, Bose
– Joachim Hofsähs (Geschäftsführer & Projektleiter Bose-Projekt)
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