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Tipp KW 10 – 2023

Die CCW 2023 – Neustart und Generationswechsel

Die erste Call Center World seit der pandemiebedingten Pause ist vorüber, ein paar Tage gingen seither ins Land. Zeit, nun kurz innezuhalten und zu reflektieren. Was waren die Highlights? Was waren die Botschaften? Welche neuen Themen und Trends nehmen wir mit?

Hybrides Arbeiten – die Zukunft nicht nur für Contact Center

Viel wurde in den letzten zwei Jahren diskutiert über die CCW. Ist es noch zeitgemäß, mehrere Tage lang eine vor-Ort-Messe durchzuführen – wo wir doch alle inzwischen unsere Arbeitsweise umgestellt haben? Remote Work, Mobile Work, Home Office, MS Teams und Zoom begleiten uns seither. Meine persönliche Antwort lautet: Ja, definitiv. Wo sonst trifft man so räumlich und zeitlich komprimiert auf so viel geballte Kompetenz? Wo sonst ist es so einfach und angenehm möglich, menschliche Interaktion mit all ihren inhaltlichen und sozialen Aspekten zu leben – in Fachgesprächen und auch bei einem „Schwätzchen“?

Seit Remote Work auch in Contact Center Umgebungen zum wichtigen Thema wurde, empfehlen wir von junokai unseren Mandanten: Die beste Lösung, die beste Balance zwischen remote und on-site bietet meist eine hybride Lösung. Die sozialen, menschlichen, teambildenden, motivierenden Aspekte von direkter menschlicher Kommunikation (oder auch von „Teeküchengesprächen“) sind ein wichtiger Faktor. Und dies gilt ebenso für die Kommunikation zwischen Anbietern und Kunden, Vendoren und Auftraggebern und für alle anderen. Ja, wir reisen viel weniger als es vor Corona der Fall war, und es wird wahrscheinlich auch nie wieder so viel werden. Aber auch ja, hin und wieder ist ein persönlicher Kontakt wertvoller als zehn Videocalls.

Highlights – welche Themen die sichtbarsten waren

Conversational AI. Conversational AI. Und Conversational AI. Hatte ich Conversational AI schon erwähnt? Kein Stand, kein Unternehmen, das nicht KI auf der Fahne stehen hätte. Wir sind in der digitalen Zukunft angekommen. Sie fragen, was daran neu ist, das wäre doch auf den letzten CCWs vor der Pandemie auch schon so gewesen?

Ja, aber es gibt einen fundamentalen Unterschied. Vor einigen Jahren sprachen wir von KI in der Kundenkommunikation als Fiktion, als Versprechen der Zukunft, als etwas das in den kommenden Jahren die Welt des Customer Service und der Customer Experience nachhaltig beeinflussen wird. Ehrlicherweise gab es zu diesem Zeitpunkt nur sehr wenige echte, implementierte, nachhaltige Anwendungen. Wir wussten, KI wird kommen. Aber sie war noch nicht da.

Heute ist sie da. Und wie. Was vor wenigen Jahren auf Messen und in Fachzeitschriften als Zukunft angekündigt wurde, ist heute Realität. Künstliche Intelligenz unterstützt in Form von Voicebots, Chatbots und Emailbots gleichermaßen Kunden und Mitarbeitende, ist in den Unternehmen bereits in der konkreten Anwendung oder zumindest in Projektierung. Die auf der Messe gezeigten Lösungen der vielen – teils auch jungen und der Startup-Phase eben erst entwachsenen – Anbieter arbeiten mit einer noch vor wenigen Jahren nicht möglichen Genauigkeit, Natürlichkeit und Individualität.

Was gerade passiert, ist nicht weniger als ein echter Generationswechsel, weg von einfachen FAQ-Bots und von starren IVR-Menüs hin zu einer extrem kundenorientierten und individuellen Echtzeitkommunikation mit natürlich agierenden KI-Emulationen. Auch und gerade für klare, einfache, wiederkehrende Prozesse im Kundenservice, die oft große Volumen repräsentieren aber weder für die Kunden noch für die Unternehmen einen echten Mehrwert in sich tragen. Mit deren Automation können wertvolle menschliche Ressourcen eingespart und für komplexe und werthaltige Anliegen eingesetzt werden. 

Laut einer Studie der Bitkom aus 2022 sehen 95% der befragten Unternehmen auch im Kundenservice die primären Einsatzfelder von KI. Aber bisher setzen nur 4% KI zur Unterstützung der Mitarbeitenden ein. Noch ein langer Weg, der zu gehen ist. Aber schon heute ist klar: Automatisierte Kommunikation mit Conversational AI Anwendungen ist das neue „normal“.

