Grundlage eines jeden Qualitätsmanagements ist im ersten Schritt die Klarheit über die Ziele, welche ein Unternehmen mit seinem Kundenservice erreichen möchte, bzw. auf welche Unternehmensziele der Kundenservice einzahlen soll. Aus den Zielen, z.B. Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Mitarbeiterzufriedenheit, Vertrieb, Kosteneffizienz, Wahrnehmung des Unternehmens bei den Kunden etc. können dann konkrete und messbare KPIs abgeleitet werden, deren Erfüllung auf diese Ziele einzahlt. Dabei sind auch Fragen zu klären, welche Ausprägung der jeweiligen KPIs notwendig ist, um die definierten Ziele zu erreichen und welche Zielkonflikte ggfs. auftreten könnten. Beispielswiese muss man klären, welcher Servicelevel notwendig ist, um die Kunden in welchem Ausmaß zufrieden zu stellen und in welchem Verhältnis dieses Ziel zur Kosteneffizienz steht. Dabei ist auch klar zu definieren, was man unter den Zielen – z.B. Kundenzufriedenheit – versteht und wie man diese misst. Ein weiteres Beispiel ist das Thema AHT-Ziel, dessen Erfüllung zum einen auf die Kosteneffizienz einzahlt, zum anderen aber auch in Konflikt mit dem Ziel stehen kann, den Kunden möglichst im ersten Kontakt eine fallabschließende Lösung zu bieten (First Contact Resolution), was sowohl auf die Kundenzufriedenheit als auch – über die Vermeidung von Wiederholungskontakten – auf die Kosteneffizienz einzahlt. Nachdem man sich seine wichtigsten Ziele und eventuelle Zielkonflikte bewusst gemacht und die Konflikte aufgelöst hat, kann ein entsprechendes Set von KPIs festgelegt und operationalisiert also messbar gemacht werden.
Aufgabe des Qualitätsmanagements ist es nun – gemeinsam mit Operations – eine Systematik mit entsprechenden Prozessen und Rollen aufzusetzen, um diese KPIs nachhaltig zu erreichen. Darin enthalten ist das Vorgehen bei der Qualitätssicherung mit einem entsprechenden kontinuierlichen Verbesserungsprozess bestehend aus der Erhebung von Daten aus ACD, CRM, E-Mails, Chatverläufen, Voice Files, Kundenbefragungen etc. über die Analyse dieser Daten bis hin zur Entwicklung und Durchführung von Maßnahmen, um danach wieder zu messen (= KVP1). Zudem muss auch ein regelmäßiger Review des Qualitätssicherungsprozesses – also des KVP1 selbst – vorgenommen werden (= KVP2).
Dabei ist festzulegen wie die Erreichung jedes einzelnen KPI geprüft, sichergestellt und wie mit Abweichungen umgegangen wird. Zudem müssen Rollen in der Qualitätssicherung und deren Schlüssel im Verhältnis zur Anzahl von Kundenberatern, der Prozess der Qualitätssicherung, die Frequenzen sowie ein transparentes Reporting definiert werden. Sind genügend und geeignete Overhead-Ressourcen eingeplant, um die Umsetzung des Qualitätssicherungskonzeptes zu gewährleisten? Rollen wären hier z.B. fachliche Projektbetreuer, die 20-30% ihrer Arbeitszeit selbst als Kundenberater fungieren, um im Thema zu bleiben und die restliche Zeit als Quality Assurer, Fachcoach oder Trainer für die Kundenberater zur Verfügung zu stehen. In der Praxis ist häufig zu sehen, dass Teamleiter mit der multiplen Rolle, fachlich sowie disziplinarisch zu führen, als auch Qualitätssicherung, Coachings und Trainings zu leisten, überfordert sind. Daher ist eine Differenzierung des Betreuungsteams in Richtung eines fachlichen Supportlevels sinnvoll.
Wichtig ist auch, die Qualitätssicherung mit einem Dokumentationssystem zu unterstützen, um die Ergebnisse der Qualitätssicherung und Trainingsinhalte zu sammeln, nach allen relevanten Kriterien auszuwerten und mitarbeiter- oder gruppenspezifisch nachzuhalten. Nur so lässt sich wirklich nachvollziehbar sagen, welchen Fortschritt einzelne Mitarbeiter, Teams, Standorte etc. machen und wer welche Maßnahmen benötigt.
Im nächsten Schritt gilt es, die Möglichkeiten der Nutzung einer automatisierten Analyse von Text und Sprachaufzeichnungen zu prüfen, um objektiv, effizient und mit einer Vergrößerung der Stichproben die Qualitätssicherung auf breitere Füße zu stellen.
Übrigens muss auch die Arbeit von Bots qualitätsgesichert werden. Hierfür müssen wiederum ganz eigene Prozesse und Rollen definiert werden. Aber tun muss man es.
Die Beachtung der oben skizzierten Parameter kann nicht nur helfen, ein zielführendes Qualitätsmanagement aufzusetzen, sondern auch ein bestehendes zu hinterfragen. Zahlt Ihr KPI-Set tatsächlich und konfliktfrei auf Ihre Ziele ein? Haben Sie die richtige Organisationsform, und geeignete Rollen, Prozesse und Tools für Ihren Qualitätssicherungsprozess. Und haben Sie Rollen und Prozesse, aus denen heraus vorstehende Fragen regelmäßig gestellt werden?
Jonas Leismann – Associate Partner
junokai