In Deutschland gilt seit dem 01.01.2015 ein gesetzlicher, flächendeckender und nahezu branchenunabhängiger Mindestlohn. Arbeitnehmern steht demnach ein Brutto-Stundenlohn von mindestens 8,50 EUR zu. Vorübergehende Ausnahmen gelten nur noch in den Branchen, in denen die Tarifpartner bereits einen für allgemeinverbindlich erklärten Mindestlohn vereinbart hatten oder bereits abweichende Regelungen z.B. nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AentG) oder nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) den Lohn regeln.
Das Mindestlohngesetz (MiLoG) hat das Gesetz über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen (MiArbG) aufgehoben und ist Bestandteil des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie. Unabhängig vom Mindestlohn verbleibt es im Übrigen bei der bisherigen Rechtsprechung zum sittenwidrig zu niedrigen Entgelt nach § 138 BGB, als eine weitere Untergrenze der Vergütung. Der Mindestlohn ist nicht abdingbar, Arbeitnehmer können also auch nicht freiwillig darauf verzichten. Regelungen, die darauf ausgerichtet sind, den Mindestlohn zu unterschreiten, sind bis auf einige wenige Ausnahmen unwirksam.
Der Mindestlohn fällt je Stunde geleisteter Arbeit an, d.h. grundsätzlich für alle Zeiten, in denen der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeit verrichtet. Besondere Regelungen gelten für die Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienste sowie Wegezeiten. Bei der Berechnung ebenfalls individuell zu berücksichtigen sind Zuschläge wie z.B. für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen und Nachtarbeitszuschläge aber auch Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld und weitere Lohnzuschläge.
Problematisch wird die Berechnung auch in dem sehr häufigen Fall, dass ein fester monatlicher Bruttolohn und eine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbart sind. In diesen Fällen schwankt der Stundenlohn je nach Anzahl der Arbeitstage eines Monats. Mögliche Lösungsmöglichkeiten wie z.B. der Vereinbarung eines Stundenlohns, der Vereinbarung fester monatlicher Stundenkontingente, der Berechnung anhand der maximalen Stundenzahl oder der Einführung von Arbeitszeitkonten bedürfen einer individuellen Abwägung.
Nicht vom MiLoG betroffen sind freie Mitarbeiter. Dabei bedarf es jedoch einer genauen Prüfung, ob es sich tatsächlich um selbständig tätige oder um nach dem arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff zu beurteilende Beschäftigte handelt. Insbesondere die Umwandlung von zuvor sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen in Verträge mit freien Mitarbeitern kann ein Indiz für eine missbräuchliche Gestaltung darstellen.
Es ist damit zu rechnen, dass die Zollverwaltung und die Sozialversicherungsprüfer die Einhaltung des Mindestlohngesetzes gründlich kontrollieren werden. Zu Infozwecken, aber auch um Arbeitnehmern die Möglichkeit zu geben Gesetzesverstöße anzuzeigen, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eigens eine Mindestlohn-Hotline geschaltet.
Die Nichteinhaltung des MiLoG kann verschieden Rechtsfolgen nach sich ziehen. Zum einen haben betroffene Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Entgeltdifferenz zwischen dem Mindestlohn und dem tatsächlich gezahlten Entgelt und könnten diesen Betrag einklagen, zum anderen werden die Sozialversicherungsträger bei der Berechnung von Nachforderungen grundsätzlich vom Mindestlohn ausgehen. Die Nachforderungen werden bei dem Arbeitgeber erhoben, dieser hat jedoch nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten diese Forderungen an seinen Arbeitnehmer nachträglich weiterzureichen. Im Übrigen begeht ein Arbeitgeber, der den Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt, eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 EUR geahndet werden kann. Bei der Berechnung der Geldbuße kann von der Faustregel „2x nicht gezahlter Mindestlohn +30%“ ausgegangen werden. Ein Auftraggeber, der einen Auftragnehmer mit der Erbringung von Dienstleistungen beauftragt, haftet auch für die Verpflichtungen dieses Unternehmers zur Zahlung von Mindestlohn. Für die Zusammenarbeit mit Contact Center Dienstleistern empfiehlt es sich für Auftraggeber, sich die Zahlung des Mindestlohns an die Mitarbeiter des Auftragnehmers durch den Auftragnehmer schriftlich bestätigen zu lassen.
Wir empfehlen grundsätzlich eine regelmäßige Überprüfung der Vereinbarungen mit Arbeitnehmern und beauftragten Dienstleistern.
http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/milog/gesamt.pdf
– Felix Prömel (Junior Berater)
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