Viele Call Center zeichnen Telefonate mit Kunden aus den verschiedensten Gründen auf. In den meisten Fällen werden die Verbesserung der Servicequalität und die Schulung neuer Mitarbeiter als Hauptgrund angeführt, aber auch die Aufzeichnung zu Dokumentationszwecken und die Kontrolle der Angestellten spielt eine wichtige Rolle.
Der Sprachaufzeichnung steht jedoch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung entgegen. Danach soll jede Person selbst darüber entscheiden können, ob und welche Daten über sie erhoben und verarbeitet wird. Bei der Sprachaufzeichnung eines Telefonates liegt sogar ein Eingriff in das Grundgesetz vor. In Artikel 2 Abs. 1 i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz ist das Recht des Gesprächspartners am gesprochenen Wort geschützt. Es schützt demnach nicht nur vor einer Sprachaufzeichnung, sondern auch vor dem unbefugten Mithören von Telefonaten durch Dritte.
Wer eine Sprachaufzeichnung unbefugt anfertigt, verletzt die Vertraulichkeit des Wortes und begeht eine Straftat gem. § 201 StGB: Mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt das „nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt“. Die Sprachaufzeichnung ohne Erlaubnis ist demnach unzulässig und kann strafrechtlich geahndet werden.
Verfolgt eine Sprachaufzeichnung, ohne die Zustimmung des Gesprächspartners, das Ziel, einen telefonischen Vertragsschluss zu dokumentieren, um mögliche Differenzen zwischen der schriftlichen Auftragsbestätigung und den Vereinbarungen im Gespräch aufzuklären ist zu beachten, dass eine solche Sprachaufzeichnung gerichtlich nicht verwertbar ist (vgl. BGH, Urteil v. 17.02.2010, VIII ZR 70/07).
Auch aus datenschutzrechtlicher Sicht ist die Sprachaufzeichnung reglementiert. Gemäß § 4 Abs. 1 BDSG ist die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene seine Einwilligung erteilt hat. Als Rechtsgrundlage kommt § 28 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BDSG in Frage. Im Rahmen der dann nötigen Abwägung zwischen den berechtigten Geschäftsinteressen des Unternehmens und den schutzwürdigen Interessen der Gesprächspartner kommt man jedoch zu einem negativen Ergebnis, da die Gespräche über das zur Erfüllung des Geschäftszwecks Nötige hinausgehen können.
Im Ergebnis ist eine gesetzeskonforme Sprachaufzeichnung also regelmäßig nur dann möglich, wenn alle Gesprächspartner der Sprachaufzeichnung zustimmen.
Für eine solche Einwilligung als Grundlage für die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung einer Sprachaufzeichnung ist zu beachten,
– dass die Einwilligung freiwillig erfolgen muss und widerruflich bleibt,
– dass sie schriftlich vorliegen muss, sofern nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist, sowie
– dass der Betroffene über Umfang und Tragweite seine Einwilligung aufzuklären ist,
und was geschieht, wenn er nicht einwilligt.
Von den betroffenen Mitarbeitern im Call Center kann die Einwilligung in Schriftform und unter Beachtung der Aufklärungspflichten eingeholt werden. Eine Regelung im Arbeitsvertrag ist dazu zwar ungeeignet, aber eine vom Vertrag unabhängige Einverständniserklärung oder eine entsprechende Betriebsvereinbarung genügt den Anforderungen. Da die Aufzeichnung mittels technischer Einrichtungen erfolgt, ist gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ohnehin ein ggf. vorhandener Betriebsrat einzuschalten.
Arbeitgeber sollten darauf achten, dass die formalen Anforderungen (Informationspflichten, keine negativen Konsequenzen, Widerrufsmöglichkeit etc.) schriftlich dokumentiert, vom Mitarbeiter unterzeichnet und in der Praxis eingehalten werden.
Bei einmaligen telefonischen Kontakten ist eine schriftliche Einwilligung durch den Anrufer (bzw. bei Outbound-Gesprächen durch den Angerufenen) nicht möglich bzw. würde den Interessen des Gesprächspartners zuwider laufen. In diesen Fällen ist eine mündliche Einwilligung ausreichend.
Hierzu lassen es die meisten Call Center genügen, wenn der Gesprächspartner das Telefonat nach einer entsprechenden Information fortsetzt (Zustimmung auf Grundlage konkludenten Handelns).
Datenschützer fordern jedoch bereits seit längerem, allerdings ohne eindeutige Gesetzesgrundlage, eine ausdrückliche Einwilligung zur Sprachaufzeichnung durch den Gesprächspartner. Dies kann über die Tastatur oder über die Sprachsteuerung vor Aufzeichnungsbeginn erfolgen. Um auch zukünftigen Gesetzesänderungen bzw. Änderungen in der Rechtsprechung gerecht zu werden, ist es Callcentern zu empfehlen, eine Zustimmung zur Sprachaufzeichnung im Rahmen des IVR-Systems einzuholen oder die ausdrückliche Zustimmung durch den Mitarbeiter zu erfragen und durch entsprechende Gesprächsnotizen zu dokumentieren.
Einen Sonderfall stellen Call Center dar, die für Banken tätig sind. Im Rahmen des Telebanking ist es spätestens ab 2017 gem. MiFID II erforderlich, alle Beratungsgespräche über Festnetz und Mobilfunkverbindungen, aufzuzeichnen. Hierzu gehören neben Telefongesprächen auch SMS Nachrichten und vergleichbare Kommunikationsformen. Die Einwilligung zu diesen umfangreichen Aufzeichnungspflichten werden die Banken bereits bei Beginn der Geschäftsbeziehung in Schriftform einholen, danach aber regelmäßig daran erinnern müssen.
Abschließend lässt sich sagen, dass die gesetzeskonforme Sprachaufzeichnung im Call Center zwar möglich ist, aber einige Hürden bereithält. Die Einwilligung der Beteiligten ist immer erforderlich. Die bisherige Praxis, die Anrufer lediglich über eine mögliche Sprachaufzeichnung zu informieren und nur bei einem ausdrücklichen Widerspruch darauf zu verzichten, wird langfristig durch technische Lösungen abzulösen sein, die die Einwilligung durch den Anrufer eindeutig dokumentieren.
– Felix Prömel (Junior Berater)
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