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Tipp KW 45 – 2019

Preis ist nicht alles – Performance, Qualität und Sales richtig berücksichtigen

Die Vergütung der Leistung von Dienstleistern im Kundenservice erfolgt nach wie vor auf Basis Stück-, Minuten- oder Stundenpreis. Dabei wird häufig nur auf den reinen vereinbarten Preis geschaut und man vernachlässigt die erbrachte Leistung und ob diese mit Blick auf Quantität, Qualität und Sales tatsächlich den eigenen Anforderungen entspricht. 

Ganz konkret muss die Frage beantwortet werden: Werden alle Kontakte, ob telefonisch oder schriftlich, dann bearbeitet, wenn der Kunde sich meldet? Also, wie ist die Erreichbarkeit und wie sind die Warte- und Antwortzeiten für den Kunden? 

Wird das Problem und die Anfrage des Kunden tatsächlich gelöst oder muss sich der Kunde wieder melden?

Bietet der Mitarbeiter dem Kunden weitere Services und Produkte an und generiert dadurch eine Sales-Leistung?

Gute Performance, Qualität und Sales-Leistung sollten ein elementarer Bestandteil der Vergütung sein und sich im Preis widerspiegeln. Auf der anderen Seite muss sich natürlich ebenso eine nicht zufriedenstellende Leistung ebenfalls in der Vergütung des Dienstleisters abbilden.

Wie können solche Leistungsmodelle also aussehen? Ziel bei allen Modellen sollte sein, ein Anreizsystem zu entwickeln, zum Beispiel über eine Bonus- /Malus-Systematik, die für den Auftragnehmer eine spürbare kommerzielle Relevanz hat und Gutleistung „belohnt“ aber eben auch Schlechtleistung „bestraft“.

Schauen wir uns den Punkt Erreichbarkeit, Warte- und Antwortzeiten an. Im besten Fall erhält der Auftragnehmer vom Auftraggeber mit ausreichender Vorlaufzeit einen Forecast auf Intervallbasis der den Bedarf anzeigt. Dabei sind verschiedenste Arten von Forecast möglich. Beispielhaft seien hier zwei der häufig genutzten Forecast-Arten, einmal ein Forecast für Kontakte auf Halbstunden- oder Stundenintervall pro Tag oder auch ein Forecast für eine Anzahl an Mitarbeitern pro Stunde oder pro Tag genannt. Ziel für den Auftraggeber ist es dabei immer sicherzustellen, dass alle geplanten Bedarfe durch den Auftragnehmer abgenommen werden. Üblicherweise erwartet man vom Auftragnehmer dabei Forecasterfüllungen die zwischen 95 und 100 Prozent liegen. Um vertraglich und somit auch kommerziell sicherzustellen, dass die Forecasterfüllung durch den Auftragnehmer auch realisiert wird, sollte bei einem Vergütungsmodell dieser Punkt eine Mindestanforderung sein. Das heißt eine Unterfüllung durch den Auftragnehmer sollte kommerziell „bestraft“ werden. Zum Beispiel durch einen Malus bei der Vergütung, abhängig der Größe der Untererfüllung. Dies gilt ebenso oder vor allen Dingen auch dann, wenn ein Auftragnehmer exklusiv einen Service anbietet. Ob beim Punkt Forecasterfüllung auch ein Bonus für den Auftragnehmer möglich ist, hängt davon ab, ob eine Übererfüllung durch den Auftraggeber gewollt ist. Beispiel: wenn mehr als ein Dienstleister beauftragt ist, eine Leistung zu erbringen, kann es passieren, dass eine Übererfüllung von Partner A (es werden mehr Kontakte bearbeitet als geforecastet), für Partner B eine Untererfüllung bedeuten kann. In diesem Fall wäre ein Bonus oder sogar grundsätzlich eine Vergütung der Mehrmengen schlecht, da auf der anderen Seite für Partner B eine Kompensation für eine mögliche Unterbelieferung zu zahlen wäre. 

Forecasterfüllung ist hier gleichbedeutend mit dem Punkt Erreichbarkeit oder Servicelevel, insbesondere nämlich dann, wenn ein Auftragnehmer exklusiv eine Line bearbeitet kann es sinnvoll sein, eine Vergütung abhängig von der KPI Erreichbarkeit und/oder dem Servicelevel zu gestalten. Zu beachten gilt dabei, dass insbesondere auch in den Randzeiten definierte Zielwerte erreicht werden. Da es häufig vorkommt, dass über einen Tag/Woche/Monat betrachtet, der Zielwert der Erreichbarkeit / Servicelevel erfüllt ist, während die konkreten Intervalle in den Randzeiten deutlich schlechter aussehen. Und das mit negativen Auswirkungen auf die Zufriedenheit und die Customer Experience. Dies gilt es durch klug definierte vertragliche und kommerzielle Regelungen vermeiden.

