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Tipp KW 46 – 2016

Die Europäische Call Center Norm EN 15838 wurde Ende 2009 ins Leben gerufen und gilt seitdem als Standard für Kundenkontaktzentren. Im Mittelpunkt der Norm steht die Zufriedenheit der Endkunden sowie die ausgezeichnete Auftragserfüllung auf Basis der getroffenen Vereinbarungen. Die Struktur der Normensammlung orientiert sich dabei an 4 Erfolgssäulen im Call Center Bereich: Personal, Organisation, Prozesse und Technik.

Für viele Leiter eines internen oder externen Kundenkontaktzentrums stellen sich die Fragen:“ Was ist der Nutzen einer Zertifizierung gemäß EN 15838 und welcher Aufwand muss für eine Zertifizierung betrieben werden?“

Der vorliegende Tipp der Woche geht auf diese Fragen ein und schafft Klarheit darüber, für wen eine Zertifizierung in Frage kommt.

Nutzen einer EN 15838 Zertifizierung
Grundsätzlich erlangt man mit dem EN 15838 Zertifikat ein Qualitätsmerkmal, dass nach außen hin sichtbar ist und dass Vertrauen in die Leistungsfähigkeit eines Call Centers, Customer Care Centers oder Customer Communication Centers schafft. Gerade für Call Center Dienstleister kann dies ein bedeutender Wettbewerbsvorteil sein. Manche Unternehmen gehen inzwischen sogar so weit, dass sie das Zertifikat von ihren Dienstleistern einfordern.

Nach innen gerichtet kann eine EN 15838 Zertifizierung Qualitätsverbesserungen und Prozessoptimierungen auslösen. Denn durch die Gestaltung von einheitlichen und transparenten Prozessen lassen sich erfolgreich Kostenpotenziale sowie Performance-Steigerungen bergen unter der Voraussetzung, dass die Organisation über eine Dokumentation von Prozessen hinausgeht und Optimierungsvorhaben mit einbindet.

Mit einer einmaligen Verbesserung ist den wenigsten Unternehmen geholfen, so macht es auch Sinn, dass der Standard ein Qualitätsmanagementsystem vorsieht, dass die kontinuierliche Qualitätsverbesserung von Abläufen und somit der gesamten Dienstleistung einfordert. Durch das Durchlaufen der Zertifizierung kommen Organisationen so ihrem Wunsch nach einem nachhaltigen Qualitätsmanagement näher.

Es gibt selbstverständlich Kundenkontaktzentren, die sich im Hinblick ihres Aufbaus und ihrer Abläufe sehr gut aufgestellt haben. Nicht selten kommt es vor, dass durch den unabhängigen Blick von außen, den die Zertifizierung darstellt, ein Bestätigung des eigenen Handels und Stärkung der eingeschlagenen Richtung erfahren wird.

Wie verläuft eine Zertifizierung?
Fällt der Begriff der Zertifizierung, sehen sich die meisten Unternehmen schon in Unmengen von unnützen Dokumenten untergehen. Die Scheu vor der vermeintlich unproduktiven Arbeit, die eine Zertifizierung mit sich bringt, lässt solche Vorhaben im Keim ersticken. Diesem Schreckensszenario setzt die EN 15838 Zertifizierung eine klare Vorgehensweise und an der Praxis orientierte Vorgaben entgegen:

    1. Erstgespräch: Dieses dient zur Klärung von Detailfragen bezüglich Dauer, Kosten, weiterer Ablauf der Zertifizierung, Anzahl der Standorte und Mitarbeiter, Termine, etc.
    2. Pre-Audit: Anhand vorhandener Unterlagen erfolgt eine Kurzüberprüfung der relevanten Bereiche Personal, Organisation, Prozesse und Technik. Ergebnis dieser Erstsichtung ist eine Empfehlung pro oder contra Zertifizierung. Sollte letzteres der Fall sein, erhält das zu zertifizierende Kundenkontaktzentrum eine Target Liste mit den Bereichen, in denen es Nachholbedarf hat.
    3. Erstellung einer schriftlichen Dokumentation: Hierbei handelt es sich um Informationen, die für ein Call Center wesentlich von Bedeutung sind, wie z.B. Organigramm, Personalbereich, Prozessmanagement, technische Ausstattung oder Reports. Die Norm listet die notwendigen zu dokumentierenden Bereiche konkret und nachvollziehbar auf. Bei diesem Schritt wird besonders deutlich, wo die größten Schwächen in der Organisation liegen. Bei der Beseitigung der Informationslücken erschließen sich bereits die ersten Wissenszugewinne.
    4. Zertifizierungs-Audit im Call Center: Im Verlauf des Audits kommt es zur Überprüfung der Dokumentation und der Systeme vor Ort. Darüber hinaus stellen die Auditoren durch Einzelgespräche mit Mitarbeitern und Führungskräften und durch die Betriebsbegehung fest, wie das Kundenkontaktzentrum arbeitet. Es erfolgt eine schriftliche Bewertung durch die Auditoren, die abschließend von der zentralen Zertifizierungsstelle freigegeben werden muss. Mit dem positiven Abschluss des Audits wird das „Zertifikat“ ausgestellt.
    5. Gültigkeit des Zertifikates: Sofern die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung des Zertifikates gegeben sind, beträgt die Gültigkeit sechs Jahren. In einem zweijährigen Rhythmus findet ein Überwachungsaudit statt, um die nachhaltige und durchgängige Qualität der Dienstleistung unter Beweis zu stellen. Dieser ist dem generellen Ablauf ähnlich, fällt jedoch hinsichtlich des Zeit- und Kostenaufwands geringer aus.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sowohl externe also auch interne Kundenkontaktzentren durch eine EN 15838 Zertifizierung gewinnen können. Dies geschieht jedoch nicht automatisch, sondern bedingt die Mitarbeit des Zertifizierten. Diese Mitarbeit umfasst nicht nur die Dokumentation von Prozessen, sondern insbesondere die Ausgestaltung von unterentwickelten Unternehmensbereichen. So wird deutlich, dass der betriebene Aufwand sehr gut genutzt werden kann, um Schwachstellen aus dem Weg zu räumen und Verbesserungen umzusetzen. Gleichzeitig erlangt man eine Auszeichnung, die als Qualitätssignal auf dem Markt Beachtung findet.

– Jasmin Majetic (Berater)
junokai

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