Selbstverständlich gab es noch ein zweites Mega-Thema auf der CCW: ChatGPT von OpenAI. Bei allem Hype, der gerade um ChatGPT gemacht wird, lässt sich doch trotzdem klar festhalten: Ja, wir erleben wahrscheinlich gerade einen „iPhone Moment“, einen der seltenen Augenblicke in denen echte Gamechanger den Markt betreten. Generative KI wird unsere Zukunft – nicht nur im Kundenservice – nachhaltig beeinflussen.

Jedoch, was CC und CX betrifft, sollte man realistisch sein: Heute, jetzt gerade im Moment, ist es noch nicht soweit. ChatGPT war auf der CCW in aller Munde, aber es gab auf der CCW nur sehr wenige konkrete, echte, sofort anwendbare Lösungen zu sehen. Die Engine von OpenAI wird aktuell beispielsweise eingesetzt, um Kundenemails zu wenigen Bulletpoints zusammenzufassen und so die Bearbeitung zu erleichtern, oder um per speech-to-text transkribierte Gesprächsaufzeichnungen kurz und knackig zusammenzufassen und in der Kontaktdokumentation abzulegen.  Arbeitserleichterungen für Mitarbeitende, AHT-Einsparungsmaßnahmen. Noch keine Gamechanger. Aber sie werden kommen. Schnell. Wir dürfen gespannt sein. In ein bis drei Jahren wird Generative KI genauso angekommen sein wie Conversational AI heute.

Und noch etwas war auffällig: So viel über AI und ChatGPT gesprochen wurde – so unsichtbar war das Metaverse. 

Was bedeutet das für den Kundenservice von heute und morgen?

Mit den aktuell angebotenen Technologien und Lösungen haben wir herausragende Möglichkeiten, den Kundenservice von morgen zu gestalten. Es ist möglich, durch deren gezielten Einsatz einerseits attraktive, individuelle 24/7 Customer Journeys zu gestalten und Customer Centricity zu leben, andererseits die Mitarbeitenden im Customer Care wirkungsvoll zu unterstützen und zu entlasten, und dabei auch noch signifikante Effizienz- und Kostenpotenziale zu heben und die begrenzten menschlichen Ressourcen bestmöglich einzusetzen.

Jedoch: Es gilt auch hier, was immer galt. Das Tool allein ist nicht die Lösung, ein Tool kann keine schlechten Prozesse besser machen. Die simple Anschaffung und Implementierung einer AI-Lösung wird nicht zum Erfolg führen. Es geht um die clevere, durchdachte, geplante und gestaltete Einbindung in ein Customer Care Ecosystem das bereits vorher über definierte, überwachte und stetig verbesserte Prozesse verfügen muss.

Die Potenziale und Möglichkeiten einer Conversational AI Lösung kommen erst dann wirklich zum Tragen, wenn alle „Fix the Basics“ Aufgaben konsequent erledigt wurden. Dazu gehören unter anderem:

  • Antworten auf die Fragen „Wie soll mein Kundenservice sein?“, „Wofür stehen wir als Unternehmen?“ und „Wohin wollen wir, wie möchten wir in fünf Jahren sein?“ – also eine Kundenservicestrategie, und daraus abgeleitet klare Ziele und Handlungspläne
  • Beschreibung, Schulung, Exekution und Erfolgsmessung aller relevanten Prozesse im Kundenservice – also die Antworten auf die Fragen „Was mache ich wie, und wie gut mache ich das?“. Das bezieht sich auf Serviceinhalte ebenso wie auf Supportprozesse wie Recruiting, Training, Workforce Management, Wissensmanagement, Quality Management, …
  • Und ein Verständnis von den eigenen Kunden, Kundenbedarfen, Customer Journeys – und der Wille, sie in den Mittelpunkt des Handelns zu stellen

Erst wenn diese Aufgaben gelöst bzw. diese Fragen beantwortet sind macht es überhaupt Sinn, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie ein Tool/eine Software aussehen müsste, um beim Umsetzen der Strategie und beim Erreichen der Ziele zu unterstützen. Eine Omnichannel Anwendung, ein Wissensmanagementtool, aber eben auch ein Chat- oder Voicebot. Erst dann macht es Sinn, in konkrete Auswahlprozesse und in die Implementierung zu gehen.

Es gibt viel zu tun, aber es ist es wert. Wir von junokai unterstützen Sie auf diesem Weg. Mit Rat und mit Tat.

Gerhard Klose – Principal Consultant 

junokai

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