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Tipp KW 18 – 2018

Wenn ein Unternehmen externe Dienstleistungen im Kundenservice einkauft, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die erbrachte Leistung zu vergüten. Jedes Vergütungsmodell hat sinnvolle Einsatzgebiete unter verschiedenen Rahmenbedingungen. In diesem Artikel wollen wir die mögliche Nutzung der unterschiedlichen Modelle darstellen sowie die Vor- und Nachteile beschreiben.

Man kann folgende Vergütungsmodelle im Kundenservice unterscheiden:

• Vergütung auf Stundenbasis
• Vergütung nach Stückpreis
• Vergütung auf Minutenbasis
• Vergütung auf Kundenbasis
• Vergütung auf Basis von “Gain-Share-Modellen”

Kriterien zur Anwendung eines bestimmten Vergütungsmodelles sind unter anderem Laufzeiten von Projekten (temporär oder längerfristig), Messbarkeit der Leistung, Größe des Projektes, Anzahl der einzusetzenden Mitarbeiter, Volatilität der Mengen und der Bearbeitungsdauer, Komplexität der zu erbringenden Leistung, Infrastrukturkosten und / oder Investitionen, Know-how und Art der Zusammenarbeit.

Im Folgenden werden die Modelle mit deren Vor- und Nachteilen sowie der empfohlenen Einsatzgebiete kurz beschrieben.

Vergütung auf Stundenbasis

Das Vergütungsmodell auf Stundenbasis nutzt man sinnvollerweise bei temporären Projekten oder dann, wenn die zu erbringenden Leistungen und Mengen nicht oder nur schwierig gemessen werden können. Wenn es sich um kleine Projekte handelt und die abzuarbeitenden Mengen sehr volatil und unplanbar sind. Einsatzgebiete sind zum Beispiel Notfall-Hotlines, Hotlines für den Nachteinsatz oder Feiertags- und Wochenendeinsatz. Nutzen kann man die Vergütung auf Stundenbasis auch im Rahmen von Aufbau- oder Abbau-Phasen von Projekten.

Die Nachteile bei der Vergütung auf Stundenbasis sind, dass sehr häufig die Qualität und Performance nicht gemessen werden können bzw. nicht Bestandteil des Vergütungsmodelles sind.

Bei diesem Modell werden unproduktive Leistungen und Zeiten mit vergütet. Man zahlt im Prinzip nicht die erbrachte Leistung, sondern primär die Anwesenheit der Mitarbeiter.

Vergütung nach Stückpreis

Bei dem Vergütungsmodell nach Stückpreis wird die erbrachte Leistung eines bearbeiteten Vorgangs, ob telefonisch oder schriftlich, immer zum selben vereinbarten Preis vergütet; unabhängig davon wie lange die jeweilige Bearbeitung des einzelnen Vorgangs dauert. Wenn man dieses Modell der Vergütung wählt, ist zu empfehlen, immer auch die Qualität der erbrachten Leistung mit zu bewerten und als Bestandteil der Vergütung mit einzubeziehen. Somit ist sichergestellt, dass es nicht zu einer einseitigen Optimierung kommt, nämlich möglichst schnell den Vorgang zu bearbeiten, ohne dass die Anliegen tatsächlich korrekt oder zum Wohle des Kunden vollständig bearbeitet sind.

Als Voraussetzung für das stückbasierte Vergütungsmodell muss sichergestellt werden, dass die erbrachte Leistung messbar und reportbar ist. Das Modell hat den Vorteil der guten Planbarkeit der Mengen und Kosten. Es empfiehlt sich regelmäßig zu überprüfen, ob sich Bearbeitungszeiten geändert haben. Dann sollte der Stückpreis angepasst werden.

Vergütung auf Minutenbasis

Das Vergütungsmodell auf Minutenbasis ist ähnlich dem bereits beschriebenen Modell der Stückvergütung, außer dass hier die erbrachte Leistung minutengenau abgerechnet wird. Es wird nur die exakt für den Vorgang benötigte Zeit, die üblicherweise in Minuten gemessen wird, bezahlt.

