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Tipp KW 46 – 2020

Weil einfach einfach einfach ist

Zielgruppengerechte Kommunikation an Mitglieder des Senior Managements – aber nicht nur an die.

Ein nicht geringer Teil der Aufgaben aus unserem Berateralltag besteht aus dem Erstellen (und oft auch Vortragen) von Präsentationen, Projektstatusberichten, Analysen und dergleichen. Weil wir oft in der Rolle als Projektleiter bzw. -verantwortliche tätig sind, aber auch weil wir üblicherweise relativ viel Übung und Erfahrung darin haben, solche Vorträge mit den zugehörigen Unterlagen vorzubereiten und durchzuführen.

Und nicht zuletzt, weil wir immer wieder erleben, dass – trotz bestem Fachwissen und hervorragenden Detailkenntnissen in den Projekten – viele Spezialisten in den Fachbereichen ebenso wie viele Manager der mittleren Führungsebenen immer wieder Herausforderungen haben, zielgruppengerechte Unterlagen für ihre Vorgesetzten zu erstellen (für das Senior Management, für das Board, für Steercos, usw.) und diese Aufgabe dann gerne an uns Berater übertragen. Kein Problem, wir unterstützen gerne, das ist unsere Aufgabe und Berufung.

Aber eigentlich ist das Ganze gar nicht so schwer, wenn man sich ein paar Grundlagen und Grundwahrheiten vergegenwärtigt, über die wir im Folgenden sprechen möchten. Dabei möchte ich ganz bewusst nicht auf darstellerische Details von beispielsweise Projekt-Statusberichten eingehen (also wie Sie z.B. anhand eines Ampelsystems Projektfortschritte graphisch aufbereiten, oder ob Sie dafür Balken und Prozentangaben verwenden), sondern Ihnen ganz grundsätzliche Gedankenanregungen geben.

Welche Informationen braucht meine Zielgruppe?

Verwirrung lässt sich wunderbar stiften, indem man die Informationsmenge erhöht.“ (Unbekannter Verfasser). 

Wie sieht üblicherweise der Tag von Bereichsleitern, Direktoren oder Vorstandsmitgliedern aus? Er ist meist eng durchgetaktet, viele unterschiedliche Themen wechseln sich im Halbstunden- oder Stundenrhythmus ab. Steercos, Statusmeetings und Regeltermine geben sich die Klinke in die Hand. Für jedes Thema bleibt nur wenig Zeit, eine gezielte Vorbereitung auf Termine ist oft schwierig, es müssen ad hoc Entscheidungen in den jeweiligen Terminen getroffen werden.

Der Entscheider hat also oft keine Zeit, sich tief in die Details eines Projekts oder eines beliebigen Themas einzuarbeiten. Sondern wünscht sich klare, knappe, fachlich fundierte Informationen. Eine Zusammenfassung auf einem eher abstrakten Niveau, die aber alle wesentlichen Informationen enthält. Bleiben Sie kurz, knapp, wesentlich. Dass die dahinterliegenden Details von den Fachleuten durchdacht, diskutiert, bearbeitet und gelöst werden, darauf will und muss sich die Führungskraft verlassen. Sie können darauf verzichten, dem Manager durch das Präsentieren zu vieler Details klarzumachen, dass Sie viel Arbeit investiert haben. Zeigen Sie lieber durch das sinnvolle Reduzieren auf die wesentlichen Punkte, dass Sie viel Hirnschmalz investiert haben und sowohl Ihre Aufgabe als auch seinen Bedarf verstehen. Eine Seite für jeden wichtigen Teilaspekt eines Themas sollte üblicherweise ausreichen, und mehr als 10-15 Seiten sprengen oft schon den Rahmen eines einstündigen Termins.

Sollte der Manager Interesse haben, in einen bestimmten Aspekt tiefer einzusteigen, wird er vermutlich an der geeigneten Stelle nachhaken, um eine der zusammengefassten Informationen im Detail besser zu verstehen. Dazu ist es sinnvoll, im Anhang der bewusst eher kurz gehaltenen Unterlage trotzdem alle relevanten Detailinformationen dabeizuhaben, um sie bei Bedarf zu zeigen.

