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Tipp KW 42 – 2015

Im letzten TdW wurde der Rahmenvertrag zwischen Dienstleister und Auftraggeber beleuchtet. Dieser Vertrag wird durch einzelne Leistungsscheine zu operativen Themen ergänzt, die wiederum mit entsprechenden Fristen angepasst oder auch gekündigt werden können. Innerhalb dieser Leistungsscheine werden zu erreichende Kennzahlen definiert, die die operative Leistung messbar machen sollen und die Zielsetzung des Auftraggebers abbilden.

Bei der Auswahl der Kennzahlen, die ein Dienstleister erreichen und erbringen soll, ist die wichtigste Maxime: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Das klingt banal, wird jedoch häufig nicht erkannt und gelebt. Niemand möchte sich in endlosen Detaildebatten und Steuerungs-Telefonkonferenzen verlieren und es ist wenig zielführend, bis in die Mikrosteuerung des dienstleistenden Unternehmens hinein zu agieren. Gleichzeitig benötigt ein partnerschaftliches, vertrauensvolles Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer immer auch sinnhafte Kennzahlen, an denen man Erfolg oder Misserfolg messen kann- auch mit berechenbaren monetären Auswirkungen. Die wichtigsten Bereiche betreffen Quantität, Qualität und den Vertrieb. Entscheidend ist ein gleiches Verständnis von Definition und Deutung der einzelnen Zahlen. Dies muss im Vorfeld unbedingt abgeglichen werden. Eine Legende in entsprechenden Dokumenten stellt sicher, dass es keinen Informationsverlust bei Personalwechseln u.ä. gibt. Für alle Kennzahlen muss geklärt werden, wer wann welche Auswertungen liefert.

Beispiele für Quantitäts-Kennzahlen:

Erreichbarkeit: Dabei ist zu entscheiden, ob es sich um Werte auf Intervall- oder Tagesbasis handelt. Zudem ist wichtig zu berücksichtigen, ob es für Bereitzeiten Auslastungsmöglichkeiten gibt (z.B. durch E-Mail-Bearbeitung), oder ob dies „leere“ Zeiten sind. Im zweiten Fall muss über monetären Umgang mit erhöhten Bereitzeiten und über die Personalbesetzung nachgedacht werden.

Servicelevel: Bei Mailbearbeitung kann dies z.B. heißen: Mails werden innerhalb einer Frist von 24 Stunden nach Eingang abgearbeitet. Bei Callbearbeitung legt man üblicherweise Werte fest wie etwa: 80/20 – 80% aller Calls werden in maximal 20 sec angenommen. Hier ist zu prüfen, ob durch Sprachmenüs oder Wartefelder bereits Wartezeiten für Kunden entstehen, die beim Servicelevel aus Kundensicht berücksichtigt werden müssen, um die tatsächliche Wartezeit aus Sicht des Kunden zu messen.

AHT (Average Handling Time): Wie wird dieser Wert berechnet, wo genau werden systemseitig die Zeitstempel für die Berechnung gesetzt? Hier kann es durchaus unterschiedliche Sichten geben. Welche Status zählen in die AHT (auch Hold Time, Ring Time,…?). Üblicherweise liefert die Seite die Daten, deren Anrufverteilanlage genutzt wird – nach der vereinbarten Definition.

Forecast-Erfüllung: Hier können z.B. auch Unter-und Übererfüllungsbereiche festgelegt werden. Zählt Intervall- oder Tagesbasis? Wann und wie stimmen sich die zuständigen Steuerer bzgl. Volumenabnahme und –verteilung ab? In welchem Turnus werden Forecast-Zahlen zur Abstimmung geliefert?

Beispiele für Qualitäts-Kennzahlen:

Kundenfeedback-FCR: Vorab muss verbindlich geklärt werden, wann und in welcher Form ein Kundenfeedback eingeholt wird. Gibt es unterschiedliche Vorgaben für E-Mails und Calls? Eine definierte Mindestanzahl an Bewertungen je Zeitraum X sichern die Belastbarkeit der erhobenen Daten. Dies gilt auch für alle weiteren Punkte.

Kundenfeedback-Bewertung: Diese Daten geben Aufschluss über die Wahrnehmung des Kunden bzgl. des Mitarbeiters. Die zugrundeliegenden Fragen an den Kunden müssen möglichst eindeutig formuliert sein.

Silent Monitoring-Ergebnisse: Analyse von Gesprächen durch interne oder externe Stellen mittels standardisierter Kriterien. Regelmäßige Kalibrierungsrunden sind erforderlich, um sicherzustellen, dass gerade „weiche“ Kriterien einheitlich gesehen und bewertet werden.

Beispiele für Vertriebs-Kennzahlen:

Cross-Selling: Es muss entschieden werden, ob der Fokus eher auf Wandlung in Form von Conversionrates liegt, oder ob absolute Verkaufs-oder Umsatzzahlen entscheidend sind. Bei CR: wie wird diese berechnet? Welche Calls fließen in die Betrachtung mit ein? Kann regelmäßig geprüft werden, ob Ablehnungen, Wiedervorlagen und erfolgreiche Beratungen korrekt gemessen werden? Wie wird mit Stornierungen bzw. Stornierungsquoten umgegangen? All dies sollte schriftlich festgelegt werden, um Missverständnissen vorzubeugen.

Upgrades: Es muss definiert werden, was als Upgrade gezählt wird. Klare Arbeitsanweisungen, wann/wie/worauf darf und soll beraten werden, müssen vorliegen. Auch bei diesem Punkt können Stornierungsquoten eine Rolle spielen.

Prevention/Retention:

Anzahl Kundenrückgewinnungen: Analog zu den oben beschriebenen Punkten müssen hier Ziele wie Conversionrates und/oder Umsätze/Stückzahlen definiert werden.

Die beispielhaft genannten Kennzahlen in den verschiedenen Kategorien zeigen, wie wichtig es ist, sich intensiv vor Vertragsschluss mit ihnen auseinanderzusetzen, um von Anfang an eine Partnerschaft mit dem Dienstleister zu pflegen, die durch klare und messbare Kennzahlen geprägt ist. Das schränkt den Interpretationsspielraum bei Meinungsverschiedenheiten ein und spart Zeit und Ärger im täglichen Umgang miteinander.

– Zoe ter Woord (Beraterin)
junokai

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