Auch bei diesem Modell ist zu empfehlen, einen qualitativen Aspekt bei der Leistungserbringung mit einzubeziehen. Außerdem empfiehlt es sich, als Schutz vor kommerziellen Risiken, obere Schwellwerte (maximale Bearbeitungszeit) einzubauen. Die Vertragslaufzeiten betragen bei der Vergütung auf Stück- und Minutenbasis zwischen ein bis zwei Jahren.

Die Vergütungsmodelle Stückvergütung und Minutenvergütung haben grundsätzlich den Nachteil, dass der Auftragnehmer kein wirkliches Interesse hat, Kontakte bzw. Vorgänge zu vermeiden, denn er wird nach bearbeiteten Vorgängen bezahlt. Es liegt somit immer in der Verantwortung des Auftraggebers, Prozessverbesserungen und Kontaktvermeidungsstrategien zu entwickeln und umzusetzen.

Vergütung auf Basis der Kundenanzahl

Bei dem Vergütungsmodell auf Basis der Kundenanzahl wird nicht die Anzahl der bearbeiteten Vorgänge bezahlt, sondern der Aufragnehmer erhält monatlich einen fixen Betrag, der sich an der Anzahl der Kunden des Auftraggebers misst. Auftragnehmer und Auftraggeber müssen eine intensive und offene Art und Weise der Zusammenarbeit vereinbaren und praktizieren, denn beide haben nun das gleiche Interesse. Beide wollen den Kundenbestand erhöhen, da mehr Kunden beiden mehr Umsatz bringt. Außerdem hat der Auftragnehmer ein großes Interesse, auch die Prozesse zu verbessern, um Kontakte zu vermeiden. Je effizienter der Auftragnehmer agiert, umso rentabler wird das Projekt.

Damit man dieses Modell anwenden kann, sind notwendige Vorarbeiten auf beiden Seiten zu leisten. Der Auftraggeber muss sehr transparent seinen Kundenbestand darlegen und aufzeigen, wie sich die Kontaktraten entwickelt haben (durchschnittliche Kontakte pro Kunde).

Beide Seiten haben bei diesem Modell das gemeinsame Interesse, die Prozesse und Qualität zu verbessern, um die Kosten zu optimieren sowie den Sales-Anteil zu steigern, um die Kundenbasis zu erhöhen. Das Modell sollte jedoch nur dann angewendet werden, wenn der Auftraggeber über stabile Kundenservice-Prozesse verfügt. Die Vertragslaufzeiten zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer sind in der Regel größer als zwei Jahre.

Vergütung auf Basis von “Gain-Share-Modellen”

Die Vergütung auf Basis eines „Gain-Share-Modells“ ist eine weitere Stufe der Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Bei diesem Modell entwickelt man eine tiefergehende Art und Weise der Zusammenarbeit, die alle Dimensionen der Kundenserviceprozesse betrachtet. Hierzu gehören die IT-Infrastruktur, Prozesse, Sales, Qualität sowie Performance. Im „Gain-Share-Modell“ können dabei unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit und schlussendlich der Vergütung vereinbart werden. In der Regel entwickelt man Modelle bei denen man zu tätigende Investitionen und Aufwände und zu erwartende Effizienz – und Performancesteigerungen sowie höhere Sales-Absätze, kommerziell zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer nach einem vereinbarten Schlüssel teilt. Der Auftragnehmer investiert und wird am Erfolg des Projektes beteiligt. Kriterien für den Erfolg sind dabei geringere Kundenkontaktraten, steigende Kundenzahlen bzw. Umsätze sowie geringere Bearbeitungszeiten und steigende Kundenzufriedenheiten. Die Vertragslaufzeiten sind in der Regel mindestens 5 Jahre, so dass sich Investitionen in Prozesse, Qualität, die IT-Infrastruktur (CRM-Systeme, eingesetzte Kontaktkanäle, etc.) amortisieren können.

Dieses Modell umzusetzen, setzt einige Vorarbeiten voraus. Es benötigt Transparenz in allen Dimensionen der Zusammenarbeit wie unter anderem Kundenanzahl, Kontaktraten, Bearbeitungszeiten, Qualitätswerte, Prozesse, Kontaktkanäle, IT-Systeme und Infrastruktur u.s.w.

Welches Vergütungsmodell schlussendlich am besten auf ein Projekt passt, muss genau geprüft und abhängig von den eigenen Anforderungen und Strategien entschieden werden.

– Jürgen Marx (Berater)
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