Ein weiterer Punkt ist die Sicherstellung der qualitativen Anforderungen des Auftraggebers. In einem kommerziellen Vergütungsmodell sollte erreicht werden, dass alle qualitativen Anforderungen durch den Auftragnehmer erfüllt werden. Die Erfüllung der qualitativen Zielvorgaben muss dabei einhergehen mit der Erfüllung der anderen definierten Parameter, wie den quantitativen Zielen (siehe oben) und der gleichzeitigen Erfüllung der Salesvorgaben. Das heißt es müssen in einem Vergütungsmodell ebenso qualitative Parameter definiert werden. Dabei wird Gutleistung kommerziell „belohnt“ und Schlechtleistung kommerziell „bestraft“. Qualitative Ziele können sein: Servicequalität, Freundlichkeit, Lösungsquote, Durchlaufzeit, Fehlerquote, Weiterleitungsquote, Recontact Rate, etc.. Hat man die qualitativen Ziele definiert, zum Beispiel über Benchmarkwerte, so sind ebenso Schwellwerte für die Unter- und Übererfüllung festzulegen. Über ein Bonus- / Malus-Modell kann dabei eine Überfüllung bzw. Gutleistung des Auftragnehmers kommerziell belohnt werden und auf der anderen Seite eine Untererfüllung oder Schlechtleistung einen Malus in der Vergütung bedeuten. Bonus- / Malus-Schwellwerte sollten zwischen zehn bis 20 Prozent liegen. Wenn man qualitativen Kennzahlen definiert ist sicherzustellen, dass auch alle Werte messbar sind und in einer ausreichenden statistisch relevanten Stichprobe zur Verfügung stehen. Je kleiner die Stichprobengröße, desto größer ist die Gefahr von starken Schwankungen der Werte. Es empfiehlt sich außerdem nur maximal zwei bis drei qualitative Kennzahlen als Bonus- / Malus-relevant zu definieren. Denn je mehr Kennzahlen definiert werden, desto irrelevanter können Abweichungen von einzelnen KPI bei Über- oder Untererfüllung werden.     

Der dritte und ebenso wichtige Punkt ist die Sicherstellung von Salesvorgaben durch den Auftragnehmer. Auch hier gilt es für den Sales-Erfolg relevante Kennzahlen auszuwählen und zu definieren. Diese sind unter anderem die Conversion-Rate, die Stornoquote sowie die Werthaltigkeit der verkauften Produkte. Die Salesziele sollten also gewährleisten, dass eine möglichst hohe Abschlussquote erreicht wird und gleichzeitig die Qualität der Beratung so gut ist, dass der Kunde den Auftrag nicht mehr storniert und dabei der Auftragnehmer die Produkte dem Kunden mit einer hohen Werthaltigkeit für den Auftraggeber verkauft. Dabei sollte idealer Weise jeder Kundenkontakt für einen Sales-Abschluss genutzt werden (Stichwort X-Sell; up-Sell). Das bedeutet, dass bei jedem Thema/Service möglichst immer auch Sales-Ziele definiert werden. Abhängig von dem Thema und zu bearbeiteten Service sind dabei unterschiedliche Ziele festzulegen. Wie konkret die Sales-Vergütungslogik dann gestaltet wird, dazu gibt es etliche gute Vergütungsvarianten, die aber immer im Dreiklang stehen von Menge, Qualität und Werthaltigkeit.     

Die quantitativen und qualitativen Anforderungen sowie die Sales-Anforderungen müssen bei der Entwicklung des Vergütungsmodell immer als Einheit betrachtet werden. Es gilt eben nicht nur Kundenkontakte irgendwie zu bearbeiten sondern diese zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Qualität zu bearbeiten und, wenn das Anliegen des Kunden im Sinne des Kunden zur Zufriedenheit erfolgt ist, der Kunde also eine gute „Customer Experience“ erlebt hat, auch noch mit einem werthaltigen Verkauf abzuschließen. 

Das heißt, dass für die drei Elemente Quantität, Qualität und Sales in einem Vergütungsmodell untere Schwellwerte definiert werden sollten. Unterschreitet nur ein Element einen der Schwellwerte sollte das dazu führen, dass kein Bonus gezahlt wird, auch wenn die anderen KPI über Ziel sind. Man definiert sozusagen eine Eintrittskarte zum Anspruch auf die Erzielung eines Bonus. Eine Überschreitung der Zielvorgaben sollte auf der anderen Seite aber ebenfalls kommerziell so attraktiv sein, um beim Auftragnehmer den Ansporn zu wecken, eine gute Leistung zu erbringen die dann eben auch kommerziell „Spaß“ macht. Als Alternative zu einem Bonus- / Malus-Modell kann auch ein reines Bonus-Modell eine Option sein. Hierbei sollte der „Grundpreis“ jedoch deutlich niedriger festgelegt werden als bei einem Bonus- / Malus-Modell. Dieser Grundpreis sollte kommerziell so unattraktiv für den Auftragnehmer sein, dass er ein maximales Interesse hat, die Zielvorgaben zu übertreffen.  

 

Zusammengefasst also ist die Diskussion darüber, welchen Preis man im Kundenservice für die Bearbeitung von Kundenkontakten bezahlt, immer zu verknüpfen mit der Frage, welche quantitativen und qualitativen Ziele sowie auch welche Salesziele erreicht werden. Nur bei der Betrachtung dieses Dreiklangs von Quantität, Qualität uns Sales lässt sich der „richtige“ Preis für die erbrachte Leistung ermitteln.     

Jürgen Marx (Senior Berater)

junokai

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