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Tipp KW 11 – 2021

Verbraucherschutzrechtliche Änderungen durch die TKG-Novelle

Mit der TKG-Novelle wird die EU-Richtlinie 2018/1972 vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (European Electronic Communication Code / EECC) in nationales Recht umgesetzt. Mit dem Gesetz sollen Bürger unter anderem einen Anspruch auf einen Internetzugang bekommen, der ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Teilhabe sicherstellt. Neben zahlreichen Vorgaben zur Förderung des Breitbandausbaus, mit denen die Weichen für ein modernisiertes Telekommunikationsrecht in Europa gestellt werden sollen, setzt die TKG-Novelle in Deutschland auch einige verbraucherschutzrechtliche Anforderungen um.

Mit der Neuregelung soll möglichst eine Vollharmonisierung des Rechtsrahmens in Europa erzielt werden. Die Länder sind verpflichtet die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen und können dabei nur in Ausnahmefällen von den vorgegebenen Regelungsvorgaben abweichen. Diese Verpflichtung hätten die Länder bereits Ende 2020 nachkommen müssen. Die meisten Länder kamen dieser Pflicht bisher nicht nach. Auch in Deutschland werden die Vorgaben nach aktuellem Stand erst zum 01.09.2021 fast vollständig umgesetzt sein.

Kunden und Telekommunikationsunternehmen müssen sich bis dahin (bzw. teilweise nach Übergangsfristen) unter anderem auf folgende Veränderungen einstellen:

Informationspflichten

Besondere Anforderungen kommen auf den Vertrieb über telefonische Kontaktkanäle zu. Die Kunden müssen sich vor dem Vertragsschluss in einer standardisierten Vertragszusammenfassung über die wichtigsten Eckpunkte informieren können. Die Zusammenfassung muss dem Kunden dabei in Textform zur Verfügung gestellt werden. Die Informationen sind klar, verständlich und leicht zugänglich in maschinenlesbarer Weise und in einem für Endnutzer mit Behinderungen barrierefreien Format bereitzustellen.

Ist es aus objektiven technischen Gründen nicht möglich, die Vertragszusammenfassung vor Abgabe der Vertragserklärung zur Verfügung zu stellen, so muss sie unverzüglich nach Vertragsschluss zur Verfügung gestellt werden. Die Wirksamkeit des Vertrages hängt dann allerdings davon ab, dass der Kunde nach Erhalt der Vertragszusammenfassung den Vertrag in Textform genehmigt.

Vergleichsinstrumente

Die TKG-Novelle schreibt vor, dass Verbraucher kostenlosen Zugang zu mindestens einem unabhängigen Vergleichsinstrument haben, mit dem diese verschiedene Internetzugangsdienste und Telekommunikationsdienste vergleichen und beurteilen können. Die Anbieter müssen die dafür benötigten Daten zur Verfügung stellen.

Vertragslaufzeiten

Bei den Vertragslaufzeiten im Mobilfunk und im Festnetz wird es Anpassungen zugunsten der Verbraucher geben. Verträge können sich auch zukünftig stillschweigend verlängern, sollen nach Ablauf der Mindestlaufzeit künftig jedoch jederzeit mit einem Monat Frist gekündigt werden können. Verträge mit einer Laufzeit von 24 Monaten bleiben weiterhin möglich, sofern gleichzeitig die Möglichkeit zum Abschluss eines Vertrages mit einer Laufzeit von 12 Monaten besteht, der maximal 25 Prozent teurer ist als der Vertrag mit längerer Laufzeit.

Tarifberatung

Telekommunikationsanbieter sind zukünftig dazu verpflichtet, die Kunden hinsichtlich des für den jeweiligen Endnutzer besten Tarifs in Bezug auf ihre Dienste zu beraten. Sie müssen hierbei insbesondere den vom jeweiligen Endnutzer genutzten Umfang der Dienste berücksichtigen. Die hieraus gewonnen Ergebnisse müssen dem Kunden mindestens einmal pro Jahr mitgeteilt werden.

Geschwindigkeit

Die Nicht-Einhaltung der im Vertrag zugesicherten Bandbreite soll zukünftig eine direkte rechtliche Konsequenz haben. Zum einen hat der Kunde in diesem Fall das Recht, die Rechnung angemessen zu mindern, zum anderen hat er in diesem Fall ein außerordentliches Kündigungsrecht ohne Kündigungsfrist.

Entstörung

Der Verbraucher kann von einem Anbieter eines öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienstes

verlangen, dass dieser eine Störung unverzüglich und unentgeltlich beseitigt. Wenn der Anbieter die Störung nicht innerhalb eines Arbeitstages nach Eingang der Störungsmeldung beseitigen kann, ist er verpflichtet, den Verbraucher spätestens innerhalb des darauffolgenden Arbeitstages darüber zu informieren, welche Maßnahmen er eingeleitet hat und wann die Störung voraussichtlich behoben sein wird. Wird die Störung nicht innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Eingang der Störungsmeldung beseitigt, kann der Verbraucher ab dem Folgetag eine Entschädigung verlangen, es sei denn der Verbraucher hat die Störung zu vertreten. Eine Entschädigung kann ab dem dritten Arbeitstag pro Tag des vollständigen Ausfalls des Dienstes verlangt werden. Die Höhe der Entschädigung beträgt am dritten und vierten Tag 5 Euro oder 10 Prozent und ab dem fünften Tag 10 Euro oder 20 Prozent der vertraglich vereinbarten Monatsentgelte bei Verträgen mit gleichbleibendem monatlichem Entgelt, je nachdem, welcher Betrag höher ist.

Anbieterwechsel

Die Anbieter müssen bei einem Anbieterwechsel sicherstellen, dass die Leistung des abgebenden Anbieters gegenüber dem Endnutzer nicht unterbrochen wird, bevor die vertraglichen und technischen Voraussetzungen für einen Anbieterwechsel vorliegen, es sei denn, der Endnutzer verlangt dieses. Der aufnehmende Anbieter stellt sicher, dass die Aktivierung des Telekommunikationsdienstes am mit dem Endnutzer ausdrücklich vereinbarten Tag unverzüglich erfolgt. Die Leistung darf nicht länger als einen Arbeitstag unterbrochen sein.

Insgesamt hält die TKG-Novelle also einige Neuerungen bereit, die für TK-Anbieter eine große Herausforderung darstellen und auch die Abläufe im Kundenservice beeinflussen werden. Insbesondere die vertrieblich geprägten Aufgaben an der Hotline sind dadurch starken Anpassungen unterworfen. Aber auch im sonstigen kaufmännischen und technischen Kundenservice bei den Telekommunikationsanbietern stehen die Unternehmen vor der Aufgabe, die zahlreichen Änderungen rechtzeitig umzusetzen.

Felix Prömel –  Partner

 junokai

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