Welche Informationen braucht meine Zielgruppe eher nicht?

Sage nicht alles, was du weißt, aber wisse immer, was du sagst.“ (Matthias Claudius, Deutscher Dichter und Journalist, 1740-1815).

Wie bereits weiter oben beschrieben: Wenn Sie z.B. eine halbe Stunde haben, um ein bestimmtes Thema vorzustellen, dann helfen den Zuhörern zu viele Details oder zu viele Informationen üblicherweise nicht weiter.

Stellen Sie sich vor, Sie sollen Besuchern des Trainingszentrums eines Fußball-Bundesliga-Vereins innerhalb von 15 Minuten einen Überblick über den Trainingsalltag der Profis erzählen. Sie werden vermutlich einen Überblick geben – also beispielsweise, dass es Theorie- und Praxisteile gibt, Taktikeinheiten, individuelle Fitnesstrainings, gemeinschaftliche Fitnesstrainings, Anteile mit Ball am Fuß, Anteile ohne Ball, Physiotherapieeinheiten und Massagen, usw., und jeweils ein paar Sätze darüber verlieren. Und so den Besuchern eine Übersicht vermitteln. Sie werden aber vermutlich nicht zehn der 15 Minuten damit verbringen, die theoretischen und praktischen medizinischen und orthopädischen Hintergründe der Physio-Einheiten zu erläutern, und wie genau was genau bei den täglichen Massagen behandelt wird, und warum.

Doch auch wenn Sie diese Details nicht proaktiv vortragen: Es ist sinnvoll, eine Detailfrage, die aus dem Zuhörerkreis kommt, trotzdem beantworten zu können. Denn diese Kompetenz haben Sie ja schließlich als Fachmann.

Die zwölf Stilregeln des NaWik

„Nur ein großer Geist wagt es, einfach im Stil zu sein“ (Stendhal, frz. Schriftsteller, 1783-1842).

Das Nationale Instituts für Wissenschaftskommunikation (NaWik) in Karlsruhe hat das Problem der zielgruppengerechten Kommunikation aus der Perspektive von Wissenschaftlern beleuchtet, die ihre oft sehr komplexen Erkenntnisse auch fachfremden Zuhörern vermitteln müssen, und zwölf Stilregeln definiert. Nicht nur Wissenschaftler richten sich gerne danach, auch viele Journalisten und Texter. Sie eignen sich aber ebenso, um komplexe fachliche Themen z.B. an Mitglieder des Managements zu transportieren:

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Mit einer einfachen Frage kann man sich leicht selbst auf die Probe stellen: „Kann ich in drei knackigen Sätzen formulieren, woran ich gerade arbeite?“. Schaffe ich das, habe ich meine Kernbotschaft gefunden und kann sie anderen auch vermitteln. Wenn nicht: Üben.

Das klingt gut – hilft mir das jetzt nur fürs Senior Management?

Nein. Ja. Auch. Sie haben es längst gemerkt: Wir haben hier nicht nur über zielgruppengerechte Kommunikation fürs Senior Management gesprochen, sondern über Gedanken, Hinweise und Ideen, um Vorträge und Präsentationen für beliebige Zielgruppen besser zu gestalten.

Die Fragestellungen sind nämlich immer dieselben:

  • Wer ist meine Zielgruppe?
  • Was beschäftigt meine Zielgruppe?
  • Welcher (Sprach-/Grafik-)Stil ist passend?
  • Welches Thema interessiert meine Zielgruppe?
  • Welchen Detailgrad braucht/erwartet meine Zielgruppe?
  • Welches Ziel verfolge ich?

Wenn Sie diese Fragestellungen für einen Vortrag oder eine Präsentation vorab sinnvoll beantworten können, haben Sie einen großen Teil des Weges zurückgelegt, bevor Sie die erste Folie gestaltet haben.

Gerhard Klose –  Senior Berater 

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