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Tipp KW 43 – 2020

Arbeitsstättenverordnung im Homeoffice im Kundenservice

In den letzten Monaten hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Regelungen zum Homeoffice für den aktuellen Pandemiefall für eine nachhaltig erfolgreiche virtualisierte Organisation nicht ausreichend sind. In diesem Zusammenhang stellt sich immer wieder die Frage, welche regulatorischen Anforderungen durch den Arbeitgeber zu beachten sind. Neben dem Datenschutz gibt es eine Reihe weiterer Regelungen, die aus unserer Sicht für einen dauerhaften Einsatz von work@home-Agenten (WAHA) im Kundenservice beachtet werden müssen. In unserem heutigen Beitrag wollen wir daher das Thema Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) genauer beleuchten.

Der Unterschied zwischen (Alternierender) Telearbeit und Mobiler Arbeit

Zuerst möchten wir zwei Arbeitsformen abgrenzen, die gerne verwechselt werden. Dabei geht es um die „Alternierende Telearbeit“ und um das „Mobile Arbeiten“. Bei der alternierenden Telearbeit wird die Arbeit i.d.R. im geplanten Wechsel zwischen dem Arbeitsplatz im Büro (betriebliche Arbeitsstätte) und dem Arbeitsplatz im häuslichen Bereich der Beschäftigten erbracht (Telearbeitsplatz in der außerbetrieblichen Arbeitsstätte). Der feste, regelmäßige häusliche Arbeitsplatz ist dabei durch elektronische Informationsverarbeitungs- und Kommunikationsmittel mit der Dienststelle verbunden. Hier können auch sensible und schützenswerte Daten in großer Stückzahl verarbeitet werden, wenn es hinreichende technologische und prozessuale Schutzmaßnahmen gibt. Das „Mobile Arbeiten“ ermöglicht dagegen im Unterschied zur Telearbeit ortsunabhängiges Arbeiten. Mit Hilfe mobiler Informations- und Kommunikationstechnik wird auch hier ein Fernzugriff auf die IT-Infrastruktur des Arbeitgebers hergestellt. Die Verarbeitung sensibler und schützenswerter Daten wird in der Regel nicht vorgenommen, da weder Arbeitsort und Arbeitszeit vorher fest definiert werden können oder sollen. Für den Kundenservice scheidet das mobile Arbeiten aus unserer Sicht somit aus.

Wofür wird überhaupt eine fest definierte Adresse der außerbetrieblichen Arbeitsstätte benötigt?

Aus unserer Sicht wird eine als außerbetriebliche Arbeitsstätte definierte Adresse benötigt um u.a.

  • die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Anforderungen regelmäßig prüfen zu können,
  • die Zutrittsrechte des Arbeitgebers und anderer berechtigter Personenkreise zum Telearbeitsplatz definieren zu können,
  • die Arbeitsmittel und -geräte zu stellen und bei Bedarf tauschen zu können und
  • um die Arbeitsbedingungen am Telearbeitsplatz einmalig bei Einrichtung (besser regelmäßig) prüfen zu können.

Zudem wird insbesondere im Kundenservice mittels Personaleinsatzplanung der Zeitpunkt, die Dauer sowie die zu nutzende Arbeitsstätte (betriebliche vs. außerbetriebliche Arbeitsstätte) definiert.

Begriffsdefinitionen in der Arbeitsstättenverordnung 

Seit einigen Jahren hat die Arbeitsstättenverordnung das Thema Telearbeit explizit berücksichtigt, da die Nachfrage in Unternehmen und Gesellschaft stetig gestiegen ist. Was findet man nun zur Telearbeit in der Arbeitsstättenverordnung? In §2 Absatz 7 ArbStättV steht: „Telearbeitsplätze sind vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat. …“ Dies dürfte also spätestens dann zutreffen, wenn die Pandemie vorbei ist und von temporären Homeoffice-Lösungen auf eine dauerhafte Einrichtung von Telearbeitsplätzen übergegangen wird. Doch wann gilt ein Telearbeitsplatz als eingerichtet und fällt somit unter die Arbeitsstättenverordnung? Im §2 Absatz 8 steht: „Einrichten ist das Bereitstellen und Ausgestalten der Arbeitsstätte. Das Einrichten umfasst insbesondere: … das Festlegen von Arbeitsplätzen.“ Spätestens also mit der Zuweisung, Einrichtung und der betrieblichen Freigabe eines Telearbeitsplatzes und dessen Nutzung auf Basis der Personaleinsatzpläne greift die ArbStättV im Kundenservice auch am Telearbeitsplatz.

Regelungen in der Arbeitsstättenverordnung für Telearbeit im Kundenservice

Dass die Arbeitsstättenverordnung nun auch im Homeoffice greifen soll, verunsichert viele Unternehmen, da sie sich auf dem ersten Blick mit einer Vielzahl von Pflichten konfrontiert sehen. Doch auch hier schafft die ArbStättV Klarheit. Denn im §1 „Ziel, Anwendungsbereich“ steht dazu im Absatz 3: „Für Telearbeitsplätze gelten nur der §3 bei der erstmaligen Beurteilung der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsplatzes, der §6 und der Anhang Nummer 6, soweit der Arbeitsplatz von dem im Betrieb abweicht. (…)“. Es gelten also folgende einzelnen Paragrafen und Anhänge zu beachten:

  • § 1 „Ziel, Anwendungsbereich“
  • § 3 Gefährdungsbeurteilung
  • § 6 Unterweisung der Beschäftigten
  • Anhang 6 – Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen

Für die in §3 genannte Gefährdungsbeurteilung empfehlen wir ein dediziertes Protokoll anzufertigen (kann gerne unter info@junokai.de abgefragt werden), welches sowohl bei erfolgloser als auch nach erfolgreicher Bewertung in der Personalakte abgelegt wird.

Fazit:

Die Auflagen aus der Arbeitsstättenverordnung sind u.E. nach beherrschbar und stellen keinen großen zusätzlichen Aufwand gegenüber dem stationären Betrieb dar. Ausnahme dabei bildet je nach Größe der virtuellen Organisation die erstmalige Gefährdungsbeurteilung bei der Einrichtung des Telearbeitsplatzes. Unsere Empfehlung ist, die Gefährdungsbeurteilung mindestens einmal jährlich zu wiederholen. So stellen Sie sicher, dass Arbeitskraft, Zufriedenheit und Motivation des Telearbeiters dauerhaft hoch bleiben und beide Seiten die Vorteile der Telearbeit vollständig nutzen können.

Jens Mühlberg –  Partner im Beraternetzwerk der  junokai

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