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Tipp KW 44 – 2015

Verantwortliche im Kundenservice sehen sich immer wieder mit steigenden Kosten konfrontiert, Mindestlohn, hohe Fluktuation intern oder bei externen Partnern und damit steigende Rekrutierungs-, Schulungs- und Einarbeitungskosten oder aber auch dauerhaft hohe Krankenquoten, an denen ständig optimiert werden muss.

Nicht selten werden als Maßnahmen die Pauschalallheilmittel angewendet. Dazu gehören sicher Outsourcing, bestmöglich noch Near- oder Offshore, Servicelevel Reduzierungen oder verkürzte Bearbeitungszeiten durch strikt einzuhaltende Vorgaben an die Kundenberater. Ob diese Maßnahmen allerdings dazu beitragen, nachhaltig auch die Kundenzufriedenheit zu verbessern, muss jeder Entscheider für sich selbst überprüfen.

Für all diejenigen, die nicht gleich die große Keule anwenden wollen, gibt es Maßnahmen, die zugegebener Maßen akribische Feinarbeit voraussetzen und deren Wirksamkeit sich erst im Laufe der Zeit schrittweise entfaltet, die jedoch neben positiven Effekten auf die Kosten auch die Kundenzufriedenheit nachhaltig steigern. Und hier sind nicht Maßnahmen gemeint, die der Kundenservice nicht selbst beeinflussen könnte, wie Kontaktvermeidung initiiert durch vorgelagerte Unternehmensbereiche wie Produktion oder Marketing. Wir reden über die Dinge, die vom Kundenservice selbst beeinflussbar sind.

Hand aufs Herz: Wer kennt wirklich die eigene Sofortlösungsrate (auch First Fix Rate (FFR) oder First Resolution Rate (FRR) genannt) seines First Level Kundensupports und wer kennt die Weiterleitungsquoten (WLQ), die zwischen Teams gerade in großen Kundenserviceeinheiten produziert werden?

Sofortlösungsrate und Weiterleitungsquote bieten sich ideal an, um auf der einen Seite Kosten zu reduzieren und auf der anderen Kundenzufriedenheit zu steigern. So lassen sich gleich zwei scheinbar konkurrierende Ziele erreichen.

Da es nicht so einfach ist, die Sofortlösungsrate automatisiert zu messen, liegt sie in vielen Unternehmen heute nicht vor. Sie ist jedoch ein wichtiger Indikator, um festzustellen, wie viele Kunden sich erneut melden müssen, um ihr Anliegen abschließend zu klären bzw. wie viele Mitarbeiter in nachgelagerten Supportstufen mit der Lösung des Problems beschäftigt sind, wenn es nicht gleich im 1. Level möglich war. Klar ist: Je höher die Sofortlösungsquote ist, desto weniger Folgekontakte finden statt, was zu verringertem Aufwand in der Bearbeitung und dazu zu nachhaltigen Kosteneinsparungen führt. Bei vielen Unternehmen liegt die Sofortlösungsquote in der Regel um die 70%. Dreißig von hundert Fällen werden also nicht im 1. Level gelöst und verursachen weitere Kosten. Die Erfahrung zeigt, dass eine Verbesserung auf 80-85% durchaus in den meisten Fällen machbar ist. In der Regel sind 2-3 Folgekontakte für einen nicht sofort gelösten Kontakt die Realität. Das Einsparungspotenzial daraus liegt auf der Hand.
Messungen der FFR können aus Folgekontakten von Kunden automatisiert ermittelt werden oder aus Kundenabschlussbefragungen erhoben werden. Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, man muss einfach einmal eine Messung festlegen, einführen und die Entwicklung dauerhaft beobachten.

Ähnlich verhält es sich bei der Weiterleitungsquote. Gerade bei externen Dienstleistern, deren Fluktuation sehr hoch ist, werden oftmals durch neu ausgebildete Mitarbeiter im 1. Level nicht alle zu bearbeitenden Fälle wirklich gelöst, sondern aufgrund fehlenden Wissens hin und wieder an einen anderen Mitarbeiter weitergeleitet – und das obwohl es schon vom ersten Mitarbeiter hätte gelöst werden können. Weitere Gründe sind ein schlechtes Call Routing, unverständliche IVR-Menüs oder Skills, die Mitarbeiter schlichtweg überfordern. Gerade wenn mehrere externe Partner für einen Skill beschäftigt sind, wird das schnell unübersichtlich.

Einige Unternehmen wären überrascht, wenn sie ihre Weiterleitungsquoten kennen würden, die durchaus bei mehr als 20% liegen. Die Kostenersparnis einer Reduktion der Weiterleitungen liegt auf der Hand. Auch der Kunde wird es danken, denn unendliches Weiterleiten und Wartezeiten reduzieren sich aus seiner Sicht.

Sofortlösungsrate und Weiterleitungsquote beeinflussen sich also gegenseitig. Daher macht es Sinn, beide zu beobachten und zu managen. Die Möglichkeiten dieser kostenreduzierenden Optimierungsbereiche werden häufig nicht genutzt. Dabei bietet sich viel Potenzial, was weitaus geräuschloser in Unternehmen umsetzbar ist als die eingangs beschriebenen Hau-Ruck Maßnahmen, die gerne Kollateralschäden hinterlassen. Ein Management von FFR und WLQ bedarf allerdings auch einer akribischen Steuerung und benötigt Liebe zum Detail im Zeitverlauf. Von alleine optimieren sich diese Themen nicht!

– Henning Ahlert (Geschäftsführender Gesellschafter)
junokai

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