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Tipp KW 45 – 2017

Von vielen Technologieanbietern im Bereich Kundenservice wird intensiv mit dem Thema Multi-Channel-Contact Center geworben. Doch wie sieht die tatsächliche Nutzung in der Praxis aus? Einmal abgesehen davon gibt es kaum ein Agentenprofil, welches in allen Kanälen gleichermaßen perfekt kommunizieren kann. Zu unterschiedlich sind die Anforderungen an vertriebsstarke Outbound-Kommunikation, Schriftverkehr, der Netiquette im Chat oder einer Kommunikation über Twitter mit bisher 140 oder künftig mit 280 Zeichen. Wie sollte man also mit den neuen Kanälen umgehen, was sind die Treiber einen neuen Kanal zu etablieren? Im Moment sehen wir in der Beratungspraxis ein hohes Interesse, jedoch eine sehr zögerliche Umsetzung. Gründe dafür sind häufig ein abwarten, ob und wie sich ein Kanal durchsetzen wird, die vermutete komplexe Umsetzung durch die IT und die damit verbundenen Kosten sowie die Zeit. Doch trifft das heute wirklich noch zu?

Die Digitalisierung bringt uns eine spannende neue Zeit mit einer hohen Veränderungs-geschwindigkeit. Wir allen kennen noch SMS. Es dauerte 20 Jahre bis ein Tagesvolumen von ca. 20 Milliarden Nachrichten pro Tag erreicht wurde. WhatsApp hat dafür nur ein Zehntel der Zeit benötigt. Und die Zeit steht nicht still. WhatsApp hat angekündigt einen P2P Zahlungsdienst in Indien, seinem größten Markt, einzuführen. Können wir uns leisten noch weiter zu warten? Ich denke Nein! Die uns heute zur Verfügung stehenden Lösungen lassen eine Einführung von neuen Kanälen in kurzer Zeit zu geringen Kosten zu. Basis dafür sind cloudbasierte Lösungen, die nach dem Pay-per-Use Prinzip abgerechnet werden.

Künftig stellt man eine Hypothese auf, was mit dem neuen Kanal erreicht werden soll. In einer ersten Iteration wird das Projekt mit einer begrenzten Anzahl von Arbeitsplätzen umgesetzt und überprüft, ob die angestrebten Ziele und Annahmen zutreffen. Dabei kann man sich an der Lean-Start-up Methode erfolgreicher Start-up-Unternehmen orientieren. Ein Kernpunkt dabei ist das „Minimal Viable Product“. Mit diesem Ansatz wird schnellst möglich ein Produkt/Service mit sehr begrenzten Kernfunktionen auf den Markt gebracht und zur Überprüfung der Hypothese Feedback von Kunden und Partnern eingeholt. Man muss bereit sein, Hypothesen zu verwerfen, wenn diese sich nicht bestätigen und neue zu entwickeln, um weiter zu testen. Auch die Einstellung eines Projektes ist heute, bei richtiger Auswahl der verwendeten Technologie, kein großes finanzielles Abenteuer. Da bei cloudbasierten Modellen Lizenzen, Server etc. nicht mehr gekauft werden müssen, beschränken sich die Kosten im besten Fall auf die, für die Nutzungsdauer anfallenden, monatlichen Lizenzkosten. Auf Grund der Vielzahl interessanter Lösungen auf dem Markt können Sie sich nach dem Best-of-Breed Ansatz für die für die Aufgaben am besten passenden Lösungen entscheiden. Offene und transparente Schnittstellen lassen eine Integration in bestehende Systeme jederzeit zu. Eine Bindung an einen einzelnen Hersteller ist nicht zwingend notwendig. Sie können die am besten geeignete Applikation aus einer Vielzahl von Angeboten auswählen und über ein „Free Trail“ Modell testen. Beispielhaft können dafür Lösungen wie Zendesk, LiveAgent oder Freshdesk genannt werden. Alle diese Lösungen können für einzelne (z.B.Chat) oder mehrere digitale Kanäle eingesetzt werden. Eine App Marketplace mit fertigen Schnittstellen zu anderen Systemen wie zum Beispiel Salesforce, Google Analytics oder Shopsystemen wird heute von allen Herstellern angeboten.

Wenn es ihnen gelungen ist, ein erfolgreiches Modell zu finden, können sie die Anzahl der Arbeitsplätze jederzeit bedarfsgerecht erweitern und nach Bedarf skalieren. So sind sie in der Lage schnell und erfolgreich auf neue Situationen und Kanäle im Kundenservice zu reagieren.

– Hartmut Beyer (Senior Berater)
junokai

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