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Tipp KW 37 – 2020

Welche Fallstricke man im Onlineshop vermeiden sollte

Corona hat die Wirtschaftswelt stark beeinflusst, unter anderem den Trend der Verlagerung weg vom stationären Handel hin in Richtung Onlinehandel. Der stationäre Handel kann dies nur dann kompensieren, wenn die Onlinepräsenz für den Kunden kein Flop-Erlebnis wird und nicht nur eine einmalige Kaufentscheidung daraus resultiert. Es geht also um die Frage: Wie schafft es das Unternehmen, im Kundenerlebnis eine Nachhaltigkeit auch im Onlinegeschäft sicherzustellen? 

Das positive Kundenerlebnis muss im Vordergrund stehen und alle Aufmerksamkeit im Unternehmen sollte darauf konzentriert sein, alle relevanten Prozesse permanent daraufhin zu prüfen und auszurichten. Als Messlatte im Onlinehandel gelten dabei Amazon oder Zalando wenn es darum geht, wie einfach und komfortabel es für den Kunden ist, eine Bestellung auszuführen, zu bezahlen, Ware zu reklamieren oder zurückzusenden.   

Aus unserer junokai Beratungserfahrung stellen wir leider häufig fest, dass die Kundenservice-Prozesse häufig nicht konsequent darauf geprüft und ausgerichtet sind, ein positives Kundenerlebnis zu erzeugen. Der Anspruch muss sein, einfache und für den Kunden klar verständliche Prozesse und Informationen bereitzustellen. Hier und jetzt möchten wir exemplarisch auf einige Punkte eingehen und herausstellen, wo unter anderem Fallstricke in der Interaktion mit dem Kunden und des daraus resultierenden Kundenerlebnisses liegen.

Es beginnt mit der Startseite und den Möglichkeiten, wie der Kunde Produkte suchen und finden kann. Welche Suchkriterien stehen für den Kunden zur Verfügung und wie einfach und schnell findet der Kunde das, was er sucht? Darüber hinaus müssen die Produkte so beschrieben und bebildert sein, dass alle für den Kunden relevanten Informationen zu finden sind. Dazu gehört eine Beschreibung der Funktionen, Materialien und Maße des Produktes sowie die ausreichende Bebilderung, Informationen zu technischen Daten und so weiter. Dazu gehört auch, wie und wo ich als Kunde die Kontaktmöglichkeiten finde, um mögliche Fragen zu stellen. Ist dies telefonisch, per E-Mail oder per Chat möglich? Wichtig ist auch ein Hinweis, wie schnell meine Anfrage beantwortet sein wird. 

Wenn der Kunde sein präferiertes Produkt gefunden hat, folgt der nächste wichtige Punkt. Nämlich die Hürde der Bestellabgabe zu nehmen, die der Kunde erstmal überwinden muss: Ist eine Registrierung als Kunde nötig oder besteht auch die Möglichkeit, als Gast und zunächst ohne Login und Registrierung eine Bestellung aufzugeben? Lässt das System jede beliebige E-Mail-Adresse zu? Nach wie vor ist festzustellen, dass die Eingabe nicht jedes derzeit bekannten E-Mailformates in manchen Shops möglich und somit die Gefahr sehr groß ist, dass der Kunde den Bestellvorgang abbrechen muss, da keine alternative E-Mail-Adresse vorhanden ist. 

Auch bei den möglichen Zahlungsoptionen, die dem Kunden angeboten werden, besteht die große Gefahr, dass der Kunde seinen Bestellvorgang abbricht, da ihm nur eine begrenzte Auswahl an Zahlungsoptionen angeboten wird. Mittlerweile sind die Zahlungsoptionen sehr vielfältig. Dazu gehören unter anderem Zahlungen per Rechnung, Lastschrift, Kreditkarte, PayPal, Sofort Überweisung, Klarna, Ratenzahlung et cetera.

Hat der Kunde es geschafft, seine Bestellung online aufzugeben, kommt es zur nächsten Frage: den Lieferzeitpunkt der Ware. Auf der Auftragsbestätigung sollte der Liefertermin korrekt angeben sein. Wir stellen dabei aber fest, dass häufig Standardformulierungen genutzt werden, die dann nicht mit den tatsächlichen Lieferterminen übereinstimmen. Immer dann, wenn der avisierte Liefertermin überschritten ist und der Kunde darüber nicht frühzeitig informiert wird, birgt dies die Gefahr, dass sich der Kunde meldet und nach seiner Ware fragt. Eine Nachricht an den Kunden, dass die Ware unterwegs ist, inklusive eines Links zur Sendungsverfolgung hilft auch das Erwartungsmanagement des Kunden zu bedienen.

Die Zahlungsabwicklung und auch der Zeitpunkt des Versands von Zahlungserinnerungen sollten ebenfalls kritisch und sensibel durch den Händler geprüft werden. Es ist sehr irritierend für den Kunden, wenn er trotz Zahlung der Rechnung eine Zahlungserinnerung erhält, nur weil systemisch der Zeitpunkt der Zahlungserinnerung zu „knapp“ gesetzt sind. Der Kunde wird sich nach dem Erhalt einer Zahlungserinnerung sehr sicher beim Händler melden. Die Folge sind unnötige Kontakte sowie Kunden, die unzufrieden sind, auch wenn vorher im Prozess alles gut gelaufen ist.

Ein letzter Punkt ist, wie einfach es dem Kunden gemacht wird, seine Ware auch wieder zu retournieren. Gibt es einen Retourenschein, wer zahlt das Porto, wie läuft der Prozess zur möglicherweise bereits gezahlten Ware? Je mehr Hürden dem Kunden hier aufgestellt werden, desto eher kann der Händler davon ausgehen, dass der Kunde es sich zweimal überlegt, wieder dort zu bestellen.   

Dies sind nur einige wenige Beispiele aus unserer Beratungspraxis aber sie verdeutlichen, wie wichtig es ist, die Kundenkontaktpunkte (Touchpoints) im Onlinehandel permanent sehr kritisch und sensibel zu prüfen und bei Bedarf anzupassen. Die Messlatte und Erwartungshaltung der Kunden sind auch durch und Dank Firmen wie Amazon hoch. Deshalb ist die Gefahr groß, dass der Kunde nicht wieder kommt, wenn seine Erwartungen bei einem der Kundenkontakte mit dem Händler nicht erfüllt werden. Um dies zu vermeiden, gilt der Fokus nicht nur dem Aufbau und der Implementierung eines Onlineshops, sondern tief im Detail alle relevanten Prozesse und Kundenkontaktpunkte, die sich daraus ergeben, immer wieder zu prüfen, anzupassen und zu optimieren.

Das bedeutet einmal mehr, den Kundenservice zwingend in den Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns stellen. Zum Beispiel mit der Hilfe der Rolle eines „Customer Service Engineer“ der alle Belange des Service wie Prozessen, IT, Training, Marketing und Schnittstellen prüft, bewertet und verbessert, um die gewünschte Customer Journey auch für die Bestellstrecke bestmöglich zu entwickeln.   

Jürgen Marx –  Senior Berater

 junokai

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